Abgespeckter Lamborghini Gallardo LP 570-4 Spyder

Hungern im Zeichen des Stieres

Wer einen Kampfsportler auf Diät setzt, muss damit rechnen, dass ihm die Kraft ausgeht. Bei Autos funktioniert das umgekehrt: Wer abspeckt, rennt schneller. Jüngstes Beispiel ist der Lamborghini Gallardo LP 570-4 Spyder Performante.

Von Axel F. Busse

Zu den Eigenheiten der italienischen Sportwagenmarke Lamborghini gehört es, ihren Produkten Namen zu geben, die auszusprechen länger dauert, als die Autos von null auf 100 km/h zu beschleunigen. Bestes Beispiel ist der neue Lamborghini Gallardo LP 570-4 Spyder Performante.

Verschwenderischer Einbau von Karbon

Schnellsprechbegabte Muttersprachler schaffen den Namen in 3,9 Sekunden. Und während man noch über die Bedeutung des Kürzels "LP" rätselt, hat der Renner bereits die 100 km/h-Marke geknackt. "Longitudinale posteriore" lautet die Langform, die die Einbauposition des V10-Motors bezeichnet. Nun scheint es, als habe Lamborghini die Maxime entdeckt "Von Porsche lernen, heißt Modellvielfalt lernen".

Denn mit dem Gallardo Spyder Performante bringt Lamborghini das fünfte Derivat eines eigentlich austrainierten Supersportlers auf die Straße. Der offene Zweisitzer wiegt nach seiner Abspeckkur 65 Kilogramm weniger als das reguläre Modell ohne Namenszusatz. Dabei ist es nicht die Kunst des Weglassens, die ihn erleichtert, sondern in erster Linie der verschwenderische Einbau von edlem Karbon-Verbundwerkstoffs, der zum Purzeln der Pfunde führt. An Frontschürze und Außenspiegeln, an Heckspoiler und Diffusor, dazu an Türverkleidungen und Mittelkonsole ist das charakteristische Gewebemuster der aufwendig zusammen gebackenen Bauteile zu erkennen.

Rückfahrkamera unbedingt nötig

tiefe Sitzposition im Lamborghini Gallardo LP 570-4 Spyder Performante Lamborghini

Das Größte freilich tarnt sich unter einer Lackschicht: Auch der Deckel für Motor und Verdeckkasten ist aus dem äußerst stabilen High-Tech-Material. So zeigt die Waage offiziell 1485 Kilogramm. Allerdings vergrößert sich die vom Hersteller als "Trockengewicht" angegebene Masse durch Befüllen des Tanks ebenso wie durch die Bestellung jedes weiteren Komfortmerkmals wie Navigationssystem oder Rückfahrkamera. Das "dritte Auge" ist dringend zu empfehlen, denn die tiefe Sitzposition erlaubt nur durch die Außenspiegel Einsicht in die anvisierte Parklücke.

Aber mit einem 419 kW/570 PS starken Italo-Bullen fährt man vorwärts sowieso viel angenehmer. Dabei fällt auf, dass der Performante alles andere als ein notorischer Krawallmacher ist. Beim Ampelstopp ist der voluminöse Zehnzylinder fast nicht zu hören, im City-Tempo schnurrt das Kraftpaket fast bescheiden - aber nur, um das Respekt gebietende Getöse bei "Grün" erst so richtig zu entfachen. Nahe der 4000 Umdrehungen brüllt das Triebwerk schon so infernalisch, dass der auf 19-Zoll-Felgen dahin schießende Bolide den Vergleich mit einem startenden Jet nicht zu scheuen braucht.

Kleine Pause beim Schalten

Beim Lamborghini Gallardo LP 570-4 Spyder Performante werden Gangwechsel gespürt Lamborghini

Aber die Macho-Manieren müssen sein, alles andere würde das Kraftpotenzial des Top- Athleten wohl in Frage stellen. Ebenso obligatorisch sind die spürbaren Gangwechsel des e-Gear-Getriebes. Wo andere sich am "Schalten ohne Zugkraftunterbrechung" begeistern können, setzt Lamborghini auf den krassen Gegenentwurf. Obwohl technisch unnötig wird auch beim sanften Beschleunigen immer eine kleine Pause eingelegt und die manuell per Wippe aktivierten Gangwechsel rasten im Sportmodus wuchtig ein.

Und wer den kernigen Hieb der Kupplung mag, dürfte gar nicht merken, dass der Motor kein Vorbild an Elastizität ist. Die leichte Schläfrigkeit um die 2500 Touren ist verzeihlich, denn putzmunter, geradezu giftig wird es rund 1000 Umdrehungen später.

20 Liter Superplus

Der Lamborghini Gallardo LP 570-4 Spyder Performante liebt schnelle Lastwechsel Lamborghini

Ein weites ebenes Geläuf ohne Tempolimits und ruhebedürftige Anwohner ist deshalb unerlässlich, um das Spaßpotenzial des LP 570-4 voll auszukosten. Eilige Kehren und schnelle Lastwechsel, eine dauerhaft hohe Drehzahl für ungezügeltes Temperament sind die Eckpfeilfer der "Lambo"-Erlebniswelt, für die Sammler und Betuchte gerne 217.651 Euro anlegen. Sie halten sich vermutlich auch nicht mit profanen Fragen nach Kofferraum (110 Liter) und Verbrauch auf, der bei straffer Fahrt oder in der Stadt 20 Liter Superplus auf 100 Kilometern beträgt. (mid)

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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