Lamborghini Miura: Der Stier im Nacken

Lamborghini ist bekannt für seine begeisternden Sportwagen. Doch ein Oldtimer läuft selbst Neuheiten wie dem Gallardo den Rang ab. Es ist der 40 Jahre alte Miura.

Von Heiko Haupt

Lamborghini Gallardo, Lamborghini Murciélago? Tolle Traumautos unserer Zeit. Doch es gibt ein Auto der italienischen Sportwagenmarke, das alle modernen Nachfolger in den Schatten stellt - und das, obwohl seit seiner Präsentation schon 40 Jahre vergangen sind: Der Miura war der Traumwagen einer Generation.

Die ganz große Nummer

Er war zu seiner Zeit das Auto, das fast jeder haben wollte. Kinder schoben ihn mit verklärten Augen als Spielzeug über den Teppich, im Autoquartett war er eine ganz große Nummer - und so mancher Familienvater träumte am Lenkrad seines Opel Rekord davon, einmal diesen italienischen Traumwagen fahren zu dürfen.

Als der Miura seine offizielle Premiere auf dem Automobilsalon in Genf im Jahr 1966 erlebte, war der Name Lamborghini noch ziemlich frisch und weitgehend unbekannt. Gegründet worden war das Unternehmen erst im Jahr 1963. Mit dem Miura schaffte es Lamborghini vom Prestige her auf eine Stufe mit Ferrari. Wie bei fast allen folgenden Lamborghini-Modellen geht der Name des Sportwagens auf eine Kampfstierzucht zurück - in diesem Fall die des Eduardo Miura.

Motor hinter den Sitzen

Der Zwölfzylinder im Lamborghini Miura Foto: Werk

Doch den Stier trug der Miura nicht nur im Namen - er saß dem Fahrer sprichwörtlich im Nacken. Statt einfach den Motor wie gewohnt an Front oder Heck zu installieren, packte Lamborghini den mächtigen Zwölfzylinder im Grunde direkt hinter die Sitze, und das auch noch quer. Eine solche Anordnung kannte man bis dahin nur im Rennsport.

Dieses Grundkonzept hatte Lamborghini als Rohbau schon 1965 vorgestellt. Doch erst 1966 konnte man das Auto mit Karosserie bewundern: Die Scheinwerfer mit den «Wimpern» machten den Miura unverwechselbar. Auch technisch war der Miura der Sportwagen schlechthin: Der Zwölfzylindermotor schöpfte aus vier Litern Hubraum anfangs 350 PS. Mit bis zu 274 Stundenkilometern war der Miura der schnellste Straßensportwagen seiner Zeit.

Mehr Kraft

Lamborghini beließ es jedoch nicht bei dieser ersten Generation mit der offiziellen Bezeichnung Miura P400. Vielmehr folgte 1970 der P400S. Die Techniker hatten dem Motor zusätzliche Kraft entlocken können, so dass man nun eine Leistung von 370 PS angeben konnte. 1971 erreichte der Serien-Miura seinen kräftemäßigen Zenit: Im Miura SV brachte der Motor es sogar auf 385 PS, die Tempo-300-Marke bei der Höchstgeschwindigkeit wurde mit dieser Version nur knapp verfehlt.

Doch auch bei einem derart faszinierenden Sportwagen muss der Käufer mit dem einen oder anderen Problem zurecht kommen. Für Miura-Fahrer war es unter anderem ratsam, guten Kontakt zu einem Ohrenarzt zu pflegen. Denn der bärenstarke Zwölfzylinder hinter den Sitzen produziert seine Leistung nicht gerade im Flüsterton.

Schrecksekunde inklusive

Schnittig - die Seitenlinie des Lambo Foto: Werk

Dann war da noch eine Sache, über die viel getuschelt wurde: das Fahrverhalten. Zwar ließ sich der Miura ausgesprochen flott bewegen. Doch die Karosserieform soll auch mitverantwortlich für die eine oder andere Schrecksekunde gewesen sein. Dem Miura wurde nachgesagt, dass er bei höheren Geschwindigkeiten durch geringen Anpressdruck «leicht auf der Vorderachse» wurde. Bei Tempo 250 sollen Testfahrer ein leichtes Abheben des Vorderteils festgestellt haben. Mit Überarbeitungen bekam man dieses Problem aber in den Griff.

Die Interessenten des Traumautos scherten sich ohnehin kaum um derartige Dinge. Der Miura verkaufte sich gemessen an den Maßstäben eines Kleinserienobjekts sehr gut. Vom P400 wurden etwa 475 Stück gebaut, die Abwandlungen S und SV kamen auf 140 und 150 Stück.

Der Sportwagen war der Traum unzähliger Kinder und Erwachsener. Auch das Produktionsende 1973 und der Aufsehen erregende Nachfolger Countach änderten daran wenig. So manches Kind von damals schaut noch heute auf den Spielzeug-Miura aus den Sechzigern, der liebevoll gepflegt die Jahrzehnte überdauert hat. (dpa)

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