Ohne Kobalt und Lithium kein Boom bei Elektromobilität

Länder buhlen um Förderstaaten

Ohne Kobalt und Lithium kein Boom bei Elektromobilität
Arbeiterin einer Pilotanlage im Salzsee von Uyuni in Bolivien Lithiumkarbonat in 20-Kilogramm-Säcke. © Ismar/dpa

Für eine erfolgreiche Zukunft der Elektromobilität sind bessere und günstigere Batterien nötig. Doch dafür bedarf es Rohstoffe wie Lithium oder Kobalt. Deshalb buhlt nicht nur Deutschland um die Gunst der Förderstaaten.

Denn ohne Zugriff auf diese Rohstoffe muss die Revolution auf der Straße, in der Energiewelt und bei der digitalen Kommunikation ausfallen: Lithium, Kobalt, Coltan und die Metalle der Seltenen Erden sind der Grundstein für Elektroauto-Batterien, Windkraftanalgen und Smartphone-Akkus. Auch in vielen anderen Produkten kommen die kostbaren Rohstoffe vor.

Vor allem bei Lithium zeichnet sich jedoch eine wachsende Knappheit ab – mit möglichen Folgen für die Versorgung von Herstellern und Kunden auch in Deutschland. Zumal der Wirtschaftsgigant China versucht, weltweit Zugriff auf immer größere Vorkommen zu erhalten, um die eigene Industrie besser gegen Preiskapriolen abzusichern.

Ohne Lithium keine Elektromobilität

Batterien von E-Autos, aber auch viele weitere Elektronikprodukte sind auf Lithium angewiesen. Zwar sind andere Technologien in der Planung, der klassische Lithium-Ionen-Akku dürfte aber noch längere Zeit tonangebend sein. Das «weiße Gold» kommt in der Zellproduktion zum Einsatz, auch deutsche Autokonzerne buhlen um neue Partner und gute Kontrakte zum Einkauf der zentralen Verbindung Lithiumkarbonat.
Als entscheidender Faktor für die oft noch unzureichende Reichweite, Ladegeschwindigkeit und Kosten von Elektroautos steuert die Batterie den Wandel der Autobranche maßgeblich mit. Volkswagen etwa plant eine eigene Zellforschung, Daimler unterhält schon eine Batteriefertigung.

Das Dreiländereck Chile/Argentinien/Bolivien wird bereits als das «Saudi-Arabien Südamerikas» bezeichnet. Am Salzsee von Uyuni im bolivianischen Hochland gibt es die wohl größten Lithium-Reserven der Welt. «Wir werden eine große Lithium-Industrie aufbauen, über 800 Millionen Dollar stehen dafür bereit», sagte Boliviens Präsident Evo Morales der Deutschen Presse-Agentur vor einigen Monaten. Nach Tests mit einem Pilotsystem soll bald eine große Förderanlage errichtet werden, die das deutsche Unternehmen K-UTEC aus Thüringen geplant hat. Der Abbaukomplex umfasst rund 40 Quadratkilometer.

Internationale Begehrlichkeiten nehmen zu

Um den Bau der Lithium-Fabrik haben sich 26 Firmen beworben – von China über Russland, Finnland, Deutschland und Spanien bis Mexiko. In der Nähe soll eine große Batteriefabrik entstehen, die Bolivien als Gemeinschaftsunternehmen mit ausländischen Unternehmen betreiben will. Besonders chinesische Firmen hoffen auf den Zuschlag. Bolivien hat mit geschätzt neun Millionen Tonnen die größten Lithium-Reserven. Chile wird bis auf weiteres aber Weltmarktführer bleiben. Bis 2030 soll der Export von Lithiumkarbonat auf 180 000 Tonnen pro Jahr mehr als verdoppelt werden. Lithium-Fonds legen steile Gewinnkurven hin.

China ist einer der aktivsten Spieler bei Lithium. Die Nachfrage nach dem Rohstoff als strategische Ressource kommt nicht von ungefähr. Denn mit mehr als 500.000 verkauften Elektro- und Hybridwagen hat sich die Volksrepublik 2017 zum größten Absatzmarkt für E-Autos entwickelt. Peking will aber nicht nur Weltmarktführer in der E-Mobilität sein, sondern auch die vorgelagerte Produktion von Batterien dominieren. Schon heute verbraucht China über 40 Prozent des weltweiten Lithiums. Es streckt daher seine Fühler nach Südamerika aus – und auch nach Australien, wo Lithium ebenfalls in großem Stil gewonnen wird. Der chinesische Autohersteller Great Wall Motors kaufte sich kürzlich beim australischen Konzern Pilbara Minerals ein, der über große Lithium-Minen verfügt. Die Pekinger Investmentfirma GSR Capital will sich laut Berichten am Lithium-Produzenten SQM aus Chile beteiligen.

Gibt es eine Lithium-Knappheit?

Es kommt auch auf den Zeithorizont an. Nach Schätzungen der Deutschen Rohstoffagentur (Dera) wird sich der globale Bedarf an Lithium von derzeit etwa 33.000 Tonnen bis zum Jahr 2025 mindestens verdoppeln. Einige Experten wie Jaime Alée, Direktor des Lithium-Programms an der Universidad de Chile, warnten zuletzt auch vor einer Blase: «Die Reserven liegen weltweit geschätzt bei 40 Millionen Tonnen.» Ein akuter Mangel sei daher unwahrscheinlich. Auch aus der Dera hieß es, zumindest bis 2025 müsse man nicht um eine ausreichende Versorgung bangen. Vorausgesetzt, die optimistischen Szenarien treten ein: «Es wird langfristig genug Lithium für den Ausbau der E-Mobilität geben.»

Lieferrisiken bestehen weiter

Unabhängig von der prinzipiell verfügbaren Lithium-Menge: Ob eine kontinuierliche Belieferung selbst bei hohen Preisen immer gesichert ist, gilt als fraglich. Die Dera räumt ein, dass Situationen möglich seien, in denen zu wenig Lithium auf den Markt kommt – etwa wenn die E-Mobilität «besonders dynamisch» anlaufen und Förderkapazitäten weniger als erwartet ausgebaut werden sollten. Der Bundesverband der Deutschen Industrie schaut sich die Entwicklung mit Argusaugen an. «Die Gefahr von Engpässen bei der Rohstoffversorgung steigt», sagte ein Experte des Verbands der «Welt am Sonntag» Ende November.

Kinderarbeit in der Kobaltmine
Kinder arbeiten in einer Kobaltmine. Foto: Amnesty International/Afrewatch/dpa

Die Metalle Kobalt, Nickel und Platin sowie Graphit und Seltene Erden spielen ebenso eine zentrale Rolle für die Hightech-Wirtschaft. Die Kobalt-Nachfrage wuchs von 2010 bis 2015 von 65 000 auf über 90 000 Tonnen pro Jahr. Derzeit wird die Hälfte in Batterien verbaut, wo das Metall es möglich macht, die Energiedichte kleiner Akkus zu erhöhen. Auch für Magneten in Windturbinen, Bauteile von Gasturbinen oder Energiespeicher braucht man Kobalt. Das Öko-Institut in Freiburg erklärte kürzlich, es könne jedenfalls vorübergehend zu einer Verknappung kommen. Daher sei mehr Rohstoff-Recycling nötig.

Kongo wichtiger Kobalt-Lieferant

Mehr als die Hälfte des weltweit geförderten Kobalts kommt aus dem Kongo – dem unruhigen zentralafrikanischen Riesenreich von der Größe Westeuropas, das den Begriff Konfliktmineralien geprägt hat. Auch die Hälfte aller Reserven von rund sieben Millionen Tonnen liegt dort. Laut Schätzungen stammen 10 bis 20 Prozent des Kobalts aus kaum überwachten, improvisierten Minen und Kleinbergbau im Kongo. Amnesty International beklagt Kinderarbeit, Unfälle und Gesundheitsrisiken. (dpa)

Keine Beiträge vorhanden

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein
Bitte geben Sie Ihren Namen ein