Peugeot verleiht nach einer erfolgreichen Testphase in Paris nun auch ab sofort in Berlin Autos, Fahrräder und Zubehör. Als klassischen Vermieter sehen sich die Franzosen aber nicht.
Von Thomas Flehmer
Der Elektrogipfel Anfang Mai sollte die Bürger auf die Zukunft der Elektromobilität einschwören. Die als «Mega-Inszenierung ohne Substanz» kritisierte Veranstaltung hatte unterm Strich aber kaum etwas Zählbares zu bieten. Während eine gute Woche später das Treffen im Kanzleramt auch schon aus den Köpfen der meisten verschwunden ist, hat für Peugeot die «elektrische Zukunft schon angefangen», wie Deutschland-Geschäftsführer Thomas Bauch in Berlin sagte, «wir sind der erste Hertseller, der serienmäßig ein Elektroauto Ende des Jahres auf den Markt bringt und wir sind der erste Hersteller mit einem Mobilitätskonzept», das in Berlin nun gestartet wurde.
Vier Standorte
An vier Standorten in Lichtenberg, Wilmersdorf (gleich zweimal) und Schöneberg können sich Interessierte – man muss nicht Peugeot-Kunde sein - neben PKW auch leichte Nutzfahrzeuge, Scooter, Fahrräder und Elektrofahrräder und Zubehör beim jeweiligen Peugeot-Händler ausleihen. Beim Konzept Mu – sprich: Mü (angelehnt an den griechischen Buchstaben für Bewegung) – können sich Interessierte im Internet registrieren und ähnlich wie im Prepaid-Verfahren ihre Mobilitätskarte mit Punkten aufladen, mit denen dann das Auto oder Fahrrad oder ein Scooter gemietet werden kann. Ab Ende des Jahres steht dann auch das Elektrofahrzeug iOn zur Verfügung. «Damit reagieren wir auf die neuen Mobilitätsbedürfnisse», sagt Bauch und verweist auf die bisher erfolgreich angelaufene Testphase in Paris.
In der französischen Hauptstadt fiel der Startschuss bereits am 8. Januar 2010 – ebenfalls in vier Fillialen, Nantes, Brest, Lyon und Rennes folgten. Dort hatten sich in den ersten zwei Monaten 1000 Kunden registriert. Mittlerweile gibt es «100.000 Anfragen sowie 1200 Mietverträge und eine starke Steigerung im April», sagt Nadège Faul von Automobiles Peugeot und verantwortlich für den Bereich Mobilitäts-Services.
Drei Kategorien von Kunden
Dabei haben sich in den ersten ersten Wochen drei Kategorien von Kunden herauskristallisiert. Kunden mit Freude am Fahren. Kunden, die ein Auto nur für bestimmte Zwecke benutzen sowie Kunden, die unbedingt ein Auto benötigen. Drei Viertel aller Mieter nahmen sich ein Luxusauto, 15 Prozent benötigten Zubehör, die restlichen zehn Prozent nahmen mit einem leichten Nutzfahrzeug Vorlieb. Ab dieser Woche steht dann auch der sportliche Zweisitzer RCZ zur Verfügung, von dem sich Peugeot eine Menge Ausleihzeit – besonders für Wochenendfahrten – verspricht.
Während in Paris über 300 Fahrzeuge zur Verfügung stehen, beginnt Peugeot in Berlin vorsichtig. «Wir haben zunächst 43 PKW und leichte Nutzfahrzeuge im Programm, sowie acht Fahrräder, zwei Elektrofahrräder und sechs Scooter», sagt Oliver Kurtz, Projektverantwortlicher Mu in Deutschland. So kostet ein Tag Elektrofahrrad zehn Euro oder 50 Mu-Punkte, ein Tag mit einem 308 65 Euro. Registrierte Nutzer haben zudem den Vorteil, einen Rabatt zu erhalten. Vollkasko- und Haftpflichtversicherung sind im Preis enthalten, die Kilometerzahl ist unbeschränkt, «der Wagen muss nur ordnungsgemäß und vollgetankt wieder abgegeben werden», so Kurtz.
Karte aufladen bei Mobilitätspartnern
Mit der kleinen Flotte wollen die Verantwortlichen erst einmal den Markt sondieren und schauen, welche Angebote angenommen werden. Auch richtet sich das Angebot zunächst ausschließlich an private Nutzer, allerdings mit dem Ziel, «baldmöglichst das Konzept auf gewerbliche Kunden und Flottenkunden auszuweiten», so Kurtz. Ab dem zweiten Halbjahr sollen dann auch so genannte Mobilitätspartner ins Boot geholt werden, bei denen man auch unter anderen - ähnlich wie beim Miles and More-Programm der Lufthansa - die Mu-Karte aufladen kann. Peugeot-Kunden werden dann wohl auch bei Service-Arbeiten am eigenen Auto Punkte erhalten.
Als reinen Autovermieter sieht sich Peugeot dabei ebensowenig wie als Konkurrent der schnell wachsenden Carsharing-Unternehmen. «Mu ist kein Vermietangebot im klassischen Sinn, weil kein Autovermieter so viele verschiedene Angebote vom PKW bis zum Zubehör macht», sagt Bauch, «zudem sind wir keine Konkurrenz für das Carsharing, da unser Angebot eher Wohnort-bezogen ist.»
Neue Form der Kundenbindung
Noch – müsste Bauch hinzufügen. Denn Gedanken an weitere Standorte in deutschen Großstädten sind schon gediehen und werden bestimmt bald umgesetzt werden. Denn neben dem recht überzeugend klingenden Konzept der neuen Zukunft der Mobilität geht es Peugeot auch um Kundenbindung. Denn die Autos und Zubehörteile müssen beim Peugeot-Händler abgeholt und wieder zurückgebracht werden. So betritt möglicherweise auch eine Vielzahl von Nicht-Kunden den Schauraum des französischen Herstellers - und soll natürlich gebunden werde.
Und natürlich steht auch ein anderer Aspekt im Vordergrund, den Thomas Bauch auch klar ausdrückt: «Man kann damit Geld verdienen.» Das haben die Teilnehmer des Elektrogipfels bereits auch verinnerlicht, Peugeot scheint aber schon einen Schritt weiter zu sein.