Der Pkw-Absatz ist wegen der Corona-Krise dramatisch eingebrochen. Inzwischen konnten die Autohäuser wieder öffnen. Doch unter welchen Umständen? Wir haben einen Hyundai-Händler in Bernau bei Berlin besucht.
Es ist Donnerstag, 10.30 Uhr. Auf dem Betriebsgelände von CSB Schimmel Automobile ist es ruhig. Ihren „Auto-Spaziergang“ unternehmen potenzielle Käufer häufig lieber an Wochenenden.
Ich bin heute als Kunden-Darsteller unterwegs, will wissen, wie Verkaufsgespräch und Probefahrt in diesen speziellen Zeiten ablaufen. Telefonisch habe ich zuvor angegeben, mich für ein Modell Kona Elektro zu interessieren. Wahrscheinlich lächelt mich Herr Kaeding, mit dem ich verabredet bin, an, als er auf mich zukommt. Erahnen kann ich das nur an seinen Augen, denn er trägt einen Nasen-Mundschutz. So wie alle hier, die Kundenkontakte haben.
Infektionsschutz ist einzuhalten
Sebastian Kaeding ist Groß- und Flottenkundenbetreuer seiner Firma. „Das ist eine bescheidene Situation,“ sagt er mir nach der handschlaglosen Begrüßung, und er meint damit nicht nur den beruflichen, sondern auch seinen privaten Bereich. Die Familie erwartet Zuwachs, da sind besondere Aufmerksamkeit und Maßnahmen vonnöten, die durch die neuen Regeln zum Infektionsschutz komplizierter geworden sind. In der Firma hat es bereits eine Kurzarbeits-Phase gegeben, Kaeding selbst konnte seine Geschäftskunden zum Teil auch vom Home-Office aus bearbeiten.
Der Zentralverband des deutschen Kfz-Gewerbes (ZDK) hat schon im März von einer „prekären Lage“ für die Betriebe gesprochen, die viele ohne Liquiditätshilfen nicht überstehen könnten. Seit der Verkauf wieder angelaufen ist, spüren Kaeding und seine Kollegen zwar ein lebhaftes Kunden-Interesse, jedoch bremsten jetzt äußere Faktoren die Rückkehr zum Normalbetrieb. „Wir können Dutzende Autos nicht ausliefern“, berichtet der 38-jährige. „In Berlin wartet man gegenwärtig zwei bis drei Wochen auf eine Zulassung“. Das sei besonders für Flottenkunden nicht tragbar, denn Häusliche Pflege, Lieferservices und andere Dienstleister seien auf reibungslose Erneuerungen in ihren Fuhrparks angewiesen. „Für die Zulassungsstellen spielen solche Dinge aber eine untergeordnete Rolle“.
Masken für Kunden liegen bereit
Obwohl der Hof des Händlers voller Neuwagen steht, wirkt die Verkaufshalle wie ausgeräumt. Auf Abstand gehen ist hier kein Problem. „Wir halten Masken für Kunden vor, die keine dabei haben“, sagt Sebastian Kaeding. Der ZDK hat Hygiene-Richtlinie herausgegeben, um den angeschlossenen Betrieben den Umgang mit der Situation zu erleichtern. Zu den Anschaffungen, die sonst eher nicht zur Materialwirtschaft eines Autohauses gehören, zählten jetzt auch farbiges Klebeband für Markierungen auf dem Fußboden und ein ordentlicher Vorrat an Desinfektionsmittel.
Ein vierstelliger Betrag sei dafür aufgewendet worden, erzählt der Kundenbetreuer. Damit der Kugelschreiber für die Unterschrift unter den Kaufvertrag nicht von Hand zu Hand gehen muss, steht ein Extra-Karton mit Stiften bereit.
Der Kona Elektro, mit dem wir unser Beratungsgespräch simulieren, ist wie die anderen Vorführwagen einer besonderen Behandlung unterzogen worden. Lenkrad, Türgriffe, Hebel und Tasten werden regelmäßig mit alkoholischer Lösung gereinigt, Sitzbezüge kommen öfter zum Einsatz als zuvor, und selbstverständlich trägt der Berater Latex-Handschuhe, während er dem Kunden Technik und Funktionen des Fahrzeugs näherbringt. „Autokauf ist Vertrauenssache“, weiß Sebastian Kaeding, „aber wenn die Gesprächspartner nur einen Teil des Gesichts ihres Gegenübers sehen, erschwert das natürlich den Aufbau einer Vertrauensbasis“.
Kunde allein auf Probefahrt unterwegs
Die wohl wichtigste Veränderung gegenüber der Vor-Corona-Zeit betrifft die Probefahrt. Bisher war der Verkäufer stets dabei, um unterwegs Fragen des Kunden beantworten zu können. Bei gleichzeitiger Belegung von Fahrer- und Beifahrerplatz wäre nun allerdings der Nasen-Mundschutz unverzichtbar. Fahren mit Maske ist aber nicht erlaubt, also fährt der Kunde allein seine Proberunde. „Die Verkehrsverstöße während solcher Ausfahrten halten sich zum Glück in Grenzen“, schmunzelt Berater Kaeding. Beim Kona Elektro müsse man durchaus mit einem erhöhten Risiko rechnen, denn der Stromantrieb sorgt für enorme Beschleunigung bei gleichzeitiger geringer Geräuschentwicklung. „Da kann man schnell ans Limit kommen, ohne es zu merken“.
Für Händler, die Elektro- oder Hybrid-Fahrzeuge im Angebot haben, trägt die krisenhafte Frühjahrsentwicklung beim Pkw-Absatz auch erfreuliche Züge. In diesem Sektor zeigt die Verkaufskurve nach oben, während sie bei herkömmlichen Verbrennern ein erhebliches Minus aufweist.
Hohe Kaufprämie für Kona Elektro
Europaweit stiegt der Anteil aufladbarer Autos zwischen Januar und März auf 6,8 Prozent, ein Jahr zuvor hatte er noch bei 2,5 Prozent gelegen. Hyundai hat als Förderungsprogramm eine eigene „Umweltprämie“ aufgelegt. Für den Kona Elektro gibt es 8000 Euro und mit einer Garantie von acht Jahren versucht man beim Kunden zusätzliches Vertrauen zu schaffen. Und zur Verkürzung der Lieferzeit wird der Kona neuerdings auch im tschechischen Werk Nosovice gebaut.
Trotz der zufrieden stellenden Nachfrage ist für Sebastian Kaeding ein Effekt unübersehbar: „Die Spontankäufe sind zurückgegangen. Viele Firmen und Haushalte sehen sich in wirtschaftlich unsicheren Zeiten, das wirkt sich auf die Budgetplanung aus und da wird eine Auto-Anschaffung auch gern mal etwas hinausgeschoben“.