Ob Hybridauto oder gleich reiner E-Wagen: In die Messehallen des Genfer Autosalons traut sich kaum ein Hersteller ohne ein mit Strom betriebenes Fahrzeug. Während deutsche Batterieautos oft noch in der Konzeptphase stecken, sind andere Hersteller im Alltag angekommen.
Von Thomas Geiger
Der Alltag ist grün geworden - dieser Eindruck drängt sich Besuchern des Genfer Automobilsalons (noch bis 13. März) auf. Denn was früher noch unter «ferner liefen» bei den Tüftlern und Träumern stand, präsentiert in diesem Frühling fast jeder Großserienhersteller an seinem Messestand: Wo man hinschaut - fast überall glitzern Ökoautos bekannter Marken im Rampenlicht. Und viele davon kann man schon jetzt kaufen - oder zumindest in naher Zukunft.
Neuer Tesla ab 2012
So hat der Elektro-Pionier Tesla aus den USA bereits 1500 Roadster mit E-Antrieb an den Kunden gebracht. Sie kommen auf eine bisherige Gesamtfahrstrecke von 20 Millionen Kilometern, hat das Unternehmen ermittelt. In Genf steht nun auch eine Technologiestudie des kommenden Tesla-Modells S, die als Limousine für bis zu sieben Personen konstruiert ist. Im Jahr 2012 wird das Modell S die Produktpalette erweitern. Angst vor einem Ende der Reichweite müssen die Kunden dann nicht haben: Mit der größten Batterie soll der Viertürer beachtliche 480 Kilometer schaffen.
Noch weiter kommen die «Zwillinge» Opel Ampera und Chevrolet Volt, die in Genf gut ein halbes Jahr vor der Markteinführung nun in der endgültigen Produktionsversion zu sehen sind und auch ein Preisschild tragen. Der Viersitzer mit dem Elektromotor und dem kleinen Benziner als Reichweitenverlängerer wird als Chevrolet mindestens 41.950 und als Opel ab 42.900 Euro kosten.
Renault mit vier E-Mobilen
Bei den deutschen Herstellern sind es bislang Studien à la VW Bulli und Flottentest-Fahrzeuge wie der Smart ED, der Active E auf Basis des 1er BMW oder der Mini E, die mit Strom fahren. Bei anderen Unternehmen parkt in Genf dagegen bereits eine ganze Reihe von Serienfahrzeugen an den plakativ aufgestellten Ladesäulen.
Renault zeigt gleich vier E-Mobile vom unkonventionellen Motorrad-Zwitter Twizy bis zum Lieferwagen Kangoo an seinem Stand. Nissan zeigt den Leaf, und bei Mitsubishi blickt alles auf den i-Miev, den man ebenfalls schon kaufen kann. Neu in der Elektroflotte sind die für den Feldversuch angekündigten Modelle Toyota iQ und Honda Jazz sowie die umgerüsteten Ford-Modelle Transit Connect und Focus, die 2012 in den Handel kommen sollen.
E-Mobil-Exotik an den Ständen
Reinen Elektroautos haftet im Vergleich zu Hybrid-Fahrzeugen immer noch eine gewisse Exotik an - wegen der hohen Preise, der geringen Verfügbarkeit und auch des ungewöhnlichen Fahrgefühls. Wagen mit einem Kombiantrieb aus Elektro- und Benzinmotor dagegen sind auf der Messe mittlerweile Standard.
Toyota zum Beispiel zeigt zwei neue Autos mit dem Antriebskonzept: einen Familienvan und den Kleinwagen Yaris. Bei Audi gibt die Technologie im Geländewagen Q5 ihren Einstand, Peugeot kombiniert den E-Motor im 3008 erstmals mit einem Diesel. Bei Mercedes und BMW kommt der Hybrid demnächst auch in E-Klasse und 5er. Und in der Luxusliga fährt der Porsche Panamera Hybrid vor: Obwohl 279 kW/380 PS stark und bis zu 270 km/h schnell, verbraucht die Sportlimousine nur 6,8 Liter (CO2-Ausstoß 159 g/km), sagt Firmenchef Matthias Müller.
Nahende Brennstoffzelle
Grundsätzlich machen sich Autos zum Einstöpseln in die Steckdose so langsam breit: Plug-in-Technologie heißt das Zauberwort, mit dem die Entwickler die elektrische Reichweite von wenigen hundert oder tausend Metern auf alltagstaugliche Strecken steigern wollen. Autos wie der für das Jahr 2012 avisierte Volvo V60 sollen so bis zu 50 Kilometer ohne Verbrennerhilfe schaffen. «Wer im Büro oder daheim regelmäßig nachlädt, fährt mit solchen Konzepten unter der Woche ein reines Elektroauto und braucht nur noch bei Ausflügen oder Urlaubsfahrten Benzin oder Diesel», sagt ein Volvo-Entwickler.
Selbst die Brennstoffzelle, die den Strom für den Antrieb an Bord schadstofffrei aus Wasserstoff produziert, wirkt mittlerweile zum Greifen nah. «Unsere Autos sind startklar», sagt Daimler-Chef Dieter Zetsche und zeigt auf eine riesige Landkarte: Während er in Genf seine Rede hält, fährt eine Flotte entsprechender B-Klasse-Autos gerade in insgesamt 125 Tagen um die Welt und will damit die Einsatzreife der Technologie unter Beweis stellen. «Was fehlt, ist nur die Infrastruktur für den Wasserstoff», schränkt Zetsche ein.
Rolls mit zwei Elektromotoren
Ein Indiz auf die Alltagstauglichkeit alternativer Antriebe gibt nicht zuletzt Rolls-Royce. Unter dem Projektkürzel 102EX hat der britische Hersteller den gut sechs Meter langen Phantom elektrifiziert. Die erste Prunklimousine mit E-Antrieb hat zwei Elektromotoren mit zusammen 290 kW/394 PS, erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h und soll mit ihren Lithium-Ionen-Batterien etwa 200 Kilometer weit kommen.
Doch Firmenchef Torsten Müller-Ötvös schränkt ein: «Wir haben noch keine konkreten Produktionsabsichten. Aber mit diesem Auto starten wir unsere Arbeit an den alternativen Antrieben.» Es solle Klarheit darüber verschaffen, welche Technologie die richtige für die Zukunft ist.