Die Neuauflage des Fiat 500 hat vor gut einem Jahrzehnt die Autowelt im Sturm erobert. Retro-Chic und allgemeine Knuffigkeit trösteten charmant über hohe Preise und diverse Praxis-Schwächen hinweg. Funktioniert das auch noch bei gebrauchten Exemplaren?
Zwei Türen hat der Fiat immer, vier Sitze sind zumindest in den gängigen Varianten an Bord. Bei der Karosseriewahl bleibt daher die Frage: Coupé oder Cabrio? Wobei letztere Bezeichnung ein wenig übertrieben ist, bietet der 500C doch eher ein vergrößertes Stoff-Rolldach.
Dachholme und Dachsäulen bleiben auch bei offener Fahrt stehen. Trotzdem macht das Cabrio mehr Spaß und passt zudem besonders gut zum Lifestyle-Charakter des kleinen Fiat.
Winziger Kofferraum im Fiat 500
Dass der Italiener nicht in erster Linie ein praktisches Auto ist, merkt man auch am kleinen bis winzigen (Cabrio) Kofferraum, dem engen Fond und der für ein Stadtauto miesen Übersichtlichkeit. Entschädigt wird man dafür mit zeitlosem Karosseriedesign und einem passend detailverliebt gestalteten Innenraum. Der zudem noch mit guter Bedienbarkeit aufwartet.
Revier des 500ers ist die Stadt, entsprechend schmalbrüstig sind die meisten Triebwerke. Wer die City gar nicht verlässt, ist aber auch bereits mit dem 51 kW/69 PS starken 1,2-Liter-Benziner ausreichend bedient. Da es sich um einen Vierzylinder handelt, ist das Geräuschniveau auch im Cabrio akzeptabel. Wer höhere Leistungsansprüche stellt, findet sie beim 1,4-Liter-Benzinern mit 74 kW/100 PS. Seit 2010 ist zudem ein 0,9-Liter-Zweizylinderturbo mit innovativem elektrohydraulischen Ventiltrieb im Programm, den es mit 63 kW/85 PS und 77 kW/105 PS sowie als Erdgasmotor gibt.
Motoren fehlt Laufkultur
Den Mini-Motoren fehlt es allerdings an Elastizität und Laufkultur, während die mögliche Ersparnis an der Zapfsäule kleinwagentypisch gering ausfällt. Außerdem gibt es die leistungsgesteigerten Abarth-Varianten mit bis zu 140 kW/190 PS für den rasanten Ampelstart, die aber mehr niedliche Sammlerstücke als echte Sportwagen sind, sowie zwei 1,3-Liter-Diesel mit bis zu 70 kW/95 PS, die sich aber finanziell kaum rentieren. Zu guter Letzt gibt es sogar diverse Elektrovarianten, die in der Regel aber von Umrüstern gebaut wurden. Die offizielle Fiat-Variante 500e gab es als Neuwagen lediglich in den USA, ist mittlerweile aber auch auf dem deutschen Gebrauchtwagenmarkt gelandet.
Als Lifestyle-Mobil bringt der Fiat immer eine recht ordentliche Ausstattung mit; immer an Bord sind bei deutschen Modellen unter anderem sieben Airbags – in dieser Klasse eher ungewöhnlich. KIeiner Schönheitsfehler: Der Schleuderschutz ESP ist nicht in allen Varianten an Bord. Neben den unterschiedlichen Ausstattungsversionen gab es über die Jahre auch eine unübersichtliche Flut an Sondermodellen, die in der Regel mit besonderen Lackierungen oder Zierteilen aufwarteten.
Schlechte HU-Bilanz
So toll der Fiat aussieht, so schlecht fällt seine HU-Bilanz aus. „Außen hui, innen pfiu“, überschreibt der TÜV die Mängelstatistik für den Kleinstwagen. Kaum ein Prüfpunkt macht keine Probleme: Das Fahrwerk ist selbst für den Stadtbetrieb zu schwach ausgelegt, Bremsen und Abgasanlage leiden unter dem Kurzstreckenverkehr und der Motor verliert zu viel Öl. Schon nach sechs bis sieben Jahren fällt jedes fünfte Auto durch die Prüfung, zwei Jahre später ist es schon jedes vierte. Lediglich Rost an tragenden Teilen tritt kaum auf; dafür gammeln allerdings Auspufftopf und Türkanten weit vor ihrer Zeit.
Der Fiat 500 ist ein Blender. Während sein sympathischer Auftritt beim Neuwagen noch über die ein oder andere Schwäche hinwegsehen lässt, kann er als Gebrauchter zum Groschengrab werden. Wer sich in den kleinen Italiener verliebt hat, wird wohl auch das akzeptieren, sollte dann aber ein gepflegtes und gleichzeitig günstiges Modell wählen und ein paar Euro für Reparaturen zur Seite legen. Weil es genug Fans gibt, liegen die Preise immer noch relativ hoch: Für einen 500er aus Vorbesitz werden mindestens knapp 4.000 Euro fällig, das Cabrio ist rund 1.500 Euro teurer. (SP-X)