Jaguar XF: Sprung in die Moderne

Verstohlen blitzt der ovale Chromkühler herüber und entlarvt die schneidige Luxuslimousine britischer Herkunft. Mit seinem barocken Vorgänger S-Type verbindet den Jaguar XF nicht einmal mehr der Namen.

Von Stefan Grundhoff

Jaguar will auf zu neuen Ufern. Der nach wie vor im Schlingern befindliche Edel-Ableger der Ford Motor Company muss punkten - und insbesondere neue Kunden gewinnen. Mehr Luxus, mehr Exklusivität und ein Hauch mehr Sportlichkeit sollen die britische Nobelmarke wieder für die gut Betuchten begehrlich machen. An die Erfolge von einst will man anknüpfen, doch alte Designzöpfe sind spätestens mit dem neuen XF angeschnitten. Im März nächsten Jahres kommt die neue Oberklasselimousine auf die internationalen Märkte. Traditionalisten werden die neuste Katze beim Erstkontakt kaum wieder erkennen. Reminiszenzen und Retro-Style waren gestern. Spielte das aktuelle Modell, der S-Type noch mit den weichen Linien des alten Mark II, so geht der neue XF einen ganz anderen Weg.

Anleihen bei Lexus

Auf den ersten Blick fällt auf, dass Jaguar dabei insbesondere auf den US-Markt schielt. Hier läuft die Marke seit Jahren überaus erfolgreich und bläst nun zum Angriff auf die Platzhirsche. Mit dem modernen Design des XF will man Kunden von BMW, Mercedes und insbesondere Lexus abgreifen und die Verkaufsstätten mit britischen Charme und dunklen Ledermöbeln ziehen. Lexus diente bei der Kreation des neuen Modells als gutes Vorbild. Zahlreiche Elemente wie auch deren Designsprache L-Finesse findet man auch im XF wieder, der wie der Sportwagen XK federführend von Ian Callum gezeichnet wurde.

Klassische Limousinenformen wie man sie beim S-Type genoss, mussten einem modernen Styling weichen. Windschutzscheibe und Heckglas haben die gleichen Neigungswinkel wie beim XK. Der neue Konkurrent will mit Dynamik und Sportlichkeit nicht geizen, sondern auf den ersten Blick zeigen, was er hat. Fast schon coupéartig gehen die Elemente in Motorhaube und Heckklappe über. Große Radhäuser bieten dem XF-Kunden alle Möglichkeiten. 17-, 18-, 19- oder gar 20-Zoll große Felgen finden hier angenehme Platzverhältnisse. Schon der sportlichen Optik wegen sollte es niemals weniger als ein 18-Zoll-Radsatz sein. Das Sahnestück des neuen Briten ist die Ansicht von schräg hinten. Das hohe, betont dynamische Heck bricht mit alten Jaguar-Traditionen. Zusammen mit der großen Jaguar-Chromspange und den nüchtern gestylten Heckleuchten in LED-Technik ein echter Blickfang. Das unterstreicht auf die wie aus einem Guss gezeichnete Seitenlinie.

Historischer Kühlergrill

Die Anleihen bei Lexus sind nicht zu übersehen Foto: Jaguar

Durch den historischen Kühlergrill ist der XF auf den ersten Blick als Jaguar zu erkennen. Doch die Scheinwerfer haben die Schärfe und Finesse der Detroiter Concept-XF-Studie verloren. Die Scheinwerfer laufen spitz zur Mitte hin zu und geben die rundliche Form an die Motorhaube weiter. Nebelscheinwerfer mussten üppigen Lufteinlässen weichen - eine Unart, die sich bei einigen Sportmodellen durchzusetzen scheint. Erfreulich dagegen das satte Kofferraumvolumen, das mindestens 540 Liter beträgt.

Großer Wurf

Geschmackssache: die bläuliche Instrumentenbeleuchtung Foto: Jaguar

Ein großer Wurf ist Jaguar mit dem Innenraum des XF gelungen. Das vor eineinhalb Jahren vorgestellte XK-Coupé hatte bereits einen neuen, leicht bedienbaren und nett anzuschauenden Innenraumwind in die Marke gebracht. Hier hatte Jaguar in den letzten Jahren den Anschluss an Audi, Mercedes oder BMW völlig verloren. War der XK ein guter Anfang, präsentiert sich der XF noch stimmiger, noch sehenswerter und mit netten Details verziert. Der Starterknopf pulsiert, der Automatikwählhebel ist ein aus dem Mitteltunnel herausfahrender Controller, der Wertigkeit und Sportlichkeit zugleich verbindet. Die nun bläulich schimmernde Instrumentenbeleuchtung ist Geschmacksache; unterstreicht jedoch den Aufbruch zu neuen Welten.

Überragendes Fahrwerk

Der Jaguar XK zeigt echte Klasse Foto: Jaguar

Überzeugend zeigen sich Platzangebot vorn und sowie die Verarbeitung, die sich gegenüber der starken Konkurrenz nicht verstecken muss. Motor- und Fahrwerksentwickler versprechen zudem, dass sich der neue XF so dynamisch fährt, wie er aussieht. Fahrwerksentwickler Wolfgang Schuhbauer hat mit dem XF hunderte von Runden auf der Nordschleife gedreht und schwärmt von seinem Einlenkverhalten: «Die Designabteilung hat uns beim XF mächtig unter Druck gesetzt», gibt der erfahrene Rennfahrer und Versuchsingenieur zu, «schließlich sollte er sich an den Besten orientieren.» Auf der Suche nach den besten Vergleichsmodellen kommen der Entwicklungsabteilung Mercedes E-Klasse, BMW 5er, Audi A6 oder die leisen Lexus-Modelle in den Sinn. «Doch es hat sich nach und nach heraus kristallisiert, dass wir uns insbesondere am hauseigenen Jaguar XK orientiert haben», so Schuhbauer. Optional gibt es auch beim XF die elektronische Dämpferregelung C.A.T.S.

Warten auf neue Motoren

Bei den Motoren gibt es überraschend wenig Neues zu berichten. Komplett neue Triebwerke sind noch nicht fertig. Daher muss der Jaguar XF zumindest zum Marktstart mit den bekannten Benzin- und Dieselmotoren mit sechs und acht Zylindern auskommen. Topmodell wird ein aufgeladener 4,2-Liter-V8 mit 416 PS Maximalleistung sein, der auch der XKR antreibt. In Deutschland dürfte das erwartete Volumenmodell der überarbeitete 2.7 Diesel sein, der 207 PS und 435 Nm Drehmoment leistet. Alle Modelle werden mit einer Sechsgang-Automatik aus dem Hause ZF ausgestattet sein. Wer manuell eingreifen will, betätigt die griffgünstigen Paddel am Lenkrad.

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