Bei Leapmotor nimmt die Modelloffensive Fahrt auf. Nun schicken die Chinesen den B10 auf den Markt. Das SUV sorgt nicht nur mit seinem Preis für Aufmerksamkeit.
Es läuft. Martin Resch jedenfalls ist mit Blick auf die Zulassungszahlen und die Aussichten von Leapmotor zufrieden. Wir treffen den Deutschland-Chef des chinesischen Herstellers in Nizza. Hier in Südfrankreich präsentiert Leapmotor sein neustes Modell: den B10. Es ist ein SUV im C-Segment. Nach dem Kleinstwagen T03 und dem C10, der auch mit Range Extender angeboten wird, ist es das dritte Modell, das die Chinesen auf den Markt schicken.
Für Resch ist es zugleich mit eines der wichtigsten, vielleicht sogar das wichtigste Modell für die Marke in den kommenden Jahren, wie er im Gespräch mit der Autogazette sagte. Mit dem B10 will man neue Kundinnnen und Kunden zur Marke bringen. Seit nun 11 Monaten lässt Leapmotor – die ein Joint Venture mit dem Stellantis-Konzern geschlossen haben, nun Autos in Deutschland zu. In den ersten neun Monaten des Jahres konnte Leapmotor von seinen zwei Modellen T03 und C10 über 4441 Fahrzeuge zur Zulassung bringen, wie aus den Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) hervorgeht. Es ist eine Zahl, mit der Resch durchaus zufrieden ist. Denn momentan geht es für den Deutschlandchef prioritär darum, Leapmotor am Markt zu positionieren, das Vertriebsnetz aufzubauen.
Aufbau des Händlernetzes
Dazu kann Leapmotor dank des Kooperationspartners Stellantis auf das briete Händlernetz seines Joint Venture-Partners zurückgreifen. Derzeit verfügt man bundesweit über 121 Service-Standorte. Das Gros davon, rund 75 Prozent, sagt Resch, seien Opel-Betriebe. Der Rest verteilt sich auf weitere Konzernmarken. Damit sieht Resch die Marke derzeit gut aufgestellt. Nun geht es darum, neue Kundinnen und Kunden zur Marke zu bringen. Dazu beitragen soll als jüngstes Modell im Portfolio der B10.
Damit das SUV seine Erwartungen auch erfüllt, setzt Leapmotor auf das, was die Kundschaft von einem chinesischen Hersteller erwartet: einen attraktiven Preis. Und der lässt sich sehen. So steht der B10 Life Pro, die Einstiegsvariante, mit 29.900 Euro in der Preisliste. Das ist eine Ansage für ein Elektroauto mit einer Länge von 4,51 Meter. „Wir stehen für Erreichbarkeit“, sagt Resch.
Attraktives Leasing
Leapmotor will die E-Mobilität für breite Schichten verfügbar machen – und das nicht nur im Einstiegssegment. Deshalb sei gar nicht mal der Listenpreis die relevante Größe als vielmehr die Leasingrate. Und die lassen sich sehen. Ohne Anzahlung ist der B10 für monatlich 259 Euro zu haben, wobei die jährlich Laufleistung bei 10.000 Kilometer liegt. Es sind Preise, mit denen man sich im Wettbewerbsumfeld behaupten kann.
Aber nicht allein der Preis ist entscheidend, sondern auch das, was die Kundinnen und Kunden davon erhalten. Neben viel Platz ist es bei der Einstiegsvariante eine Stromer mit einer Batterie (LFP) mit einer Kapazität von 56,2 kWh und einer Leistung des Elektromotors von 218 PS. Die Reichweite liegt damit bei 361 Kilometer laut WLTP. Laden lässt sich diese Variante mit bis zu 140 kW an einem Schnelllader.
Zwei Batteriegrößen im Angebot
Die von uns rund um Nizza gefahrene Variante mit 67,1 kWh (LFP) hat die gleiche Leistung, kommt mit dem größeren Akku aber auf eine Reichweite von 434 Kilometer und lässt sich dann auch mit 168 kW laden. In der Variante Life Pro Max kostet das Modell 32.400 Euro und als Topvariante Design 33.900 Euro. Doch bereits in der Life-Variante fährt der B10 mit einer umfassenden Serienausstattung vor. Dazu gehören neben einem Panoramaglasdach mit elektrischem Sonnenschutz, ein 14,6 Zoll großes Infotainmentdisplay, 18 Zoll Leichtmetallfelgen oder auch eine 360 Grad-Kamera. Bei den Fahrassistenzsystem ist alles an Bord, was man von einem neuen Auto erwartet (und was die Regularien) vorschreiben. Dazu gehört neben einem Müdigkeits- auch ein Geschwindigkeitsassistent, eine Türöffnungswarnung oder auch ein Querverkehrsassistent für den hinteren Bereich.
Woran man sich indes gewöhnen muss, wie bei vielen anderen chinesischen Herstellern auch, ist der Umstand, dass sich beispielsweise die Außenspiegel nur über den Infotainmentsystem verstellen lassen. Wenn man nicht weiß, wo sich diese Funktion befindet, kann das Finden dauern. Doch das dürfte den Besitzern eines B10 nicht passieren, wenn sie denn eine gute Einführung seitens des Händlers bekommen haben. Zudem finden sich auf einer Übersichtsseite alle relevanten Informationen (wenn man es weiß).
Manchmal liegt das Problem bei der Nutzung der verschiedenen Funktionalitäten eines Fahrzeuges ja nicht an einem fehlerhaften System, sondern an dem, der es bedient, aber das sich die Lüftung der Klimaanlage beispielsweise mehrmals ausstellte, war auf Dauer nervig. Gleiches trifft auf den Sprachassistenten zu, der einfach nicht aufhörte zu fragen, wenn er den gegebenen Befehl nicht verstand. Aber das sind Dinge, die sich über ein Over-the-Air-Update abstellen lassen.
Fahrerdisplay ja, Head-up-Display nein
Dass der B10 übrigens nach wie vor über ein Fahrdisplay (8,8 Zoll) verfügt, ist löblich. Denn wichtige Infos nur auf dem Mitteldisplay anzuzeigen, reicht vielen Fahrinnen und Fahrern nicht aus. Schade, dass kein Head-up-Display im Angebot. So ist beispielsweise die Navigationsanzeige im Fahrerdisplay doch arg klein geraten.
Noch kurz zum Platz im Innenraum: der steht nicht nur Fahrer und Beifahrer ausreichend zur Verfügung, sondern auch den Fondpassagieren. Hier können selbst Großgewachsene wirklich gut sitzen. Damit steht auch längeren Touren nichts im Wege. Da Leapmotor mit dem B10 gerade auch Familien ansprechen will, kommt es auch auf ein ausreichendes Kofferraumvolumen an. Das liegt bei 420 Litern. Das ist indes nur okay. Ein Skoda Elroq, der zu den Konkurrenten gehört, kommt auf 470 Liter. Dafür bietet der B10 noch einen Frunk mit 25 Litern Fassungsvermögen.
Leistung von 218 PS
Doch kommen wir dazu, wie sich der B10 fährt: So, wie man es sich von einem Familien-SUV erwartet: Zunächst einmal sehr komfortabel. Das Fahrwerk ist so ausgelegt, dass es schlechte Straßenverhältnisse gut wegsteckt. Wer es in Kurven etwas schneller angehen lässt, der wünscht sich indes eine etwas straffere Federungsabstimmung. Die Lenkung ist recht direkt, was positiv auffällt.
Mit seinen 218 PS sollte man sich indes auch nicht allzu viel Sportlichkeit vom 1,85 Tonnen schweren B10 erwarten, der übrigens ein Drehmoment von 240 Nm aufweist. Acht Sekunden vergehen für den Sprint von 0 auf 100 km/h, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 170 km/h. Das ist alles okay, doch wer mal das Pedal durchdrückt, der sollte nicht erwarten, mit Vehemenz in die Sitze gedrückt zu werden. Doch das ist auch nicht der Anspruch des B10. Er möchte seine Insassen bequem und komfortabel von A nach B bringen.
Und das gelingt ihm gut – und das gerade auch besonders effizient. Bei den Testfahrten lag der Verbrauch mit 14,6 kWh/100 km deutlich unter dem WLTP-Wert von 17,3 kWh/100 km. Geladen haben wir den B10 indes nicht, doch Resch verspricht eine ziemliche lineare Ladekurve. Sie sorgt dann laut Datenblatt dafür, dass man den Akku in 20 Minuten von 30 auf 80 Prozent laden kann. Damit liegt man im Wettbewerbsvergleich mit anderen Modellen mit einer 400 Volt-Architektur gut im Rennen. „Ich denke, dass das reicht“, ist auch Resch überzeugt.
Nun bleibt abzuwarten, wie die Kundschaft auf den B10 reagiert. Das SUV bringt indes alles mit, um den Absatz der Marke anzukurbeln, die als nächstes mit dem Kompaktmodell B05 ihr Portfolio ausweitet. Um perspektivisch noch besser aufgestellt zu sein und sich von den Strafzöllen für in China produzierte Modelle wie den B10 zu befreien, soll das Modell ab Ende des kommenden Jahres auch in einem Stellantis-Werk in Spanien produziert werden.

