Bei Ferrari gibt es noch kein Elektro-Modell. Das lässt noch bis 2026 auf sich warten. Die Fabrik dafür gibt es aber schon.
An jeder beliebigen Straßenecke im Dreieck um Bologna, Maranello und Modena, bestehen gute Chancen, dass irgendwann ein Supersportwagen vorbeiröhrt. In der Heimat von Ferrari, Lamborghini und Pagani ist die V12-Dichte noch hoch und je lauter der Sound, desto begeisterter die Passanten.
Doch selbst in der Keimzelle der italienischen Hochleistungs-Motoren ist die Elektromobilität angekommen. Ferrari eröffnete direkt neben den aktuellen Produktionshallen die 200 Millionen Euro teure E-Factory. Das „E“ im Namen bedeutet allerdings nicht, dass dort nur Elektroautos gebaut werden sollen. Vielmehr stehe es für Environment und Energy, sagte Ferraris CEO Benedetto Vigna bei der Eröffnung.
CO2-Fußabdruck verringern
Denn auch Ferrari will seinen CO2-Fußabdruck verkleinern. Und so trimmte Stararchitekt Mario Cucinella das Gebäude auf Nachhaltigkeit. 3.000 Solarpaneelen liefern 1,3 MW Strom, Regenwasser wird recycelt und die Architektur mit großen Fenstern lässt viel Licht in die Hallen.
Beim Gang durch die zweistöckige Produktion zeigt sich: Die E-Factory sieht überhaupt nicht aus wie eine übliche Autofabrik. Zwischen den Arbeitsplätzen klaffen große Lücken, alles wirkt überaus luftig. Statt Versorgungswagen, die automatisiert durch die Hallen sausen, fahren Arbeiter die Kisten mit Gabelstaplern dorthin, wo sie gerade gebraucht werden. Es herrscht kein Lärm und keine Hektik. Selbst das Band, das die halbfertigen Karossen durch die Hallen schiebt, scheint etwas langsamer zu laufen. Es gibt weniger Montageroboter, dafür mehr Menschen, die schrauben. „Auch in der E-Factory setzen wir auf ein hohes Maß präziser Handarbeit“, erklärt Vigna.
Aktuelle Baureihen sind ausverkauft
36.500 Ferraris rollen jährlich aus den Werkshallen. Wer einen ordern will, muss allerdings auf das nächste neue Modell warten. Die aktuellen Baureihen sind ausverkauft. Mit dem neuen Gebäude wächst die Produktionsfläche zwar um 46.000 Quadratmeter, mehr Autos werden deshalb aber nicht gebaut. „Für uns steht Qualität immer vor Quantität“, verspricht Vigna. Die neuen Hallen sollen die Produktion aber flexibler machen, um besser auf die gestiegenen Wünsche der Kunden nach individuellen Ausstattungen einzugehen.
Momentan haben die Italiener vier Plattformen mit V12-, V8- und V6-Motoren sowie Hybriden im Portfolio, die ab Juni alle auch in der neuen Fabrik zusammengeschraubt werden. Anfang 2026 soll dort zusätzlich der erste elektrische Ferrari vom Band rollen. Leistung, Batteriegröße, Reichweite? Darüber schweigt man sich in Maranello aus. Nur soviel will Abate verraten: Alle für die Elektromobilität nötigen Komponenten sollen künftig vor Ort entstehen, sodass Ferrari neue Modelle schneller auf den Markt bringen kann.
Hören auf die Kunden
Fragt sich nur: Wir dringend wartet die Autowelt auf den elektrischen Ferrari? „Mir haben potenzielle Kunden klar gesagt: ‚Ich werde erst dann ein Ferraristi, wenn Ihr das erste E-Auto baut“, sagt der CEO. „Das nehmen wir ernst.“
Gleich um die Ecke in Sant’Agata Bolognese ist man da noch etwas zurückhaltender. Zwar hat auch Lamborghini eine Elektrostrategie und mit dem über 1.000 PS starken Revuelto bereits einen Plug-in-Hybriden im Programm. Doch mit der jüngsten, europaweit aufflammenden Elektroskepsis scheint die Euphorie etwas gedämpft, einen vollelektrischen Lamborghini zu entwickeln. Sollte der 2+2-Sitzer Lanzador aber doch wie angekündigt 2028 vom Stapel laufen, könnte es auf den Straßen rund um Bologna tatsächlich einen Tick leiser werden.