In sieben Jahren hat Peter Schreyer Kia mit einer frischen Designlinie in Europa salonfähig gemacht. Nun steht mit Kia-Mutter Hyundai eine mindestens ebenso schwere Aufgabe an.
Von Thomas Flehmer
Des einen Freud ist des anderen Leid – schon seit Jahren beklagt VW-Patriarch Ferdinand Piech seinen größten Fehler, Peter Schreyer ziehen zu lassen. 2006 wechselte der VW-Chef-Designer - verantwortlich unter anderem für den New Beetle, Audi TT und den Audi A2 - zu Kia und half entscheidend mit, den koreanischen Hersteller in Europa zu etablieren. Und zwar so gut, dass in diesem Jahr Kia-Mutter Hyundai ihn ebenfalls als Designer engagierte und gar mit einer Präsidentenrolle vertraute. Schreyer selbst setzt sich für die neue Aufgabe höchste Ziele. "Ich versuche, Hyundai ein neues Gesicht zu geben", sagte Schreyer im Gespräch mit der Autogazette.
Hyundai Intrado als erste Arbeit von Schreyer
Seine erste Arbeit nach einem halben Jahr bei Hyundai wird auf dem Autosalon in Genf dabei Premiere feiern. Mit der Studie Intrado, laut Schreyer "einem kleinen kompakten Lifestyle Crossover", wird das Design der Hyundai-Zukunft abzulesen sein.
Im Gegensatz zu Kia, wo der mittlerweile 60-Jährige "ein leeres Blatt" vorfand, dass er mit Ideen füllen konnte, ist bei Hyundai "das Blatt schon voll. Aber man kann immer noch etwas dazu schreiben."
Schreyer muss Philosophien zusammenbringen
Doch die bereits geschriebenen Zeilen seiner Vorgänger und der Ingenieure machen die Arbeit nicht einfacher. "Bei Kia war klar, wie es irgendwann werden wird", so Schreyer. Bei Hyundai habe der Designer, der bereits als Student 1979 bei Audi in Ingolstadt als Designer arbeitete, nur "gewisse Sachen im Kopf".
Denn die Vorarbeiten – das bereits volle Blatt – beschränken die Handlungsfreiheit. Während Schreyer, der als erst dritter Designer im Automobilbereich neben den legendären Sergio Pininfarina und Giorgetto Giugiaro die Ehrendoktorwürde des altehrwürdigen Royal College of Art verliehen bekam, bei Kia tonangebend sein konnte, ist er nun häufig in den zahlreichen, auf der Welt verteilten, Hyundai-Designzentren unterwegs, um "die vielen Philosophien zusammenzubringen". Denn die Ansprüche in Asien liegen anders als in den USA oder in Europa.
Innendesign Schreyers "Steckenpferd"
So werden seine Designstriche bei Hyundai in der unmittelbaren Zeit auch noch eher dezent zu sehen sein. "Ich steige in einen laufenden Prozess ein. Manche Projekte sind zu 95 Prozent fertig, andere erst zu fünf Prozent", sagt Schreyer.
Besonderen Wert legt Schreyer dabei auf das Innendesign, das er als "sein Steckenpferd" bezeichnet. "Das Material, die Sitze, eine intuitive Bedienung – ein Fahrzeug erhält von innen heraus seinen Charakter." Da werden auf den nächsten Messen wohl noch einige Besuche von Martin Winterkorn folgen. Der VW-Chef fand schon vor der Schreyer-Zeit bei Hyundai auf der IAA 2011 im Innenraum Dinge, die sein Konzern nicht fabrizieren konnte.
Schreyer legt Fokus auf Hyundai
Doch neben dem neuen Gesicht für Hyundai ist Schreyer auch weiterhin für Kia zuständig, die bisher für die sportliche Ausrichtung des Unternehmens stand. Und sportlicher soll Hyundai nun auch in Zukunft auftreten. "Es gibt verschiedene Arten von Sportlichkeit. Wir arbeiten auch hier an der Differenzierung beider Marken."
Ein Teil zur Differenzierung können dabei die Hybrid- und Elektrofahrzeuge beitragen. "Neue Technologien sind auch immer Chance für neues Design. Dafür sind wir sehr dankbar", sagt Schreyer, der immer noch seinen Wohnsitz in der Audi-Hochburg hat. Allerdings schränkt er auch ein, dass trotz verschiedener Markenausrichtungen Parallelen im Design auftreten können. "Das passiert immer wieder."
Bei Kia ist man trotzdem froh, dass Schreyer weiterhin erhalten bleibt, auch wenn der Chef-Designer in der kommenden Zeit "mehr den Focus auf Hyundai legen" werde. Denn ein Fehler wie Piech soll bei Hyundai und Kia nicht passieren.