Fliegende Autos: Ende der Verkehrsprobleme

Warten auf den Durchbruch

Fliegende Autos: Ende der Verkehrsprobleme
Der Traum vom fliegenden Auto - der Volantor. © SP-X/Bessinger

Die Zahl der Autos auf den Straßen wächst und wächst? Wie kann man den Verkehrsinfarkt vermeiden? Eine Möglichkeit sind fliegende Autos. Doch noch ist das nur eine Vision, doch vielerorts wird daran geforscht.

Von Benjamin Bessinger

Wer wird denn gleich in die Luft gehen. Und das alles nur, weil mal wieder der Highway verstopft ist und der Weg ins Büro ein paar Stunden länger dauert? Jemand wie Paul Moller zum Beispiel. Zumindest ist dies das erklärte Ziel des amerikanischen Wissenschaftlers. Denn schon seit mittlerweile 50 Jahren forscht er in Davis vor den Toren der kalifornischen Hauptstadt Sacramento am Flugauto, mit dem man den Stau ein Schnippchen schlagen und alle Verkehrsprobleme in einem Rutsch lösen könnte.

Traum vom Senkrechtstarter

Zwar gibt es mittlerweile tatsächlich schon Fahrzeuge, die sich auf der Straße und in der Luft bewegen können, und die ersten haben sogar ein paar Zulassungshürden genommen. „Doch sind das alles Flugzeuge, die nur ihre Flügel einklappen und dann auf Autorädern dahin rollen können“, unkt der Visionär. „Zum Starten brauchen sie noch immer eine Art Runway“. Er dagegen träumt buchstäblich von einem Senkrechtstarter. Seine Vision heißt „Volantor“. Das steht für ein Fahrzeug, das senkrecht starten und landen kann („vertical take of and landing“) und damit praktischer ist als ein Hubschrauber, wendiger als ein Flugzeug und schneller als ein Auto. Raus aus dem Wohngebiet, ein paar Knöpfe drücken, und schon hebt das Skycar ab, phantasiert Moller.

Dann fliegt es computergesteuert auf virtuellen Highways, während unten auf der Erde Ruhe herrscht, keine Abgase mehr stinken und Fußgänger die Straße zurückerobern. Staus kann man dann getrost vergessen, der Weg zum Büro wird endlich wieder kalkulierbar, Umwege gehören der Vergangenheit an und Entfernungen berechnet man tatsächlich nach der Luftlinie.

Skizzen von der Zukunft

Paul Moller forscht an fliegenden Autos
Paul Moller forscht am Flugauto SP-X/Bessinger

Im Kopf von Mr. Moller ist diese schöne neue Welt schon fertig. Und an den Wänden seiner Werkstatt, einem schmucklosen Zweckbau in einem abgelegenen Industriegebiet, der dringend mal restauriert oder zumindest man gereinigt gehört, hängen dazu hunderte von Skizzen. Sogar ein paar Modelle hat er schon gebaut, und Designstudien in Originalgröße stauben auch vor sich hin.

Bei seiner Arbeit denkt er in zwei Richtungen: Ein Vehikel sieht tatsächlich aus wie eine fliegende Untertasse, ist kreisrund, hat eine Haube wie eine Käseglocke und soll schon bald wie ein modernes Hoovercraft als futuristisches Shuttle in drei Metern Höhe über den privaten Weltraumbahnhof Spaceport America schweben. Und das andere ist eine dunkelrote Luft-Limousine, die tatsächlich aussieht wie eine Mischung aus Bus und Boeing. Bis zu acht Motoren mit jeweils 110 PS sollen dieses Skycar in die Lüfte heben. Am Boden nur 50 km/h schnell, kann es am Himmel auf über 500 Sachen beschleunigen und mit einer Tankfüllung 1.000 Kilometer weit fliegen, träumt Moller. „Anders als hier unten auf unseren Highways ist am Himmel ja reichlich Platz.“

Seine Flugwagen sehen aus, als wären sie Comicfilmen wie etwa den „Jetsons“ entsprungen. Doch natürlich hat Moller eine andere Geschichte parat: „Den Traum vom Fliegen habe ich seit dem fünften Lebensjahr“, sagt der Visionär und denkt zurück an seine Kindheit auf einer kanadischen Hühnerfarm. Von dort war der Weg zur Schule nicht nur weit, sondern vor allem im Winter so beschwerlich und gefährlich, dass er sich schon damals Flügel gewünscht hat. Und irgendwie ist dieser Wunsch nie kleiner geworden.

100 Millionen Investitionen

Im Gegenteil: Moller, mittlerweile weit über 70 Jahre alt, hat es an der University of California bis zum Professor für Aeronautik und Mechanik gebracht und schon mehr als 50 Jahre an der Idee festgehalten. Über 100 Millionen Dollar hat er angeblich schon investiert, tausende von Zeichnungen gemacht, hunderte von Modellen gebaut. Er hat einen eigenen Windkanal errichtet und für ein halbes Dutzend Mitarbeiter tatsächlich alle Maschinen gekauft, die man für eine Kleinserienproduktion bräuchte. Doch für viel mehr als ein paar Designstudien und Prototypen hat es bislang nicht gereicht.

Das fliegende Auto Volantor
Noch Vision - ein Flugauto SP-X/Bessinger

Und auch mit dem Jungfernflug ist das so eine Sache: Der war zwar schon vor über zehn Jahren. Doch weil sich niemand in das Ding getraut hat, ist das Skycar unbemannt und ferngesteuert abgehoben. Und so richtig weit gekommen ist der Senkrechtstarter auch nicht: Zwei, drei Meter über den Boden hat es der Zweisitzer geschafft und wurde dabei sicherheitshalber von einem Kran gehalten. Seitdem hat Moller zwar noch einmal die Motoren ausgetauscht und auf Wankeltechnik umgerüstet. Doch viel mehr ist bislang nicht passiert. Deshalb erinnert das Innenleben des Skycars auch eher an eine Science-Fiction-Serie aus den Achtzigern als an visionäres Vehikel für morgen. Jeder Kleinwagen sieht moderner aus.

Warten auf den Durchbruch

Geld verdienen will Moller mit seiner Idee sowieso nicht. Wie so viele Visionäre hat er höheres im Sinn: „Mit ging es nie ums große Geld, sondern immer nur um meinen Traum“, sagt er und rückt fürs Foto noch einmal seinen fadenscheinigen Anzug zurecht. Denn nachdem er auch den letzten Dollar in diesen Traum gesteckt hat, sieht seine Garderobe mittlerweile genauso abgelebt aus wie sein Entwicklungszentrum.

Davon lässt sich Moller allerdings nicht beirren. Gut Ding will Weile haben, sagt er und ist felsenfest davon überzeugt, dass sein Traum vom Fliegen noch in Erfüllung geht. Deshalb gibt es auch diesmal wieder dieselbe Standardantwort, die er auf die Frage nach dem Produktionsstart immer parat hat. „Bald, schon sehr bald schaffen wir den Durchbruch“. Selbst wenn er darauf jetzt schon seit über 50 Jahren wartet. (SP-X)

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Frank Mertens
Nach dem Studium hat er in einer Nachrichtenagentur volontiert. Danach war er Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche.

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