Jeep steht eigentlich für Offroad. Der elektrische Wagoneer S macht jedoch lieber auf nobel. Versprochen werden 500 Kilometer Reichweite.
Rein elektrische Fahrfreuden waren Jeep-Kunden bisher nur in Europa vergönnt. Doch mit dem Wagoneer S legt die US-Kultmarke nun einen ersten batterieelektrischen Jeep für den Weltmarkt auf. Noch dieses Jahr wird das richtungsweisende Modell in Nordamerika antreten. Im Herbst 2025 folgt Europa.
Basis für den Wagoneer S ist die Stellantis-Plattform STLA Large, die bei Batteriekapazität und Antrieb aus dem Vollen schöpfen darf. Zwei E-Motoren sollen 600 PS und über 800 Newtonmeter Drehmoment bereitstellen und damit einen Sprint aus dem Stand auf 96 km/h in 3,4 Sekunden erlauben. Das Batteriepaket im Unterboden mit 100 kWh Speicherkapazität verspricht rund 500 Kilometer Reichweite. Das 400-Volt-System erlaubt schnelles Aufladen mit Gleichstrom von 20 auf 80 Prozent in 23 Minuten.
600 PS sind erst ein Vorgeschmack
Zu anderen Antriebsvarianten oder Leistungsstufen macht Jeep keine Angaben. Obwohl es sich bei STLA Large um eine Multi-Energy-Plattform handelt, wird der Wagoneer S als reines Elektromodell angekündigt. Wie bei neuen Baureihen üblich, wird sich der große Elektro-Jeep über OTA-Updates „weiterentwickeln“. Damit sind nicht nur Neuerungen bei den automatisierten Fahrhilfen gemeint, sondern explizit auch Performance-Updates. 600 PS sind also erst ein Vorgeschmack.
Auch optisch ist der Wagoneer S ein mutiger Schritt. Laut Vince Galante, bei Jeep Vize-Chef für Außendesign, lautete die wichtigste Vorgabe: „Er muss ikonisch sein!“ Wichtigstes Jeep-Symbol bleibt der Kühlergrill mit sieben Schlitzen, die im Fall des Wagoneer S jedoch geschlossen sind, denn Kühlluft muss nicht mehr durch. Deshalb sorgt eine LED-Beleuchtung im Jeep-Gesicht für die klassische Tiefe. Wichtig war es nämlich außerdem, den Elektro-Jeep windschlüpfig zu gestalten. Der Luftwiderstand soll einen für SUV bemerkenswert niedrigen cw-Wert von 0,294 aufweisen. Dabei helfen auch mit dem Blech bündige Türgriffe und ein eigenwillig wirkender Dachkantenspoiler. Ansonsten ist der Wagoneer S eine elegante Erscheinung, die allerdings auf Chromschmuck verzichtet.
Großzügige Beinfreiheit vorne und hinten
Der fast 4,90 Meter lange Fünftürer bietet einen dennoch nobel eingerichteten, geräumigen Innenraum. Bei einer ersten Sitzprobe konnten wir die großzügige Beinfreiheit vorne wie hinten genießen. Über 1,80 Meter große Fondgäste kommen allerdings dem Dachhimmel verdächtig nah, was auch einem dank Panoramaglasdach leicht abgesenkten Himmel geschuldet ist. Hinter der Rückbank befindet sich ein 866 Liter fassender Kofferraum, der sich klassisch erweitern lässt.
Die Kommandozentrale hat vier großformatige Displays unter Glasflächen sowie ein Head-up-Display. Die Bildschirme sollen sich zu einer gesamten Displayfläche von 45 Zoll addieren. Fahrrelevantes zeigt der Monitor hinterm Lenkrad. In der Mittelkonsole gibt es zwei Touchscreens. Der obere ist Anzeige- und Bedienoberfläche für die Infotainmentwelt. Der untere dient es zur Einstellung von Fahrzeugfunktionen wie Klimaanlage. Zudem gibt es auf der rechten Seite des Armaturenbretts einen Entertainment-Touchscreen für den Beifahrer. Galante spricht im Fall des „Driver Display“ von einem „dramatisch vereinfachten“ Anzeigemodus. Der dürfte auch nötig sein, denn der Blick ins Cockpit offenbarte einen Informations-Overkill. Das Infotainmentsystem basiert auf der Uconnect-Generation 5, die eine kabellose Integration von Apple Carplay und Android Auto erlaubt. Außerdem bietet Jeep ein McIntosh-Surroundsystem mit 19 Lautsprechern und 1.200 Watt.
Wie es sich für einen Jeep der gehobenen Klasse gehört, ist der Wagoneer S mit Allradantrieb sowie dem System Selec Terrain gerüstet. Letzteres bietet die Fahrmodi Auto, Sport, Eco sowie Snow und Sand. Fahrten abseits befestigter Straßen sind demnach nicht ausgeschlossen. Jeep hat bei der Präsentation allerdings kein Wort über die Gelände-Kompetenz verloren und stattdessen auf den Elektro-Jeep Recon verwiesen, der sich ab 2026 als Haudegen fürs Grobe einen Namen machen soll. Auch zum Preis schweigt sich Jeep aus. Als Orientierungshilfe dürfte der technisch in vielen Punkten recht ähnliche Cadillac Lyric dienen, der in Deutschland bei knapp über 80.000 Euro startet. (SP-X)