Husqvarna Vitpilen 701: Anders als die anderen

Husqvarna Vitpilen 701: Anders als die anderen
Die Husqvarna Vitpilen 701 bietet ein gutes Handling. © SP-X

Ein Einzylinder-Bike für 10.000 Euro – braucht man so etwas? Nein, aber von der Husqvarna Vitpilen 701 geht ein besonderer Reiz aus.

Schwedisch wie in Gründerzeiten der Marke Husqvarna – 115 Jahre liegt das zurück – ist außer dem Namen Svitpilen nichts an diesem Motorrad. Vitpilen heißt „weißer Pfeil“, und den schießt die seit 2013 zu KTM gehörende Marke in eine Richtung ab, wo weit und breit kein Wettbewerber zu sehen ist.

Die Svitpilen ist insofern die Antwort auf eine Frage, die niemand gestellt hat. Dass die Motorradwelt ein Einzylinder-Bike für immerhin 10.000 Euro braucht, hat keiner behauptet. Doch nun steht sie da, die Husqvarna Vitpilen 701, und sie ist nicht nur ihres Antriebes wegen anders als die anderen. Ihre Form ist ähnlich gelungen wie die des iPhone: Glatt, kühl, reduziert, wertig die Oberflächen, zudem ist das Krad fein verarbeitet.

Svitpilen 701 mit Antrieb der 690 Duke

Die Husqvarna Svitpilen 701 nutzt als Antrieb einen Motor, der bei KTM bereits im Regal zu finden war: Er treibt die 690 Duke an. Für das schicke Designerbike, das die Svitpilen werden sollte, wurde der flüssigkeitsgekühlte Einzylinder mit zwei Ausgleichswellen ein wenig überarbeitet und leistet nunmehr stramme 75 PS – mehr als beachtlich für einen 700er mit nur einem Zylinder. Er bietet in den unteren Gängen ab 3000 Umdrehungen einen zufriedenstellenden Rundlauf, in den oberen ab 4000 Touren, will also keinesfalls niedertourig gefahren werden.

Doch dann brennt der potente Einzylinder ein wahres Feuerwerk ab, das dank des geringen Gewichts von nur 166 Kilogramm in ausgezeichnete Beschleunigung umgesetzt wird. Ebenfalls überarbeitet hat man das Getriebe, um es für die Ausrüstung mit einem Quickshifter tauglich zu machen. Der Zweiwege-Schaltassistent funktioniert gut, sofern die Motordrehzahl beim Gangwechsel hoch genug ist und der Gashahn auf Volllast steht.

Husqvarna mit gutem Handling

Ein hervorstechendes Merkmal des „weißen Pfeils“ ist seine Handlichkeit; fahrfertige 166 Kilogramm sind eine absolute Rarität. Bereits beim Rangieren ist die geringe Masse spürbar, und beim Fahren natürlich ebenso. Die stark nach vorne orientierte Sitzposition in Verbindung mit dem eher schmalen Lenker macht schnelle Richtungswechsel nicht so einfach, wie das geringe Fahrzeuggewicht vermuten lassen würde. Und bei hohem Tempo, beispielsweise auf der Autobahn, muss ein kräftiger Lenkimpuls gesetzt werden. Wirklich einfach zu fahren ist eine Vitpilen 701 nicht, für Könner ist der Spaß auf kurvenreichen Strecken freilich ein großer.

Zum Vitpilen-Typenkern gehört eine ziemlich reduzierte Ausstattung. Warnblinkanlage, automatische Blinkerrückstellung oder ein übersichtliches Vollfarb-TFT-Display passten nicht ins Konzept. Das scheibenartige LC-Display im Cockpit ist eher von der schwer ablesbaren Sorte, auch die Bedienung des Bordcomputers mittels zweiter Knöpfe ist nicht so ganz einfach. Vollkommen daneben war am Testbike die Reichweitenanzeige; binnen weniger Sekunden schwankte sie um 100 Kilometer. Da ist es klüger, sich alleine an der Benzinstandsanzeige zu orientieren. Der Verbrauch erscheint angesichts der Fahrdynamik übrigens günstig: Mehr als vier Liter pro hundert Kilometer lassen sich kaum verfeuern.

Stylische Handhebel

Sehr stylisch sind die ultrakurzen Handhebel für Kupplung und Bremse; was bei der sehr leichtgängigen Bremse gut funktioniert, empfinden Personen mit weniger Kraft in den Fingern bei der Kupplung als nicht gelungen, weil sie sich nicht mit sämtlichen Fingern bedienen lässt.

Ein Fall für sich ist darüber hinaus die Sitzposition in Verbindung mit dem brettharten und im vorderen Bereich ungünstig geformten Sitz: Als halbwegs angenehm geht sie erst oberhalb von etwa 110 km/h durch, wenn der Oberkörper des Fahrers genügend Auftrieb bekommt. Freilich muss man für die Svitpilen groß genug gewachsen sein, denn 83 Zentimeter Sitzhöhe in Verbindung mit dem recht breit geschnittenen Sattel funktionieren erst ab etwa 1,80 Meter Körpergröße. Zwei Personen finden nur auf kurzen Strecken genug Platz.

Einstellbare Gabel

Bei den ansonsten wichtigen Baugruppen wie Radführungen und Bremsen ist bei der Svitpilen alles in Butter: Die Gabel ist einstellbar, das hintere Federbein ebenso. Die Grundabstimmung ist sympathisch straff gewählt. Die Scheibenbremsen vorne wie hinten sind leicht bedienbar und packen kräftig zu, das ABS regelt feinfühlig, wenn man mal in den kritischen Bereich kommt.

So richtig Punkte macht die Husqvarna Vitpilen aber vor allem mit ihrem Design und ihrem Finish: Das hoch in der Luft schwebende Heck mit dem ausdrucksstarken LED-Rücklicht, die fließend gestaltete Tank-Sitzbank-Kombination und der nicht minder ausdrucksstarke LED-Rundscheinwerfer mit integriertem Tagfahrlicht sind fraglos enorme Hingucker. Für den, der Feuer fängt, dürften die doch recht speziellen Eigenschaften der Vitpilen 701 in den Hintergrund rücken. In jedem Fall bekommt man für 10.195 Euro ein außergewöhnliches Motorrad, das ständig die Blicke anderer auf sich zieht, sei es an der Tankstelle, der roten Ampel oder im Straßencafé. (SP-X)

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Frank Mertens
Nach dem Studium hat er in einer Nachrichtenagentur volontiert. Danach war er Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche.

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