Der Stellantis-Konzern will mit der Marke Lancia italienischen Lifestyle ein neues Gesicht geben – und bringt 2024 in Europa neue Modelle auf den Markt.
Vor 50 Jahren war es der Marke gelungen, mit dem Lancia Beta BMW oder Audi Konkurrenz zu machen. Exklusive und technisch wegweisende Lancia-Kreationen stahlen bis in die 1960er pompösen Luxus-Konkurrenten die Show, galten als Modelle für stilbewusste Avantgardisten – die Kassen des anspruchsvollen Autobauers füllten sie jedoch nicht.
So fiel Lancia 1969 an Fiat, aber schon drei Jahre später gab es Grund zu feiern: Beta hieß eine neue Mittelklasselimousine, mit der Lancia 1972 sein Revival feierte. „Beta ist in der Geschichte des Lancia-Werks der eigentliche Ausgangspunkt“ und Beta stehe für beständigen „Progress der technologischen Mittel“.
Nicht wirklich revolutionär
Wirklich revolutionär war Lancias erstes unter Fiat-Aufsicht realisiertes Modell bei genauem Hinsehen zwar nicht. Dafür konnte die Baureihe Beta über zwölf Jahre mit stetigen Neuerungen überraschen, wie die nachgeschobenen Varianten Coupé, Cabrio, Mittelmotor-GT, HPE und Trevi sowie raffinierte Technologien zeigten.
Während die Fiat-Buchhalter 1970 noch stöhnten über die notwendigen millionenschweren Investitionen in die malade Marke Lancia, befahl Konzern-Chef Giovanni Agnelli die Entwicklung des Beta als Nachfolger für den Lancia Fulvia, damals bereits automobiles Nationaldenkmal in Italien.
Unmöglich Geglaubtes wahr machen
Ein großes Erbe, das jedoch den frisch von Fiat zu Lancia beorderten Entwicklungschef Sergio Camuffo kaum belastete, schließlich musste er ohnehin unmöglich Geglaubtes wahr machen: In zweieinhalb Jahren ein komplett neues Volumenmodell finalisieren und damit die übliche Fahrzeug-Entwicklungszeit halbieren.
So wundert es nicht, dass Camuffo beim Beta auf die Lancia-typischen V4- und Boxermotoren verzichtete und stattdessen modifizierte Fiat-Vierzylinder präferierte. Dennoch bewahrte der Beta Eigenheiten, wie sie Lancia-Tifosi schätzten.
Vorbild für Asiaten
Etwa eine moderne hintere Einzelradaufhängung, die asiatische Autobauer noch in den 1980ern als Vorlage für eigene Entwicklungen nutzten, wie Fachmedien verwundert meldeten. Da war der Lancia Beta bereits am Ende seines Produktionszyklus, der bis 1984 insgesamt 433.000 Fahrzeuge hervorbrachte.
Lancia versuchte zunächst Stammkunden von den Vorzügen des Beta zu überzeugen, der deshalb als „Prestige-Wagen für besondere Anlässe“, oder auch als hochkarätiger „Gran Turismo“ beworben wurde. Kräftige, bis 120 PS starke Vierzylinder hatten 1973 mit dem 3,99 Meter kurzen und nur 990 Kilogramm wiegenden Zweitürer leichtes Spiel. Der Mittelmotor-Racer Montecarlo Turbo sicherte den Italienern 1980 und 1981 die Sportwagen-Marken-Weltmeisterschaft.
Röhrl fuhr Lancia Rally 037
Spektakuläre Highlights einer adrenalinhaltigen Laufbahn, die dieser Pininfarina-Entwurf 1975 als Beta Montecarlo und mit „nur“ 120 PS leistendem 2,0-Liter-Doppelnockenwellenmotor begann. In finaler Evolutionsstufe bot der Beta Montecarlo übrigens die Basis für jenen berühmten Lancia Rally 037, mit dem Walter Röhrl 1983 auf Rang zwei der Rallye-WM fuhr. Lancia sicherte der Rally 037 sogar den Konstrukteurs-Titel.
Die kühnen Ambitionen der Lancia-Verkaufsstrategen, „100.000 Autos pro Jahr ab 1974“, verfehlte die 4,29 Meter lange Fastbacklimousine zwar klar. Aber der Beta erreichte mit einer verzweigten Modellfamilie Verkaufszahlen, die Lancia in der Mittelklasse bis heute nicht wiederholen konnte. Aktuell ist die seit 2021 zum Stellantis-Konzern zählende Premiummarke übrigens nur in Italien aktiv, aber 2024 soll Lancia mit drei neuen Modellen in mehreren europäischen Ländern ein Revival feiern und spätestens dann dürften siebenstellige Absatzerfolge Pflicht sein. (SP-X)