Autohersteller entdecken Umwelttechnik

Die Klimaschutzdiskussion zeigt erste Wirkungen. Neben PS-Boliden nehmen auf dem 77. Autosalon in Genf verbrauchsarme Fahrzeuge und auch Studien immer mehr Platz ein.

Von Felix Rehwald und Thomas Geiger

Das Klima der Erde ändert sich - und wenn nicht bald etwas gegen die Ursachen des Wandels unternommen wird, werden die Folgen dramatisch sein. Zu dieser Erkenntnis scheinen nun auch die Autohersteller gelangt zu sein: War die PS-Branche zu Beginn der Klimaschutzdiskussion noch auf die Barrikaden gegangen, gibt sie sich auf dem Genfer Autosalon (8. bis 18. März) einsichtiger. Fast bei jedem Hersteller sind CO2-Emissionen Thema - und die Entwickler präsentieren Ideen, wie sich diese verringern lassen.

Weiter Weg zum Wasserstoff

«Der Schutz der Umwelt ist eine der wichtigsten Aufgaben für uns alle», sagte etwa BMW-Vorstandsvorsitzender Norbert Reithofer zum Auftakt der Messe. «Wir brauchen schnelle und wirksame Lösungen.» Langfristig denkt er zwar an Wasserstoff als Energieträger - bis die Technik marktreif ist, will BMW jedoch mit so genannten Effizienztechnologien zum Klimaschutz beitragen.

Die Idee hinter Komponenten wie verbesserter Direkteinspritzung, Rückgewinnung von Energie beim Bremsen oder Motorabschaltung beim Ampelstopp ist es, die Energie im Auto ökonomischer einzusetzen. BMW will diese Komponenten künftig in allen Modellen serienmäßig einbauen. Den Anfang machen die 1er- und 5er-Baureihe. Obwohl BMW den Verbrauch etwa des 105 kW/143 PS starken 118i gegenüber dem Vorgänger um 19,2 Prozent auf 5,9 Liter verringerte (CO2-Ausstoß: 140 Gramm pro Kilometer, g/km), stieg die Leistung um 16,7 Prozent an.

VW setzt auf «Blue Motion»

Auch Volkswagen zeigt in Genf Neues beim Klimaschutz. Während im Vorjahr der damalige VW-Chef Bernd Pischetsrieder einen sparsamen Polo «Blue Motion» ins Rampenlicht rollen ließ, stellt sein Nachfolger nun den entsprechenden Passat vor. Der 77 kW/105 PS starke Vierzylinder-Turbodiesel verbraucht in der Limousine nur 5,1 Liter (136 g/km). Die sparsamen «Blue Motion»-Polos setzt VW in Genf indes als Messe-Shuttle ein - vor einem Jahr war zu diesem Zweck noch der schwere Phaeton unterwegs.

Bereits 78 VW-Modelle haben laut VW-Chef Martin Winterkorn beim Verbrauch «eine Fünf vor dem Komma». Weitere «Blue Motion»-Modelle sollen folgen. Eigentlich ließe sich auch der neue Golf Variant dazuzählen. Der Kombi hat in Genf Premiere und kommt mit dem kleinsten TDI laut Winterkorn auf 5,2 Liter (138 g/km). Doch diese Bezeichnung will sich VW beim Golf offenbar offen halten. Dort könne man den Verbrauch durchaus unter fünf Liter drücken, so ein Sprecher.

Einfacher Griff ins Regal

Auch VW-Schwester Audi ist mit neuen Spritsparern vertreten. Die «e»-Modelle des A3 und A4 verbrauchen deutlich weniger. Im A3 1.9 TDI e kommt der 77 kW/105 PS starke Selbstzünder auf 4,5 Liter (119 g/km). Der A4 2.0 TFSI e mit 125 kW/170 PS starkem Turbobenziner schafft immerhin 7,1 Liter (168 g/km). Erreicht werden die Einsparungen einem Sprecher zufolge unter anderem mit Änderungen an Getriebe, Aerodynamik und Motorelektronik. Auch Audi will weitere e-Modelle nachlegen. Das sei verhältnismäßig einfach, so der Sprecher: «Wir können dabei ja ins Regal greifen.» Denkbar sei sogar ein A8 mit kleinerem Motor, stufenloser Automatik und Frontantrieb.

Opel sieht eine Lösung im «Downsizing», also der Verkleinerung der Antriebsaggregate, in Kombination mit Effizienzsteigerungen. Auch der Einsatz von Biokraftstoffen wie E85 könne zur Verbesserung der CO2-Bilanz beitragen, sagte ein Sprecher. Ein entsprechend motorisierter Zafira fahre damit gewissermaßen CO2-neutral. Die Technik dafür sei im Konzern vorhanden und bei der Schwester Saab in der 9-3-Reihe auch zu kaufen. Allerdings gebe es in Deutschland noch keine flächendeckende Infrastruktur für den Biosprit. Auch eine Neuauflage der Eco-Modelle bei Opel wollte der Sprecher nicht ausschließen. Allerdings sei es damit nicht getan: «Ich muss dann als Kunde schon bereit sein, auf Ausstattung zu verzichten.»

Französische Dieselkompetenz

Der Mercedes E 320 Bluetec Foto: Werk

Mercedes wiederum setzt auf moderne Diesel-Technologie, die das Unternehmen als «Bluetec» vermarktet. «Unsere Dieselstrategie ist eine Antwort auf die Frage, wie man Kraftstoff und damit CO2 sparen, alle Abgasbestandteile reduzieren und trotzdem Fahrspaß gewährleisten kann», so Vorstandschef Dieter Zetsche. In Genf markiert der erste «Bluetec»-Vierzylinder von Mercedes in einer Studie der C-Klasse den nächsten Schritt. Der 125 kW/170 PS starke Diesel soll sich mit 5,5 Litern begnügen (146 g/km). «In der E-Klasse kommt diese Technologie 2008 nach Europa», sagte Sprecher Christoph Horn und stellte eine Serienfassung des C 220 Bluetec für spätestens 2009 in Aussicht.

«Diesel-Kompetenz» lautet auch das Stichwort bei Peugeot, wo man die sparsamen HDi-Motoren weiter verbessern will. Noch in diesem Jahrzehnt soll es laut Markenvorstand Frédéric Saint-Geours einen marktreifen HDi-Hybridantrieb geben. Eventuell werde der Zeitplan durch die Klimadiskussion beschleunigt, sagte Sprecher Gordian Heindrichs. Noch in diesem Jahr wollen die Franzosen zudem ein Flexfuel-Fahrzeug für E85 bringen. Heindrichs sieht Peugeot beim Klimaschutz in einer günstigen Ausgangslage: Die Marke habe in der EU bei Autos, die weniger als 120 g/km CO2 ausstoßen, einen Marktanteil von 21 Prozent. Mit ein Grund dafür ist allerdings, dass Peugeot vor allem Kleinwagen mit ohnehin geringeren Verbräuchen baut.

Porsche spricht von Bio-Ethanol

Ähnlich ist die Ausgangslage bei Renault, wo für 2008 eine Million Fahrzeuge mit weniger als 140g/km angestrebt werden. Der neue Twingo erfüllt diese Vorgabe bereits: «Der Diesel kommt nur auf 113 g/km und selbst der stärkste Benziner ist bei immerhin 100 PS mit weniger als 140 g/km zufrieden», sagte Pressesprecher Thomas May-Englert.

Aber auch Premium-Hersteller haben keine Berührungsängste mehr vor der einst verpönten Umwelttechnologie in ihren Topmodellen: Porsche spricht öffentlich von Bio-Ethanol, und bei BMW ist es nach Informationen aus Unternehmenskreisen denkbar, dass Effizienztechnik auch in Sportwagen wie etwa dem M3 zum Einsatz kommt.

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