Infiniti G37x GT: Edelmann mit Sportlerherz

Automobiler Hörgenuss

Infiniti G37x GT: Edelmann mit Sportlerherz
Der Infiniti G37x GT bietet einen betörenden Sound © Infiniti

Mit seiner Sportlimousine G37 möchte die junge Nissan-Nobeltochter Infiniti Herstellern wie BMW und Audi die automobile Mittelklasse streitig machen. Im Test präsentiert sich der edle Nippon-Krieger als waschechte Sportlimousine.

Von Markus Henrichs

Kann es wirklich Sünde sein, den Lautstärkenregler der derart hochkarätigen Zehn-Lautsprecher-Bose-Musikanlage wie der serienmäßig im Infiniti "G37x GT Premium" eingebauten an einem sonnigen Vorfrühlingvormittag aufzudrehen? Es kann! Denn die "Musik" in dieser Sportlimousine der Nissan-Nobeltochter macht definitiv der drehzahlfreudige, 235 kW/320 PS starke 3,7-Liter-V6-Motor. Auf der nur exakt 6,0 Sekunden dauernden Fahrt von null auf 100 km/h bietet es mit seinem seidenweichen und doch sonoren Motor-Sound einen automobilen Hörgenuss der Extraklasse: betörend schöne Sechszylinderklänge, die nicht nur lustvoll in den Gehörgängen des Fahrers kitzeln, sondern auch die Träume sportwagenaffiner Menschen unweigerlich auf Reisen schicken.

Zwei Gesichter

Auf Langstreckenfahrten bietet der Mittelklässler mit seinem Premiumanspruch dank des gut gedämpften Fahrwerks gediegenen Reisekomfort ganz im Stile der Großen. Für Oberklasse-Ambiente sorgen auch der serienmäßig achtfach verstellbare Fahrersitz und das gut in der Hand liegende Lederlenkrad. Auch der großzügig mit cremefarbenem Teppichboden ausgeschlagene Innenraum und die indirekte Beleuchtung versprühen Exklusivität. Für zügiges, aber hau-ruck-freies Vorankommen sorgt die mit dem adaptiven Allradantrieb gekoppelte Siebenstufen-Automatik. Mit Ausnahme der beim automatischen Herunterschalten im "D"-Modus mitunter etwas ruppig ausfallenden Fahrstufenwechsel arbeitet sie so seidenweich wie der Sechszylinder, dessen Kraft sie auftragsgemäß an die zwei Hinter- oder bedarfsweise an alle vier Räder überträgt.

Aber der Edelasiat kann auch anders. Um nicht zu sagen: radikal anders! Durch das zur Seite schieben des Wählhebels ändert die 4,77 Meter lange Sportlimousine in einem Wimpernschlag ihren Charakter in Richtung "Sport". Beim Ampelstart im Automatikmodus "DS", und speziell bei manuellem Gangwechsel über die Schaltwippen, entwickelt der G37 einen derartigen "Bums", dass es auch erfahrene Sportwagenfahrer kurzzeitig die Gesichtszüge entgleisen lässt. Auf leichten Pedaldruck donnert es den Hinterkopf des Fahrers so brachial in die Nackenstütze, als hätte ihm Box-Legende Mike Tyson höchstpersönlich eine rechte Gerade verpasst.

Durstiges Triebwerk

Exklusives Interieur im Infiniti G37x GT Infiniti

"Hammer-mäßig" gibt sich allerdings auch der Kraftstoffverbrauch, über den ein Balkendiagramm im Armaturenbrett informiert. Schon bei etwas sportlicherer Herangehensweise pendelt sich der Balken in erschreckender Regelmäßigkeit zwischen der 20 und 30 Liter-Marke ein. Im Test kam der Infiniti auch bei zurückhaltender Füßelei mit dem Gaspedal auf einen stolzen Durchschnittsverbrauch von 14,9 Litern Superbenzin auf 100 Kilometern.

Der Preis des Autos in der Allradvariante wird mit 50.840 Euro angegeben. Für das Geld gibt es aber auch Fahrspaß pur: Handgeschaltet ändert die Sportlimousine dank der gut abgestimmten adaptiven Servolenkung auch ihr Einlenkverhalten radikal: Problemlos und sicher gibt sie sich auch in rasant durchfahrenen Kurven. Dank des tiefen Schwerpunkts infolge des dicht hinter der Vorderachse montierten Triebwerks klebt der G37x förmlich auf der Straße. Spätestens jetzt wird klar, warum die Japaner bei dieser Sportlimousine auf ein adaptives Fahrwerk mit manuell wählbaren Modi verzichtet haben.

Schwieriges Ausparken

DEr Infiniti G37x GT verfügt über einen Radstand von 2,85 Metern Infiniti

Apropos Image: Die Scheinwerfersilhouette im Rückspiegel der vorausfahrenden Fahrzeuge scheint so exotisch, dass sie von den übrigen Verkehrsteilnehmer nicht als das wahrgenommen wird, was da an mobile Potenz anrauscht. Buchstäblich ohne "Rücksicht" ziehen sie auf die linke Spur als gäbe es kein morgen. Nur gut, dass die üppig dimensionierten Bremsen so kräftig und beherzt zupacken, wie man es von einem echten Sportwagen erwarten darf.

Mit ihm auszuparken ist allerdings schwieriger als gedacht. Denn der lange Radstand von 2,85 Meter - 10 Zentimeter mehr als beim direkten Wettbewerber, dem 3er BMW - schaffen zwar gehörig Platz für lange Beine im Fond. Zugleich gestaltet sich das Manövrieren dadurch recht umständlich.

Selbstdisziplin gefordert

Ein sonorer Motorklang begleitet den Infiniti G37x GT Infiniti

Beim Ausparken aus rechtwinklig zur Fahrbahn befindlichen Parkboxen ist die Rückfahrkamera, die buchstäblich "um die Ecke" gucken kann, daher eine prima Hilfe. Ist der Japaner in Fahrtrichtung gebracht, bedarf es dann schon eines gewissen Maßes an Selbstdisziplin, den Ampelstart angesichts des betörend schönen Motorklangs mit einem Tritt aufs Gaspedal nicht effektvoll "musikalisch" zu untermalen. (mid)

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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