Kombi gegen SUV: Meister Huckepack wehrt sich

Kombi gegen SUV: Meister Huckepack wehrt sich
Mit dem Astra Sports Tourer bringt Opel bald eine neuen Kombi auf den Markt © Opel

Mercedes lässt die T-Modelle auslaufen und setzt auf SUV. Bei anderen Marken indes lebt der Kombi weiter. Die Zahl der Fans ist nach wie vor groß.

Das SUV ist die aggressivste Art in der Automobil-Welt. Es verdrängt immer stärker den klassischen Pkw, verändert Straßenbild, Käufergewohnheiten und auch das Angebot der Hersteller. Am traditionellen Kombinationskraftwagen indes scheint es sich aktuell die Zähne auszubeißen – zumindest bei den meisten deutschen Herstellern.

Anfang des Jahres sorgte eine Nachricht für Bestürzung unter traditionsbewussten Auto-Fans: Mercedes streicht einem Medienbericht zufolge seine Kombis aus dem Angebot. Neue Auflagen der T-Modelle in C- und E-Klasse soll es nicht mehr geben, ebenso wenig wie den Shooting Brake in der A-Klasse. Offiziell bestätigen wollen die Stuttgarter die Nachricht nicht – Dementis gibt es allerdings keine. Wer einen Mercedes-Neuwagen mit extra großem Laderaum will, muss also künftig ein SUV ordern.

Die Verdrängungsleistung der Crossover ist allerdings nur ein Grund für den Abschied vom T-Modell. In die Entscheidung für das Aus floss wohl auch die wachsende Bedeutung des chinesischen Marktes für den schwäbischen Konzern ein. Im Reich der Mitte werden traditionell keine T-Modelle, Avants, Tourings oder Shooting Brakes gekauft, sondern Limousinen oder SUVs. Gleiches gilt für den großen US-Markt, wo Kombis noch nie eine große Rolle gespielt haben. Anders ist es weltweit gesehen sowieso nur in einer Handvoll Ländern – allen voran Deutschland und Großbritannien. Bedenkt man dann noch den allgemeinen Branchentrend, aus Kostengründen die Vielfalt und Komplexität der eigenen Modellpalette zu reduzieren, wirkt die Mercedes-Entscheidung nur folgerichtig.

Deutschland ist traditionell eine Kombi-Nation

VW hält dem Kombi die Treue – auch im Elektro-Zeitalter. Foto: VW

Die asiatischen Hersteller haben dem Kombi schon lange abgeschworen, zumindest in der früher von dieser Karosserievariante beherrschten Mittelklasse. Weder Toyota, Honda oder Mazda, noch Hyundai oder Kia bieten zurzeit ein entsprechendes Modell an. Immerhin sind in der Kompaktklasse noch einige Modelle zu bekommen. Wohl nicht zuletzt aus strategischen Gründen: Handelt es sich doch meist um speziell für Europa entwickelte Baureihen, die ihre Limousinen-Ableger bei der Eroberung des hart umkämpften Golf-Klasse-Segments unterstützen sollen.

Trotzdem: Die heimische Konkurrenz hält zumindest bislang weiter an Meister Huckepack fest. Etwa bei BMW: „Der Touring ist seit langem fest verankert im Produkt-Portfolio von BMW. Auch in Zukunft werden wir an diesem erfolgreichen Konzept festhalten“, heißt es auf Nachfrage etwas blumig aus München. VW wird sogar richtig konkret: „Wir planen weiterhin mit Kombi-Modellen – sowohl in der klassischen Verbrenner-Welt – so kommt der Passat-Nachfolger ab 2023 nur als Kombi – als auch in der Elektro-Welt, wo die Serienversion der Studie ID. Space Vizzion in den Startlöchern steht.“

Opel bringt mit dem Astra Sports Tourer sogar einen neuen Kombi auf den Markt, der wohl mindestens für die kommenden sechs Jahre weiterlaufen dürfte. Ähnliches gilt für Porsche, die das Kombiangebot bei ihrem E-Modell Taycan gerade um neue Antriebs- und Design-Varianten erweitern. Und auch Ford hält dem „Turnier“ die Stange und verweist auf den 80-prozentigen Kombi-Anteil bei den Focus-Verkäufen in Europa. Auch die anderen genannten Hersteller kommen zumindest in Deutschland oder Europa in den relevanten Baureihen auf beeindruckende Kombi-Quoten von 70 Prozent und mehr.

Weit weg vom Handwerker-Auto

Auch Volvo behält den Kombi im Programm – lässt ihn aber wohl etwas in Richtung Crossover wandern. Foto: Volvo

Zu den klassischen Kombimarken zählt auch Volvo. Was auch so bleiben soll, wie der scheidende Unternehmenschef Hakan Samuelsson kürzlich gegenüber britischen Medien erklärte. Obwohl die SUV-Modelle der Marke (mit dem Modellkürzel „XC“) auf deutlich höhere Verkaufszahlen kommen, werde es auch in Zukunft Limousinen („S“) sowie Kombis („V“) geben. Wohl aber in etwas modifizierter Form – weniger eckig als bislang, stattdessen breiter, niedriger und coupéhafter.

Der Volvo-Ansatz ist nicht neu. Schon länger legen die meisten Kombis den Fokus nicht mehr auf maximales Ladevolumen, sondern auf schöne Formen. Und gerade die Elektrifizierung könnte das einstige Handwerker-Auto endgültig zum prestigeträchtigen Schmuckstück machen. Denn aktuell setzen die meisten Hersteller bei ihren E-Modellen auf hohe SUV, bei denen die Akkus problemlos im Unterboden eingebaut werden können, ohne die Proportionen zu zerstören. Bei Limousinen und Kombis ist das viel schwieriger. „Flach ist das neue Premium“ könnte daher künftig zum neuen Motto der Branche werden. Und dem Kombi sowie der Prestige-Limousine als eleganter SUV-Alternative das Leben retten.

Weniger gut sieht die Situation bei der landläufigen Steilhecklimousine aus – vor alle im Kleinwagen-Segment. Dort tobt der Kampf mit den SUV um die Vorherrschaft besonders intensiv. Die Kleinen haben es beim Widerstand allerdings auch schwerer als die Kombis, sind sie den Mini-SUV nicht nur vom Auftritt unterlegen, sondern auch beim Platzangebot. Wie schnell die Crossover solche Schwächen ausnutzen, hatte zuletzt das Van-Segment erleben müssen. Ihr Marktanteil in Europa hat sich seit 2000 mehr als halbiert und dümpelte zuletzt bei 4,4 Prozent. Der der SUV ist im gleichen Zeitraum von knapp 4 Prozent auf 30 Prozent gewachsen. (SP-X)

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