Autos verbrauchen mehr Sprit als beim EU-Zyklus

Kritik von Greenpeace

Laut einer Studie würden die Fahrzeuge im Alltag ein Viertel mehr Sprit verbrauchen als auf dem Rollenprüfstand. Greenpeace kritisiert dabei besonders die deutschen Premiumhersteller.

Die meisten Autos schlucken einer neuen Studie zufolge deutlich mehr Kraftstoff als die Hersteller versprechen. Im Schnitt liegt der wirkliche Verbrauch 25 Prozent über den offiziellen Angaben, wie eine am Dienstag veröffentlichte Untersuchung des International Council of Clean Transportation (ICCT) ergab. Außerdem werde im Schnitt auch nur die Hälfte der in den Tests über die Jahre angegebenen CO2-Verbesserungen tatsächlich auf der Straße erreicht.

Vorwurf: Hersteller manipulieren Fahrzeuge

Hauptproblem sei das Testverfahren, der Neue Europäische Fahrzyklus (NEFZ), so der Vorwurf die Studie. Die Hersteller optimierten in diesen Tests ihre Fahrzeuge, in dem sie spezielle Schmierstoffe und Reifen verwendeten, verbrauchsfreundlich schalteten und die Bremsen manipulierten, um den Rollwiderstand zu verringern. Die Umwelthilfe hatte erst Mitte Mai eine Auswertung veröffentlicht, in der von Abweichungen von bis zu 42 Prozent die Rede ist.

Die Autohersteller wehren sich gegen die Vorwürfe: «Die Gegenüberstellung des NEFZ mit der "Realität" ist wenig aussagekräftig», sagte ein Sprecher der Verbands der Automobilindustrie (VDA). Der NEFZ sei ein von der EU vorgegebener und zertifizierter Test und entspreche nicht dem Fahrprofil eines einzelnen Autofahrers. Die Autos werden nicht auf der Straße, sondern auf dem Rollenprüfstand getestet. Dass die Klimaanlage ausgeschaltet werde, sei beispielsweise Vorgabe der EU. Bei konstanten 80 Stundenkilometern könne ein Autofahrer die NEFZ-Werte durchaus unterschreiten, so der Sprecher. Im Stau liege er aber natürlich auch darüber.

Streit um Einführung neuer Testmethoden

Das Thema gewinnt derzeit deshalb an Aufmerksamkeit, weil in Brüssel die künftigen Grenzwerte für den CO2-Ausstoß diskutiert werden. Derzeit laufen Gespräche von Vertretern der EU-Staaten, des EU-Parlaments sowie der EU-Kommission. Die irische EU-Ratspräsidentschaft will eine Einigung bis Ende Juni. Nach den bisherigen Plänen soll der Ausstoß des klimaschädlichen Kohlendioxids (CO2) in der EU bis zum Jahr 2020 auf im Durchschnitt 95 Gramm je Kilometer für die Neuwagenflotte der Hersteller sinken. Das entspricht rund vier Litern Benzinverbrauch. Derzeit gilt ein Zielwert von 130 Gramm.

Diese Werte werden derzeit durch den in der ICCT-Studie kritisierten NEFZ-Testzyklus ermittelt. Ein neues Verfahren - namens Worldwide Harmonized Light Vehicles Test Procedures (WLTP) - wird erarbeitet und soll den NEFZ ablösen. Das EU-Parlament will die neuen Testmethoden 2017 einführen. Die Autohersteller fordern hingegen, dass der NEFZ aber mindestens bis 2020 zur Ermittlung der CO2-Werte gilt. «Das wäre sonst, als würden mitten in einem Fußball-Spiel die Spielregeln geändert und mehr Spieler auf den Platz geschickt», sagte der VDA-Sprecher.

Barsche Kritik von Greenpeace

Die Studie nimmt Greenpeace zum Anlass, Kritik besonders gegenüber BMW anzuwenden. "Dass gerade BMW bei der Ermittlung des Spritverbrauchs am meisten trickst, passt ins Bild. Es sind die Münchner, die sich mit Rückendeckung der Kanzlerin derzeit am stärksten für eine Aufweichung der CO2-Grenzwerte in Brüssel einsetzen und damit dem Klimaschutz schaden", sagt Greenpeace-Verkehrsexperte Wolfgang Lohbeck.

Doch auch den beiden anderen Mitbewerbern im Premiumsegment, Audi und Mercedes, stellt Lohbeck kein gutes Zeugnis aus. "Aber auch den anderen deutschen Premiumherstellern stellt die aktuelle Untersuchung der Klimaforscher ein Armutszeugnis aus: Ausgerechnet beim Täuschen sind sie spitze." (AG/dpa)

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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