Lademanagement: Erkennen, was der Fahrer plant

Lademanagement: Erkennen, was der Fahrer plant
Wissenschaftler der TU Dresden forschen u.a. daran, wie das Laden beschleunigt werden kann. © SP-X/Weißenberg

Viele Hersteller rühmen sich einer kurzen Ladezeit ihrer Elektroautos. Doch das Versprechen wird häufig nicht gehalten. Forscher der TU Dresden gehen diesem Problem auf den Grund.

Schnell fahren macht Spaß – gerade in einem drehmomentstarken Elektro-Auto. Schnellladen ist anschließend aber zuweilen frustrierend. Denn nicht selten kann das Versprechen „in 22,5 Minuten von 5 auf 80 Prozent Akku-Füllung“ nicht gehalten werden; dann nämlich, wenn der Fahrer nach reichlich Karacho an die Hochleistungssäule andockt. Die braucht in solchen Fällen erst mal Zeit, um die heiß gelaufenen Zellen abzukühlen. Danach wird dann geladen.

In einem Porsche soll dieses Problem, das es übrigens auch umgekehrt bei sehr kalten Batterien gibt, schon bald Vergangenheit sein. Da ist Bernard Bäker zuversichtlich. Der Professor für Fahrzeug-Mechatronik an der Technischen Universität Dresden hat nämlich gerade mit den Zuffenhausenern eine Kooperation beschlossen, die dieses und andere Probleme des elektrischen Ladens grundsätzlich angehen soll.

In Batterien steckt noch viel Potenzial

„In den Batterien und deren Management steckt noch viel Potenzial“, ist sich der Wissenschaftler sicher. Etwa durch bessere Zellen, die im Kern des Akkus die eigentliche Energie speichern. Da sei bisher das Maximum auch deswegen noch nicht erreicht, weil die meisten dieser Speicher aus asiatischer Fertigung kommen. „Dort aber werden die meisten Fahrzeuge eher auf der täglichen Pendelei im städtischen Kriechverkehr eingesetzt – und nie bei Fahrten mit hohen Geschwindigkeiten über längere Strecken“, so Bäker.

Dementsprechend sind die Akkus auf die Fahrgewohnheiten vieler deutscher Kunden nicht ausgerichtet. Sie werden zu schnell zu heiß, Energie geht verloren, oder die Batterien altern zu schnell.

Die Lösungen heißen: bessere Zellen und cleveres Lademanagement. Allein durch Fortschritte bei der Rechenleistung der Halbleiter für die Steuergeräte von wenigen Prozent ließen sich so aus dem gleichen Akku 100 Kilometer mehr Reichweite holen. Bosch baut in Dresden gerade eine Fabrik, die solche Halbleiter produzieren wird.

Ladesoftware ist entscheidend

Schlaues Laden heißt aber auch: klüger als der Kunde sein. Das Zauberwort dabei ist „Vorkonditionieren“. Die Ladesoftware der Zukunft erkennt beispielsweise bereits, dass der Fahrer seit einer halben Stunde mit Höchstgeschwindigkeit unterwegs ist, aber schon sehr bald nachladen muss. Der heiße Akku wird deshalb vorsorglich bereits lange vor dem Eintreffen an der Schnellladesäule mit voller Kraft vorgekühlt.

So ist das schnelle Auffüllen des Akkus möglich. Ganz ähnlich ginge das auch, wenn die Fahrerin in eisiger Kälte Ski fährt und das Elektroauto stundenlang am Lift steht. Gegen Nachmittag kommt dann eine Meldung auf die Lade-App des Smartphones: „Wollen Sie bald aufbrechen? Dann heize ich jetzt das System vor.“ So ist gewährleistet, dass nach dem Skitag die Batterie wieder schnell gefüllt werden kann. Solche Betriebsstrategien entwickeln die TU-Wissenschaftler.

Belastungen des Energiespeichers testen

Der Porsche Taycan zählt zu den am schnellsten ladenden E-Autos. Foto: Porsche

In Dresden tauchen die Forscher aber auch tief in die Chemie der Lithium-Ionen-Zellen. Dazu können die Experten an einem Dutzend Prüfständen die Belastungen der Energiespeicher in den unterschiedlichsten Situationen simulieren. Von minus 20 bis plus 40 Grad sind so Ladeszenarien für Jahre der Nutzung darstellbar. Viele Autohersteller, aber auch die Lieferanten aus China, Korea oder Taiwan lassen dort die Langzeitqualität ihrer Zellen checken – und Optimierungsvorschläge machen. „Oft sind schon bessere Leistungen möglich, wenn die Zellen in den Akku-Packs anders angeordnet werden oder die Kühlung verbessert wird“, so Bäker.

Der Bedarf nach den Dresdner Testkapazitäten dürfte bald noch sprunghaft zunehmen. Denn viele Autohersteller haben inzwischen erkannt, dass sie selbst in die Zellentwicklung einsteigen müssen, um bessere Akkus für die speziellen Anforderungen ihrer Kunden auf die Räder zu stellen: „Ein Porsche-Fahrer will ja ein Alltagsauto mit hoher Energiedichte, das ihm auf der Geschäftsreise eine hohe Reichweite bei normalen Geschwindigkeiten garantiert“, so Oliver Seifert, Leiter der Elektrik- und Elektronik-Entwicklung bei Porsche.

Zellen müssen sich weiter entwickeln

Zugleich solle aber beim Wochenende auf dem Nürburgring mit dem gleichen Fahrzeug auch „die volle Leistungsdichte zur Verfügung stehen.“ Zwei Ansprüche, für die heutige Zellen eigentlich noch nicht gemacht sind. Denn die kommen ursprünglich aus der Produktion für Smartphones, wo sie eher auf Dauerleistung für zwei, drei Jahre bis zum Wechsel des Handys hin konzipiert sind. Ein Porsche-Fahrer erwartet aber auch im Elektroauto nach Jahren noch Höchstleistung und eine Reichweite ähnlich wie am ersten Tag, so Seifert: „Von allen je produzierten Porsche sind zudem immer noch rund 70 Prozent auf den Straßen unterwegs.“ Diese Langzeit-Leistung soll auch in der neuen Elektrowelt gelten.

Darum haben die Zuffenhausener unlängst eine so genannte „Cell-Force“ gegründet, in der an den Zellen der nächsten Generation gearbeitet wird. Und für die längere Sicht kooperieren sie mit den Forschern in Dresden. Die haben dazu gerade einen Taycan Turbo S nebst Schnellladesäule geschenkt bekommen – und tiefen Einblick in die Software.
Für die ganz lange Freude am elektrischen Antrieb wird es in Zukunft aber noch eine Geheimwaffe geben: den Austausch ganzer Akkus. „Das wollen wir baulich noch weiter erleichtern“, so Seifert. Die Superzellen der Zukunft können so auch in älteren Modellen nachgerüstet werden – und das intelligente Lademanagement dazu kommt über drahtloses Software-Update gleich mit. (SP-X)

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