Great Wall Motor bringt mit dem Ora 07 sein zweites Elektroauto nach Deutschland. Im Interview spricht O! Automobile-Geschäftsführer Johannes Brandenburger u.a. über die Bedeutung des neuen Modells und die Herausforderungen, eine neue Marke zu etablieren.
Mit den Marken Wey und Ora hat der chinesische Autobauer Great Wall Motor (GWM) in Europa bislang zwei Marken im Angebot. Nach dem GWM Ora 03 kommt im Sommer mit dem Ora 07 das zweite Elektroauto auf den Markt.
«Der Ora 07 wird der Marke weiteren Schwung verleihen, nachdem wir im März des vergangenen Jahres mit dem Ora 03 unser erstes Modell auf den deutschen Markt gebracht haben und gut gestartet sind», sagte Johannes Brandenburger im Interview mit der Autogazette. Der Manager ist seit Oktober des vergangenen Geschäftsführer der O! Automobile GmbH mit Sitz in Friedberg, die die Modell der chinesischen Marke in Deutschland vertreibt.
Markenbekanntheit weiter steigern
In 2023 konnte GWM von seinen Modellen Wey 03, Wey 05 und Ora 03 europaweit 7632 Fahrzeuge zulassen. Davon entfielen 4642 Modelle auf Deutschland als größten europäischen Einzelmarkt. Mit dieser Performance zeigte sich Brandenburger zufrieden. Allerdings sei eine «nachhaltige Positionierung und Etablierung der Marke GWM» wichtiger als die reinen Verkaufszahlen, merkte der O! Automobile-Chef an.
Mit Blick auf die «kontinuierliche Steigerung der Markenbekanntheit» habe man sich im zurückliegenden Jahr bereits gut aufstellen können. Ein Vorteil mit Blick auf die Steigerung der Markenbekanntheit sieht Brandenburger im Händlernetz. Es gehe nun darum, die Kundinnen und Kunden in die Autos zu bekommen, damit diese sich von der Qualität der Produkte überzeugen können.
«Der GWM Ora 03 wird unser Volumenmodell bleiben»
Autogazette: Nach dem GWM Ora 03 bringen Sie mit dem Ora 07 ab Mitte des Jahres das zweite Elektromodell auf den Markt. Welche Bedeutung kommt dem Modell für den Absatz zu?
Johannes Brandenburger: Wir freuen uns sehr auf dieses Auto. Mit ihm können wir das Modellangebot von GWM Ora im Bereich der vollelektrischen Fahrzeuge weiter diversifizieren. Der Ora 07 wird der Marke weiteren Schwung verleihen, nachdem wir im März des vergangenen Jahres mit dem Ora 03 unser erstes Modell auf den deutschen Markt gebracht haben und gut gestartet sind.
Autogazette: Welche Bedeutung kommt dem GWM Ora 07 für den Absatz zu. Als Fließheck-Limousine ist er doch sehr spitz positioniert?
Brandenburger: Ich gehe davon aus, dass der GWM Ora 03 unser Volumenmodell bleiben wird. Aber der GWM Ora 07 ist – wie gerade schon gesagt – eine weitere Diversifizierung unseres Modellangebots. Mit ihm machen wir den Kundinnen und Kunden ein Angebot, die ein größeres Elektrofahrzeug mit extravagantem Design und einer Premium-Ausstattung suchen,
«Unser Ziel ist kontinuierliches Wachstum»
Autogazette: Und, wie schaut die Erwartung für den Ora 07 in Deutschland aus.
Brandenburger: Ich gehe davon aus, dass wir in diesem ersten Verkaufsjahr etwa 400 Fahrzeuge werden verkaufen können; unser Ziel ist ein kontinuierliches Wachstum auch in den nächsten Jahren.
Autogazette: Im Vorjahr kam GWM in Europa mit den Modellen Ora 03, Wey 03 und Wey 05 gerade einmal auf 7632 Fahrzeuge Zulassungen. Davon entfielen 4642 Modelle auf Deutschland als größten Einzelmarkt. Stellt Sie das zufrieden?
Brandenburger: Wir sind im April des vergangenen Jahres mit dem Ora 03 gestartet – vor diesem Hintergrund sind wir mit der Verkaufsperformance durchaus zufrieden. Wichtiger als die reinen Verkaufszahlen sind uns gerade in den ersten Jahren auch die nachhaltige Positionierung und Etablierung der Marke GWM und die kontiniuerliche Steigerung der Markenbekanntheit – hier konnten wir uns im vergangenen Jahr gut aufstellen und wollen auch kontinuierlich an einer Steigerung arbeiten.
«Größte Herausforderung liegt in der Markenbildung»
Autogazette: Wo liegt darin die größte Herausforderung? In China gehört Great Wall Motor zwar zu einem der großen Player, in Deutschland ist die Marke indes kaum bekannt.
Brandenburger: Die größte Herausforderung liegt in der Tat in der Markenbildung: Wir müssen die Bekanntheit der Marke steigern. Wir müssen den Kunden zum Beispiel vermitteln, was Great Wall Motor überhaupt ist, was sich in hinter der Modelllinie ORA oder WEY verbirgt. Auf diesem Weg haben wir im zurückliegenden Jahr bereits die ersten Schritte recht erfolgreich gesetzt.
Autogazette: Woran machen Sie das fest? Die Absatzzahlen können es ja nicht sein…
Brandenburger: …wir haben Anfang 2023 eine gestützte Markenbekanntheit von 1 bis 2 Prozent gehabt. Ende 2023 waren wir schon bei deutlich über 20 Prozent. Das ist schon ein wichtiger Schritt. Aber klar ist: vor uns liegt noch eine große Wegstrecke. Wir müssen mit unseren Produkten in die Köpfe der Menschen kommen. Vor allem Dingen – und das ist ein wichtiger Aspekt, den wir nicht unterschätzen dürfen: Wir müssen die Kundinnen und Kunden in die Autos bekommen. Erst dann ist das Auto so richtig erlebbar, erst dann können sie sich von der Stärke unserer Produkte überzeugen und wahrnehmen, welche tolle Qualität in den Modellen verbaut ist.
«Wir setzen klar auf unser Händlernetz»
Autogazette: Wie wollen Sie die Menschen in die Autos bekommen?
Brandenburger: Bereits Mitte des vergangenen Jahres haben wir die 24-Stunden-Probefahrt mit einer Online-Kampagne angeboten. In diesem Zusammenhang setzen wir klar auf unser Händlernetz. Es ist unsere große Stärke, dass wir an über 160 Standorten in Deutschland präsent sind. Durch die Aktivitäten unserer Handelspartner können wir deutlich mehr Menschen ansprechen.
Autogazette: Sehen Sie in Ihrem großen Händlernetz einen Wettbewerbsvorteil von GWM?
Brandenburger: Wir sehen das für uns als den besten und sinnvollsten Weg. Für uns zahlt sich das aus. Ohne unsere Handelspartner hätten wir im zurückliegenden Jahr nicht diese Zahl von Zulassungen auf die Straße gebracht. Unsere Handelspartner genießen bei den Kundinnen und Kunden vor Ort großes Vertrauen – und das ist beim Autokauf enorm wichtig.
Autogazette: Nach dem abrupten Ende der Kaufprämie schwächelt die E-Mobilität in Deutschland. Ist das nur eine kurze Schwächephase oder erwarten Sie eine länger andauernde Krise?
Brandenburger: Wir erleben derzeit ohne Frage eine Nachfrageschwäche mit Blick auf die Absatzzahlen, aber der Weg in die Elektromobilität ist gelegt und daran werden wir auch festhalten.
«Die Verbraucher sind derzeit einfach verunsichert»
Autogazette: Worauf führen Sie die Nachfrageschwäche zurück? Insbesondere auf den Wegfall der Kaufprämie?
Brandenburger: Die Verbraucherinnen und Verbraucher sind derzeit einfach sehr verunsichert. Diese Verunsicherung ist auf verschiedene Einflussfaktoren wie den Wegfall der Prämie, aber auch die gesamtwirtschaftliche Situation zurückzuführen.
Autogazette: Wie stehen Sie zur derzeit geführten Diskussion um eFuels?
Brandenburger: Wir konzentrieren uns bei GWM Ora auf die Elektromobilität und bei GWM Wey auf reichweitenstarke Plug-in-Hybrid-Technologie. Mit einer Reichweite von 158 Kilometern kann man nicht von einem klassischen Plug-in-Hybrid sprechen. Mit dem Wey 03 und Wey 05 kann ich große Teile des Alltags und dabei auch längere Strecken rein elektrisch zurücklegen.
«Mit Wey 05 und Wey 03 haben wir Wettbewerbsvorteil»
Autogazette: Auch Plug-in-Hybride hatten einen Einbruch bei den Zulassungszahlen hinnehmen müssen, nun ziehen die Verkäufe wieder an. Warum ist die Technologie – die nach wie vor als Brückentechnologie gilt – für Sie so wichtig?
Brandenburger: Weil wir mit Wey 05 und Wey 03 im Gegensatz zu unseren Mitbewerbern einen deutlichen Wettbewerbsvorteil haben – hier verweise ich auf die große elektrische Reichweite und die Sicherheitsniveaus, die neue Standards setzen. Sie führt dazu, dass die Kundinnen und Kunden die Vorteile dieser Technologie auch voll ausspielen können, die Fahrzeuge also auch weitestgehend elektrisch nutzen. Schaut man sich den europäischen Markt bei den Plug-in-Hybriden an, dann sind die Zulassungen im Vergleich zu Deutschland gar nicht mal gefallen.
Autogazette: Spricht man mit Blick auf die E-Mobilität derzeit zu sehr über den hohen Preis für Elektroautos und zu wenig über attraktive Leasingangebote?
Brandenburger: In der derzeitigen Situation ist Leasing für den Verbraucher enorm wichtig. Er kann ohne Risiko eine neue Technologie ausprobieren, aber auch eine neue Marke kennenlernen. Deshalb nutzen wir das Instrument des Leasings auch sehr stark. Mit unserer Partner-Bank, der Santander Consumer Bank, können wir unseren Kunden attraktive Leasingraten anbieten. Den Ora 03 bieten wir beispielsweise mit einer Leasingrate von 149 Euro, einem einmaligen Angebot auf dem Markt.
«Wenn das Auto steht, lädt es»
Autogazette: Sie bieten den Ora 07 auch als Allradler an. Mit welcher Verteilung rechnen Sie?
Brandenburger: Die Stimmen aus dem Handel sind zwar derzeit noch sehr unterschiedlich, doch ich gehe davon aus, dass die Verteilung 50:50 zwischen Front- und Allrad ausfallen wird.
Autogazette: Die Ladeleistung des Ora 07 liegt bei gerade einmal 95 kW. Zeitgemäß ist das nicht gerade…
Brandenburger: Die Nutzung der Elektromobilität unterscheidet sich deutlich von der von klassischen Verbrennern. Es geht mehr darum, die Lademöglichkeiten zu nutzen, die sich zum Beispiel beim Einkaufen oder zu Hause ergeben – es gilt das Prinzip: wenn das Auto steht, lädt es. Das ist auch die Nutzung, die wir von den meisten unserer Kunden zurückgespielt bekommen. Aber klar: die Ladeleistung wird sich bei zukünftigen Modellen deutlich erhöhen; hierzu sind wir bereits in Kontakt mit dem Hersteller.
Autogazette: Der Preis für den Ora 07 wurde noch nicht kommuniziert. Wo wird er in etwas liegen?
Brandenburger: Lassen Sie sich überraschen: der Preis wird sehr attraktiv sein und im Wettbewerbsumfeld sehr gut positioniert sein.
Das Interview mit Johannes Brandenburger führte Frank Mertens