Hyundai gehört angesichts seiner Modellpalette zu den Herstellern mit einem besonders hohen E-Anteil am Absatz. Was die Nachfrageschwäche für die Marke bedeutet, darüber sprachen wir mit Deutschlandchef Ulrich Mechau.
Der koreanische Autobauer Hyundai erzielte im vergangenen Jahr einen Absatzanteil von 30 Prozent mit seinen elektrischen Modellen. Nun ist die Nachfrage in diesem Jahr auf dem Gesamtmarkt nach Stromern deutlich eingebrochen.
Der Importeur kommt nach zehn Monaten aber immer noch auf einen Anteil von 19 Prozent. Nach Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) liegt der Gesamtmarkt per Oktober bei 13,3 Prozent, damit sind die Koreaner deutlich besser unterwegs als die Vielzahl der Konkurrenten.
Hyundai Inster und Ioniq 9 ab 2025 auf dem Markt
Trotz der Nachfrageschwäche zeigt sich Hyundai-Deutschlandchef Ulrich Mechau in einem gemeinsamen Interview mit der Autogazette und dem Magazin electrified zuversichtlich, dass man im kommenden Jahr an die Zahlen aus dem Jahr 2023 wird anschließen können.
«Das werden wir mit unseren attraktiven Produkten wieder aufholen. Der neue elektrische Kleinwagen Hyundai Inster ist Anfang des Jahres auf dem deutschen Markt verfügbar und setzt Maßstäbe beim Preis-Leistungsverhältnis», so Mechau. «Später im Jahr folgt der neue Ioniq 9, ein elektrisches SUV mit sieben Sitzen und einer Reichweite von bis zu 620 Kilometer», fügte der Deutschlandchef hinzu.
«Der neue Inster steht in den Startlöchern»
Autogazette: Herr Mechau, Hyundai gehört in Deutschland mit zu den führenden Anbietern von E-Autos. In 2023 kamen Sie auf einen E-Anteil am Absatz von 30 Prozent. Wie sehr leiden Sie unter der derzeitigen Nachfrageschwäche?
Ulrich Mechau: Knapp 30 Prozent des gesamten Absatzes mit batterie-elektrischen Fahrzeugen zu bestreiten – und damit deutlich über dem Wettbewerbsschnitt zu liegen – verdeutlicht unser Engagement für eine nachhaltige Mobilität der Zukunft. Der überstürzte und chaotische Wegfall der staatlichen Förderung für den Kauf von Elektrofahrzeugen Ende 2023 hat uns mit unserem hohen Anteil an Elektrofahrzeugen überdurchschnittlich getroffen. Das werden wir mit unseren attraktiven Produkten wieder aufholen.
Der neue elektrische Kleinwagen Hyundai Inster ist Anfang des Jahres auf dem deutschen Markt verfügbar und setzt Maßstäbe beim Preis-Leistungsverhältnis. Später im Jahr folgt der neue Ioniq 9, ein elektrisches SUV mit sieben Sitzen und einer Reichweite von bis zu 620 Kilometer.
Autogazette: Wie hoch liegt bei Ihnen der E-Anteil am Gesamtabsatz nach zehn Monaten.
Mechau: Trotz der schwierigen Marktsituation und der fehlenden Förderung ist es uns gelungen mit den reinen BEV einen Anteil von aktuell rund 19 Prozent zu erreichen. Damit sind wir immer noch besser als viele Mitbewerber, der Marktschnitt liegt hier bei 13 Prozent. Und der neue Inster steht in den Startlöchern, damit haben wir ein echtes Ass im Ärmel und einen deutlichen Vorteil gegenüber vielen Wettbewerbern.
Autogazette: Der Inster wird unter 24.000 Euro kosten. Kann dieses Modell den Absatz wieder ankurbeln?
Mechau: Der Hyundai Inster gibt mit seiner Kombination aus attraktivem Preis, enormem Platzangebot und modernster Ausstattung definitiv neue Impulse im Markt und wird unseren Absatz nachhaltig beleben, denn so ein Paket bietet kein anderer Hersteller. Mit dem sehr kompetitiven Einstiegspreis sprechen wir gezielt die an, die nach einer kosteneffizienten und umweltfreundlichen Lösung suchen, ohne auf Design, Technologie oder Komfort verzichten zu müssen.
«Ladeleistung des Hyundai Inster ist absolut zeitgemäß»
Autogazette: Der Inster ist zwischen A- und B-Segment angesiedelt. Sind es Autos wie der Inster, nach denen die Kunden verlangen und von denen es ein zu geringes Angebot gibt?
Mechau: Absolut. Der Inster zeigt, dass sich Erschwinglichkeit, Alltagstauglichkeit und innovative Technologie in einem Fahrzeug vereinen lassen. Wir treffen damit genau die Bedürfnisse, die bisher noch wenig von der Elektromobilität abgedeckt sind. Denn wichtig ist, dass Autos nicht nur begehrenswert sind, sondern auch den praktischen Anforderungen des täglichen Lebens gerecht werden. Ein Kleinwagen wie der Inster, der problemlos in jede Parklücke passt und dennoch ausreichend Platz für vier Erwachsene bietet – und in dem man sogar schlafen kann – erfüllt diesen Anspruch.
Autogazette: Der Inster wird mit zwei Batteriegrößen angeboten, 42 und 49 kW. Wo erwarten Sie die stärkste Nachfrage?
Mechau: Wir gehen davon aus, dass die 49 kWh Batterie die stärkere Nachfrage verzeichnen wird. Sie hat mit über 360 Kilometern eine größere Reichweite und bietet damit noch mehr Flexibilität. Wichtig für uns ist dabei, dass wir den Kunden von Anfang an die Wahl lassen und beide Batterieoptionen zeitgleich einführen – anders als viele Wettbewerber, die zuerst die teuren Ausstattungsversionen mit großen Batterien verfügbar machen. Unsere Kunden bekommen von Marktstart an ein hochwertig ausgestattetes und vollkommen alltagstaugliches Fahrzeug.
Autogazette: Mit seinem Platzangebot im Innenraum sorgt der Inster für eine Überraschung, mit einer Ladeleistung von maximal 85 kWh für eine Enttäuschung. Ist eine solch geringe Ladeleistung noch zeitgemäß?
Mechau: Die Ladeleistung des Hyundai Inster ist für einen Kleinwagen absolut zeitgemäß! Er lädt durch eine sehr gute Ladekurve in einer halben Stunde von 10 auf 80 Prozent, nicht etwa von oft gesehenen 20 Prozent und das sogar serienmäßig. Damit gehört er zu den Schnellsten unter den elektrischen Kleinwagen – und das bei einer Reichweite von mehr als 360 Kilometern. Das ist im urbanen und stadtnahen Verkehr mehr als ausreichend.
«Kunden die grundsätzlichen Bedenken nehmen»
Autogazette: Der Hyundai Inster ist gerade auf die Shortlist für das «Car of the Year 2025» gekommen. Wie wichtig ist eine solche Nominierung für die Marke?
Mechau: Die Nominierung für die Shortlist zum «Car of the Year 2025» sind für uns eine Bestätigung unserer Arbeit und Strategie und gibt uns die Motivation, weiter Pionierarbeit in der Elektromobilität zu leisten. Es ist unser Anspruch, elektrische Mobilität für alle zugänglich zu machen.
Autogazette: Nach dem Ende der Kaufprämie im Dezember 2023 sind die E-Auto-Verkäufe eingebrochen. Glauben Sie, dass es unter einer neuen Regierung eine Neuauflage gibt?
Mechau: Das ist unmöglich vorherzusagen, da wir nicht wissen, wie eine neue Regierung aussehen wird. Die aktuelle Regierung ist gerade erst implodiert und es wird sicher Frühjahr, ehe eine neue Regierung beschlussfähig ist. Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht und stellen attraktive Modelle mit hoher Reichweite und kurzen Ladezeiten zur Verfügung. Jetzt gilt es, den Kunden die grundsätzlichen Bedenken zu nehmen – und das geht nur mit Unterstützung der Politik.
Autogazette: Was erwarten Sie sich von der Politik zur Stärkung der E-Mobilität?
Mechau: Wenn wir uns anschauen, wie die Vorgaben der EU für die CO2-Flottenwerte für 2025 sind, kann die Politik die Automobilbranche nicht allein lassen, sondern muss in Form von Rahmenbedingungen nachhelfen. Der Wegfall der staatlichen Förderung war ein starker negativer Impuls. Positive Impulse sind jetzt erforderlich. Ein erster Schritt in die richtige Richtung war es, die steuerliche Vorteile für Dienstwagen zu erweitern und Sonderabschreibungen zu ermöglichen. Das reicht aber nicht aus. Andere europäische Länder sind da aktiver und kreativer, was sich auch in deren E-Auto-Zulassungszahlen widerspiegelt. Deutschland läuft sonst Gefahr, seine Vorreiterrolle bei der Elektromobilität weiter zu verspielen.
Das Interview mit Ulrich Mechau führte Frank Mertens