Die Autoindustrie lehnt ein Verbot des Verbrennungsmotors ab dem Jahr 2030 ab. Doch wer die Dekarbonisierung wolle, müsse jetzt Maßnahmen ergreifen, sagte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter.
Von Frank Mertens
Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter hat am Mittwoch die Forderung nach einem Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor ab dem Jahr 2030 erneuert. "Wer bis zum Jahr 2050 zu einer Dekarbonisierung kommen will, der muss jetzt entsprechende Maßnahmen ergreifen", sagte Hofreiter bei der Veranstaltung "Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor" seiner Partei in Berlin.
Wie der Grünen-Politiker sagte, gehe es bei der Forderung nicht nur um den Klimaschutz, sondern angesichts der hohen Feinstaubbelastung in den Innenstädten auch um den Gesundheitsschutz der Menschen. "Bereits heute gibt es hohe Gesundheitsschäden in der Stadt." Zugleich gehe es auch um die Arbeitsplätze in der Autoindustrie. So müssten die erforderlichen Technologien in Deutschland entwickelt werden und auch die entsprechenden Produkte von deutschen Herstellern angeboten werden. "Es gibt eine Vielzahl von industriepolitischen Gründen, weshalb sich jetzt etwas tun muss."
Verbot des Verbrenners keine gute Idee
Für Kay Lindemann vom Verband der Automobilindustrie (VDA) ist es "keine kluge Idee, den Verbrennungsmotor zu verbieten". So wisse man in 15 bis 20 Jahren nicht, was der richtige Antrieb sei. Deshalb biete die Branche auch eine Vielzahl von Antrieben an. Dass die Autoindustrie ausreichende Anstrengungen mit Blick auf die Mobilitätswende unternehme, zeigen die Forschungsaufwände von jährlich 30 Milliarden Euro. So viel Geld würde in keiner anderen Branche ausgegeben.
Lindemann verwies zudem darauf, dass die deutschen Hersteller bereits heute 30 elektrifizierte Modelle anbieten würden. Da die Autoindustrie sich im internationalen Wettbewerb befinde, würden nationale Alleingänge keinen Sinn machen. Natürlich sei man für die Elektromobilität. "Es geht nicht um das Ob, sondern das Wie. Doch wir müssen uns alle Technologiepfade offen halten", so Lindemann. Wie der VDA-Manager sagte, sei die Technologie des Diesels bereits so, dass er in der Lage ist, bereits heute die strengen NOx-Werte einzuhalten. "Umweltpolitik ja, aber keine grüne Industriepolitik."
Verbot des fossilen Verbrennungsmotors
Wie Hofreiter sagte, wüßten natürlich auch die Grünen nicht, was in 15 bis 20 Jahren der richtige Antrieb sei. Deshalb spricht man sich ja auch nicht für ein generelles Verbot des Verbrennungsmotors aus, sondern für ein Verbot des fossilen Verbrennungsmotors. Schließlich gebe es auch synthetische Kraftstoffe, sagte Hofreiter mit Blick auf einen entsprechenden Antrag, den die Grünen auf ihrem Parteitag am Wochenende in Münster einbringen werden. Lindemann begrüßte diese Konkretisierung zwar, lehnte das Zieldatum aber weiter ab.
Für Nicola Brüning von BMW sei ein Ausstieg aus dem Verbrenner bis zum Jahr 2030 nicht umsetzbar. Derzeit müsse festgestellt werden, dass die Akzeptanz der Elektromobilität noch nicht so ausgeprägt sei wie in anderen Ländern. Dennoch werde BMW in allen Segmenten nach und nach Elektroautos und Plug-in-Hybride anbieten. Wie Brüning sagte, sei BMW ein Unternehmen, dass früh die Signale der Elektromobilität erkannt habe. So hätte man nicht nur vor sieben Jahren einen E-Mini als Testfahrzeug auf die Straße gebracht, sondern habe neben einer Vielzahl von Plug-in-Hybriden auch einen BMW i3 im Angebot.
Der Wissenschaftler Stephan Rammler vom Institut für Transformation stellte die rhetorische Frage, ob man die Transformation erdulden oder sie gestalten wolle? Man müsse die automotive Disruption gestalten, beantwortete Rammler seine Frage selbst. Deshalb benötige man auch eine mutige Politik, sonst würde es gefährlich. Deshalb sprach sich Rammler auch für Vorgaben für die Industrie aus. "Technologiesprünge müssen manchmal auch verordnet werden." Zugleich müsse man auch die Bigotterie der Kunden sehen. So würden beim Neuwagenkauf weiter besonders leistungsstarke Fahrzeuge gekauft und trotz des Abgasskandals stehen Dieselfahrzeuge bei den Käufern nach wie vor hoch im Kurs.