Hyundai Kona: Elektrischer Roadtrip nach Paris

Hyundai Kona: Elektrischer Roadtrip nach Paris
Das Ziel ist erreicht: Wir sind mit dem Hyundai Kona in Paris angekommen. © Axel Wierdemann/Hyundai

Sind Elektroautos alltagstauglich? Nein, sagen viele. Wir haben es ausprobiert – und haben uns mit dem Hyundai Kona Elektro auf den Weg nach Paris gemacht.

Von Frank Wald

Genauer gesagt: Wir sind vom IAA-Messeplatz in Frankfurt/Main zur gerade stattfindenden Mondial Motorshow in die französische Hauptstadt gefahren.

Exakt 482 Kilometer soll die erste Tagesetappe betragen. Dieselbe Reichweite, die Hyundai nach neuer WLTP-Norm für die Top-Variante seines kompakten Elektro-SUV mit 204 PS verspricht – na dann mal los!

Hyundai Kona erster Elektro-SUV im B-Segment

Zwischenladung mit dem Hyundai Kona beim Kaffeestopp. Foto: Axel Wierdemann/Hyundai

Den ersten Punktsieg fährt der Kona Elektro schon vor dem Start ein. Denn mit der elektrifizierten Version ihres 2016 eingeführten Lifestyle-SUV bieten die Koreaner das erste Elektro-SUV im kompakten B-Segment, dass ab sofort jeder kaufen kann. Serienmäßig gibt es den Kona Elektro in zwei Leistungsstufen mit 136 PS oder 204 PS und in drei möglichen Ausstattungen zu Preisen ab 34.600 Euro und 39.000 Euro.

Allerdings werden die Kunden für die E-Variante des Kona nicht nur etwas mehr Geld, sondern auch viel Geduld mitbringen müssen. Denn die Nachfrage übersteigt das derzeitige Kontingent des deutschen Importeurs. Die Lieferzeit beträgt aktuell 12 Monate. Die Kunden werden während der Zeit mit der Hybrid-Limousine Ionic getröstet. „Wir hoffen, dass wir das in Zukunft beschleunigen können“, sagt Hyundai-Sprecher Bernhard Voss. Wirklich optimistisch klingt er dabei jedoch nicht.

Koreaner sind deutschen Herstellern voraus

Doch immerhin, während die hiesigen Hersteller mit Konzepten und Ankündigungen noch aufs Jahr 2020 vertrösten, bieten die Koreaner mit dem Kona Elektro ab sofort ein lokal emissionsfrei und praxistaugliches Stromer-SUV, das bis auf einige aerodynamischen Retuschen an Front und Felgen kaum von seinen Verbrenner-Versionen zu unterscheiden ist. Auch der Kofferraum fällt mit 332 bis 1114 Liter im Vergleich zu 361 bis 1143 Liter bei Benziner oder Diesel unwesentlich kleiner aus.

Gleich geht es Richtung Paris. Mit dem Hyundai Kona unterwegs auf der Autobahn. Foto: Wierdemann/Hyundai

Lediglich die Beine der Rückbankpassagiere müssen sich mit drei Zentimeter weniger zufrieden geben. Ansonsten sind Geräumigkeit und Bewegungsfreiheit an Bord identisch. Anders hingegen das Cockpit, in dem komplett digitale Instrumente verbaut sind. Und statt eines Schalthebels wird das 1-Stufen-Getriebe über lediglich drei Tasten für Vorwärts, Rückwärts und Parken bedient. Für den Antrieb stehen zwei platzsparend im Unterboden angebrachte Lithium-Polymer-Batterien zur Verfügung. Die Einstiegsversion mit einer Kapazität von 39,2 Kilowattstunden und einem kombinierten Stromverbrauch von 13,9 kWh auf 100 km soll damit bis zu 312 Kilometer weit fahren können.

14,3 kWh-Normverbrauch der Batterien

Die Akkus des Topmodells speichern 64 kWh und lassen mit 14,3 kWh im Normverbrauch Reichweiten bis 482 Kilometer möglich werden, womit „Kompromisse hinsichtlich Reichweite und Fahrleistungen damit der Vergangenheit angehören“ sollen, wie Hyundai betont.

Natürlich darf auch eine Tour auf der Champs Elysee nicht fehlen. Foto: Wierdemann/Hyundai

Eben das galt es bei unserer Demonstrationsfahrt von Frankfurt nach Paris zu überprüfen. Unter dem Motto „Be an electric musc@teer“ sollte am ersten Tag die Strecke vom Frankfurter Flughafen bis zum Chateau de Fère, dem Schloss des historisch verbrieften Ober-Musketiers D’Artagnan, absolviert werden. Unsere Tour führte uns zum größten Teil über die Autobahn an Saarbrücken, Metz, Verdun und Reims vorbei. Es sind exakt 482 Kilometer. Ohne Federhut, Mantel oder Degen zwar, aber dafür in fünf Kona Elektro mit 204 PS, voll aufgeladenen Akkus und kaum weniger gespannten Piloten. Wer würde ohne Nachladen ankommen? Wer auf der Strecke bleiben?

Verbraucher waren ausgeschaltet

Um es vorweg zu nehmen: nur drei hätten es wirklich geschafft. Die einen, weil sie den größten Teil der Strecke im Windschatten eines Lkw verbrachten, die anderen mit Tempomat und Limiter auf konstant 90 km/h. In allen Fällen funktionierte es überhaupt nur, weil alle zusätzlichen Verbraucher deaktiviert wurden.

Selbst das Radio oder Laden des Handys haben wir uns verkniffen. Vor allem Klimaanlage und Heizung entpuppten sich dabei als größte Energiefresser. Testweise zugeschaltet, sank die Reichweitenanzeige sofort um gut zehn Kilometer. Also schnell wieder aus, Jacke an und sich gegenseitig unterhalten. Dabei drehten sich Gespräche und Überlegungen schnell um weitere Tricks, wie man den Stromverbrauch senken und die Reichweite erhöhen kann.

Eine gleichmäßige und vorausschauende Fahrweise, bei möglichst konstanter Geschwindigkeit, zählt dabei zu den Grundvoraussetzungen. Sanfter Pedaldruck an Steigungen, laufen lassen im Gefälle und den Schwung für die nächste Kuppe mitnehmen – so sinkt der Akkustand nur leicht. Dabei hilft der Kona mit drei am Lenkrad einstellbaren Rekuparationsstufen, zumindest einen Teil der Energie zurück zu gewinnen.

Bremspedal fast überflüssig

Mit dieser Lackierung des Hyundai Kona ist auffalllen garantiert. Foto: Wierdemann/Hyundai

Mit ein wenig Übung wird das Bremspedal fast überflüssig und kommt nur noch in Notsituation zum Einsatz. Auf Level 3 ist die Verzögerung sogar so stark, dass die Bremslichter aufleuchten. Stau voraus meldet das Navi-System plötzlich und bietet eine Alternativroute. Wir akzeptieren und bekommen die Meldung, dass der Energievorrat dann nicht mehr bis zum Ziel reicht. Im echten Leben hätten wir jetzt ein Problem. Bei unserem Testlauf sind wir nach 352 Kilometern aber ohnehin zu einem Zwischenstopp an einer Raststätte in Valmy verabredet.

Hier soll kurz nachgeladen werden, damit auch alle Kona garantiert die letzten 130 Kilometer bis zu dem Musketier-Schloss in der Champagne erreichen. Das Aufladen selbst ist kinderleicht. Einfach den Stecker der Stromtankstelle mit der Ladebuchse unter einer Klappe in der Front verbinden – und schon fließt der Strom. An der 50 kW-Schnelllade-Säule dauert es 75 Minuten, bis die Akkus des Topmodells zu 80 Prozent geladen ist. An einer 100 kW-Schnellladestation braucht man dafür 54 Minuten. Wer an der heimischen Wallbox lädt, braucht rund sechs Stunden für die 99-kW- und neuneinhalb Stunden für die 150-kW-Variante. Die Ladeleistung des Onboard-Chargers beträgt in beiden Modellen 7,2 Kilowattstunden.

Stromspende beim Kaffeestopp

Mit der rund 15-minütigen Stromspende, die wir bei unserem Kaffee-Stopp erhalten, erreichen wir jedoch entspannt das Tagesziel. Auch die letzten 20 Kilometern über Landstraße gilt es, möglichst effizient zu absolvieren.

Wobei es in den Dörfern mit den vielen Ampeln, Abbiegepunkten und plötzlich auftretenden Stockungen vorbei ist mit dem gleichmäßigen Fahren. Dafür erhalten wir ebenso erstaunte wie anerkennende Blicke und Zeichen der Fußgänger, ob nun der auffälligen Lackierung mit der wenig sympathischen Bezeichung „Acid Yellow“ oder unserer Lautlosigkeit wegen ist nicht zu erkennen.

Das Chateau kommt in Sicht, das wir ohne das kurze Aufladen vermutlich nicht in einem Rutsch erreicht hätten. Andere waren da besser. Der Sieger fährt mit 512 Kilometer Reichweite über die Ziellinie. Der erste Tag geht der Erkenntnis zu Ende: Hyundai hat Wort gehalten. Es war sicher nicht realistisch, aber immerhin doch möglich, die vorgegebene Reichweite zu schaffen, ohne dabei zu rollenden Hindernissen zu werden.

Noch 120 Kilometer bis Paris
Mehr als 500 Kilometer und das bei null Emissionen: Stippvisite am Eiffelturm. Foto: Wierdemann/Hyundai

Am nächsten Morgen stehen die letzten 120 Kilometer nach Paris an. Mit vollen Akkus, aber diesmal ohne Einschränkungen, zeigt der Elektro-Kona die Vorzüge eines jeden Stromers: katapultartige Beschleunigungen mit 395 Nm Drehmoment aus dem Stand und sportwagenähnlicher Durchzug mit Zwischenspurts von 80 auf 120 km/h in 4,8 Sekunden. Nun sind wird deutlich schneller unterwegs, sitzen auf geheizten Polstern, hören Musik und lassen an der Ampel so manchen verblüfften Audi A7- oder BMW 5er-Fahrer stehen.

Der Versuchung, das Pedal immer wieder durchzutreten, um den beeindruckenden Schub, begleitet vom straßenbahnähnlichem Singen des Elektromotors zu genießen, ist kaum zu widerstehen. Bei flotter Fahrweise und mit den üblichen Klima- und Komfort-Features geht die Norm-Reichweite zwar in die Knie. Doch sind 300 bis 350 Kilometer auch bei dieser normalen Fahrweise immer drin. Ein beruhigendes Polster, das für die meisten alltäglichen Fahrten in der Stadt und darüber hinaus mehr als ausreicht. Mit dem Hyundai Kona Elektro ist der Weg in die Elektromobilität definitiv ein Stück weit kürzer geworden. So lang, wie viele meinen, ist der Weg in die E-Mobilität gar nicht.

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