Der Umstieg auf’s E-Auto kommt nicht recht in Schwung. Es fehlen bezahlbare Modelle. Die sollen jetzt aber verstärkt produziert werden.
Der billigste Neuwagen in Deutschland kostet aktuell 11.800 Euro und ist voll und ganz alltagstauglich. Denn der Dacia Sandero bietet bei 4,09 Metern Länge halbwegs ausreichend Platz für Kind und Kegel und fährt über 900 Kilometer weit. Allerdings mit Sprit und nicht mit Strom. Denn wer für kleines Geld ein neues Auto braucht, der ist von der Mobilitätswende noch ausgeschlossen: Preise für Stromer beginnen – übrigens ebenfalls bei Dacia – erst ab 16.900 Euro und der gerade mal 3,73 Meter kurze Spring ist damit noch lange nicht als Erstwagen für den Alltag tauglich.
„Es ist einfach verdammt schwer, ein bezahlbares Elektroauto zu bauen, geschweige denn ein billiges“, sagt Arthur Kipferler. „Denn wo der Drei- oder Vierzylinder eines Kleinwagens die Hersteller im besten Fall keine 1.000 Euro kostet, steht selbst eine kleine Batterie schnell mit 6.000 Euro in den Büchern,“ so der Partner beim Strategieberater Berylls by AlixPartners in München.
Die ersten Preisbrecher sind da
Doch so langsam ändert sich was: Nachdem die Hersteller den Markt bislang von oben aufgerollt haben, weil sie bei teuren Autos die hohen Kosten besser verstecken konnten, kommt seit ein paar Monaten Bewegung ins untere Preissegment. Dem Dacia Spring und seinem etwas feineren Bruder Renault Twingo stehen neuerdings als Preisbrecher aus China für 18.900 Euro der Leapmotor T03 zur Seite – und seit Citroen im Sommer für mindestens 23.300 Euro den C3 gebracht hat, gelten auch europäische Elektroautos plötzlich als erschwinglich.
Zumal der Citroen nicht alleine bleibt. Bei Stellantis wollen auf der gleichen Plattform Fiat mit dem Grande Panda und Opel mit dem Frontera ihr Glück versuchen. Auch Renault will 2025 den R5 unter 25.000 Euro drücken. Außerdem arbeiten sie am Nachfolger des Twingo, der dann keine 20.000 Euro mehr kosten soll. Selbst der VW-Konzern bereitet rund um den ID.2 eine Familie neuer Volkswagen zu volkstümlichen Preisen vor, die auch Ableger bei Skoda und Cupra bekommen wird.
Auch Modelle aus China warten
In China gibt es bereits dutzende E-Autos, die allesamt billiger sind als bei uns der Dacia Spring. Doch nach Europa haben es die bis dato nicht geschafft. Erstens erfüllen sie oft nicht die hiesigen Standards, zweitens versprechen sie nicht die gleichen Renditen wie Edel-Exporte vom Schlage eines Nio oder eines BYD und drittens lassen sich die günstigen Preise wegen der Logistik und den Zulassungsvoraussetzungen oft nicht halten. Doch über kurz oder lang werden sie auch hier zu sehen sein.
Und so sind die europäischen Hersteller gut beraten, selbst an den Kosten zu drehen. Kürzere Autos, kleinere Akkus, langsamere Lader – oder sie verlagern die Produktion in Länder mit niedrigeren Lohn- und Energiekosten. Denn in Deutschland, so hat Opel-Chef Florian Hüttl klargestellt, lassen sich mit den aktuellen Kostenstrukturen billige E-Autos auf absehbare Zeit nicht produzieren.
Reichweitenangst bleibt
Doch der hohe Preis ist nur eine Hürde, glaubt Berylls-Experte Kipferler. Nur weil die Autos vielleicht billiger würden, sei weder die Reichweitenangst ausgeräumt, noch würde das Laden leichter. Außerdem ist ein E-Auto für 25.000 Euro oder weniger ja noch immer kein billiges Auto. Die Konkurrenz sei ja eben nicht das E-Auto für 40.000 Euro, sondern der Benziner für 15.000 Euro.
Allerdings wächst wegen strengerer CO2-Ziele der Druck auf die Hersteller. Die müssten exakt so viele E-Autos in den Markt drücken, dass sie die Vorgaben erfüllen. Verluste seien immer noch besser als Strafzahlungen, sagt Kipferler. „Schließlich ist das Geld in Entwicklung und Produktion besser investiert als in die EU-Kassen.“ (SP-X)