Die Bundesregierung hat ein 130 Milliarden schweres Konjunkturpaket beschlossen. Es sieht indes keine Kaufprämie für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor vor, dafür wird die für Elektroautos verdoppelt.
Dass die Bundesregierung Abstand von der von der Autoindustrie und Bayern, Niedersachsen und Baden-Württemberg geforderten Kaufprämie auch für Autos mit Verbrennungsmotor genommen hat, wurde von Grünen-Chefin Annalena Baerbock begrüßt. «Diese Lernkurve ist anzuerkennen», sagte Baerbock der Nachrichtenagentur dpa.
Die Bundesregierung hatte am Mittwochabend beschlossen, die Kaufprämie für Elektroautos mit einem Nettolistenpreis von bis zu 40.000 Euro von derzeit 3000 Euro auf 6000 Euro zu erhöhen. Hinzu kommt der Anteil der Hersteller. Die SPD hatte eine Kaufprämie für Verbrenner abgelehnt, zuletzt war aber auch Kritik aus der CDU/CSU an einer solchen Förderung gekommen.
Kritik kommt vom BUND
Auch wenn es nun keine Kaufprämie für Verbrenner gibt, kommt Kritik von Umweltschützern. Für sie habe die geplante Erhöhung der Kaufprämie für Autos mit Elektroantrieb noch zu große Schlupflöcher. „Die zusätzliche Förderung von Fahrzeugen mit Plug-in-Hybrid-Technologie ist eine Kaufprämie für Verbrenner durch die Hintertür“, sagte der Verkehrsexperte der Umweltorganisation BUND, Jens Hilgenberg, am Donnerstag der dpa. Es brauche einen Nachweis, wie die Plug-in-Hybride bewegt würden, etwa über das Auslesen von Verbrauchsdaten bei der Hauptuntersuchung. Wenn nicht mindestens 70 bis 80 Prozent der Strecke elektrisch gefahren würden, sei das Auto ein Verbrenner. Förderungen sollten dann erst nachträglich gewährt werden.
Die Frage „des optimierten Nutzungsgrades des elektrischen Antriebs bei Plug-in- Hybridfahrzeugen“ soll dem Kompromisspapier von CDU/CSU und SPD zufolge aber diskutiert werden.
Die Umweltschutzorganisation Greenpeace nannte das Konjunkturprogramm insgesamt „bestenfalls blassgrün“ und die Aufstockung der Prämie auch für Hybrid-Fahrzeuge ökologisch unsinnig. Der Verbrennungsmotor sei aber der große Verlierer der Entscheidung, sagte Klimaexperte Tobias Austrup. „Dem technologischen Auslaufmodell ist die politische Unterstützung abhanden gekommen.“
Dudenhöffer spricht von kräftigen Impuls
Der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer von Duisburger Forschungsinstitut CAR sieht in dem beschlossenen Paket Licht und Schatten. „Bei der Elektromobilität sind die 6000 Euro für die rein batteriegetriebenen Autos ein sehr kräftiger Impuls“, so der Branchenexperte am Donnerstag. „Mal sehen, inwieweit die Autobauer ihre heutigen Zuschüsse zu den Elektroautoprämien zurückfahren. Das würde ich nicht ausschließen.“ Mit dem staatlichen Rabatt fördere man zudem nur einen kleinen Teilmarkt. „Es fehlt der große Schub für die restlichen 90 Prozent, und genau die 90 Prozent bewegen unsere Wirtschaft und unser Sozialprodukt“, schrieb Dudenhöffer. Die Elektroprämie sei ein Selbstläufer in der politischen Umsetzung, weil man damit zu „Everybody’s Darling“ werde.
Die geplante Mehrwertsteuer-Senkung um 3 Prozentpunkte von 19 auf 16 Prozent für ein halbes Jahr sei eine gute Sache, die den deutschen Autobauern genauso nütze wie den Importeuren, schrieb Dudenhöffer. „Freilich sind die Ersparnisse überschaubar, es hätte schon kräftiger ausfallen können, um deutliche Kaufimpulse auszulösen.“ Bei einem Kaufbetrag von brutto 30 000 Euro heute betrage die Ersparnis rund 756 Euro.
Das sind die Kernpunkte des Konjunkturpakets
Mehrwertsteuer: Ein zentraler Punkt des Paketes ist nach den Worten des CSU-Vorsitzenden Markus Söder eine Senkung der Mehrwertsteuer. Vom 1. Juli an bis zum 31. Dezember 2020 soll der Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent auf 16 Prozent und für den ermäßigten Satz von 7 Prozent auf 5 Prozent gesenkt werden, wie aus einem Beschlusspapier hervorgeht.
EEG-Umlage: Auch bei den Stromkosten sollen die Bürger entlastet werden. Dafür soll die EEG-Umlage zur Förderung von Ökostrom-Anlagen ab 2021 über Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt abgesenkt werden, wie aus dem Beschlusspapier hervorgeht.
Familien: Mehr Geld vom Staat sollen auch Familien bekommen. Die Spitzen von Union und SPD einigten sich auf einen Kinderbonus von einmalig 300 Euro pro Kind, der mit dem Kindergeld ausgezahlt werden soll.
Kommunen: Die finanziell schwer getroffenen Kommunen bekommen ebenfalls Milliardenhilfen vom Bund. Damit sollen Ausfälle bei den Gewerbesteuereinnahmen von Bund und Ländern zusammen ausgeglichen werden.
Deutsche Bahn: Die Deutsche Bahn soll vom Bund wegen Einnahmeausfällen in der Corona-Krise milliardenschwere Finanzhilfen bekommen. Demnach will der Bund der Deutschen Bahn weiteres Eigenkapital in Höhe von fünf Milliarden Euro zur Verfügung stellen. Geplant sind außerdem Hilfen von 2,5 Milliarden Euro für den Öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV).
Die Koalitionsspitzen einigten sich auch auf eine zusätzliche Unterstützung in Milliardenhöhe für Branchen, die von der Corona-Krise besonders belastet sind. Geplant sind „Überbrückungshilfen“ im Umfang von maximal 25 Milliarden Euro, wie aus einem Beschlusspapier hervorgeht.
Ladeinfrastruktur: Die Koalition plant außerdem, zusätzlich 2,5 Milliarden Euro in den Ausbau des Ladenetzes für E-Autos zu stecken sowie für die Förderung von Forschung und Entwicklung etwa bei der Batteriezellfertigung. Für Zukunftsinvestitionen der Hersteller und der Zulieferindustrie soll für die Jahre 2020 und 2021 ein „Bonus-Programm“ in Höhe von zwei Milliarden Euro aufgelegt werden. (AG/dpa)