Erst die 750er, dann die 500er und nun kommt die Honda CB 1000 Hornet. Die Naked-Baureihe des japanischen Motorradherstellers ist damit komplett.
Hornissen gelten zwar nicht als gesichert gefährlich, aber doch als Insekten, bei deren Annäherung der Mensch lieber vorsichtig als unbedacht reagieren sollte. Das gilt erst recht im Falle des Zusammentreffens mit einer Hornissenkönigin. Die CB 1000 Hornet als Spitzenmodell des dreiköpfigen Honda-Hornissenschwarms macht da keine Ausnahme – erst recht als Spitzenmodell SP, denn da läuft sie zu großer Form auf. Für gerade mal 12.000 Euro bietet die Tausender viel Motorrad fürs Geld, und zwar in echter Honda-Qualität.
Bevor wir den Schlüssel ins konventionelle Zündschloss stecken und den kurzhubigen Vierzylinder mittels Starterknöpfchen zum Leben erwecken, wollen wir unsere heutige Testkandidatin aber doch kurz vorstellen, und zwar samt ihrer etwas einfacher ausgestatteten und geringfügig schwächeren Basis-Schwester.
SP-Version mit 5 PS mehr Leistung
Die Unterschiede zwischen dieser und der SP-Version sind schnell aufgezählt: 5 PS Mehrleistung bietet die SP sowie drei Newtonmeter zusätzlich, dazu eine vorzügliche Brembo-Stylema-Radialbremse vorn statt einer sehr guten Nissin-Vierkolben-Radialanlage sowie ein voll einstellbares Öhlins-Zentralfederbein des Typs TTX36 statt eines ordentlichen Showa-Standardfederbeins. Einen Quickshifter bringt die rund 1800 Euro teurere SP ebenfalls serienmäßig mit plus die Sonderfarbe Matt Ballistic Schwarz Metallic mit goldeloxierten Rädern, Gabel und Streifen. Statt 152 PS zerren bei der SP-Version also 157 PS an der O-Ring-Kette.
Wichtig war den Entwicklern auch der stärksten Hornet ein universeller Ansatz: Die Tausender sollte das gesamte Nutzungsspektrum eines Universalmotorrads beherrschen, also den Einsatz für den Arbeitsweg, für sehr zügig absolvierte Land- und Bergstraßen-Ausflüge wie auch die große Urlaubstour. Kein großer Wert wurde auf die Soziustauglichkeit gelegt. Mit ihrem aus dem Vierzylinder der 2017er Fireblade herausentwickelten Motor setzt die CB 1000 Hornet ein klares Zeichen: Hier fahre ich, ich kann nicht langsam. Auch wenn sie keine tiefen Stummel aufweist und die Fußrasten in noch kommoder Höhe montiert sind, so sind Zweifel am grundsätzlich sportlichen Einsatzzweck dieser Honda nicht möglich. Was im Umkehrschluss heißt: Fahranfänger sind hier fehl am Platz. 212 Kilo bei rund 155 PS sind nämlich ein Wort.
Verschiedene Fahrmodi zur Wahl
Das gilt, natürlich, auf trockener Straße, aber auch auf regennassem Geläuf. Wir „durften“ dies im sehr bergigen Hinterland von Alicante bei Temperaturen zwischen 12 und 4 Grad gründlich austesten. Deshalb wissen wir: Rain ist ein guter Fahrmodus, aber auch Standard funktioniert in diesem Temperatur- und Feuchtigkeitsfenster tadellos. Den sehr spontanen Sportmodus wollten wir uns unter den beschriebenen Umständen nicht längere Zeit antun, das Ausprobieren der zahllosen Kombinationsmöglichkeiten der beiden User-Modi ließ die doch recht übersichtliche Streckenlänge von 145 Kilometern nicht zu.
Auf dem zumeist sehr kurvigen Geläuf konnten sich sowohl der gut nutzbare Vierventil-Vierventiler wie auch das ausgewogen abgestimmte Fahrwerk bestens in Szene setzen. Stets hängt das enorm starke Triebwerk bärig am Gas, dreht spontan bis wohin auch immer und vermittelt zusammen mit dem feinen Quickshifter das Gefühl überlegener Motorisierung auch schon unterhalb des maximalen Drehmoments.
Dass sich der Fahrer dabei stets im Wohlfühlbereich befindet, liegt nicht zuletzt an der vorzüglich gelungenen Ergonomie: Das Dreieck aus Lenker, Rasten und Sitz erscheint uns bei 175 cm Körpergröße perfekt gelungen, der Sitz ist schmal genug für aktive Turnübungen und breit genug auch für stundenlanges Fahren, die Hebel sitzen nicht minder günstig, lassen sich einstellen und leicht bedienen, die Spiegel bieten gute Rücksicht. Turbulenzen am Helm gibt es als Folge nicht vorhandenen Windschutzes nicht.
Keine Blinkerrückstellung
Schade nur, dass sich Honda die so vorzüglich arbeitende Blinkerrückstellautomatik bei der sonst so praktisch daherkommenden 1000er Hornet geschenkt hat, zudem würden Winkelventile an den Rädern das Prüfen des Luftdrucks in den Reifen erleichtern. Alles andere, auch das übersichtlich gestaltete und mittels bestens bedienbarem Vierwegeschalter links am Lenker bedienbare TFT-Display ist ohne Fehl und Tadel. Unterm Strich ist die Tausender eine würdiges Topmodell der Hornissen-Baureihe.
Anders als noch vor wenigen Jahren entwickelt Honda mittlerweile zu vielen Modellen von Anfang an eine Menge Zubehör, um individuelle Kundenwünsche erfüllen zu können. Für die Hornissenkönigin gibt es drei Pakete (Style, Sport, Komfort), die modular aufgebaut sind und beim Händler installiert werden. Wer also will, kann seiner Hornet eine optische oder auch funktionale Hormonkur angedeihen lassen.
Natürlich bietet die CB1000 Hornet nicht die überbordende Kraftmeierei einer BMW S 1000 R oder einer Triumph Speed Triple; dafür fehlen ein paar PS. Aber man darf ja auch nicht vergessen, dass die Hornet selbst in der SP-Version eine weitaus geringere finanzielle Investition erfordert! Wir sind jedoch sicher: Einer Hornet auf kurviger Land- und Bergstraße davonzufahren zu wollen, erfordert neben einer fahrerischen Top-Technik auch die unbedingte Bereitschaft, schon beim nächsten Stopp durch die Rennleitung den Lappen abzugeben. (SP-X)