Die chinesische Marke XPeng will ab August mit einem SUV-Coupé deutsche Kunden einfangen. Merkmale des Elektro-Fünftürers: Gediegene Qualitäts-Anmutung und All-Inklusive-Preise.
Auch wenn mancher beim Namen des Herstellers an Feuerwerkskörper denken könnte, sein neuestes Produkt mit der Bezeichnung G6 ist äußerst erdgebunden: Das stromgetriebene SUV tritt unter anderem gegen Teslas Modell Y an, das in Grünheide bei Berlin gebaut wird dessen Einstiegspreis jüngst um rund 13 Prozent gesenkt wurde. Mittelfristig soll der G6 etwa drei Prozent Marktanteil in seinem Segment erreichen.
Damit der China-Böller hierzulande entsprechend einschlägt und nicht zum Rohrkrepierer wird, setzt das Unternehmen auf das klassische Vertriebsmodell durch Händler. Und es setzt auf Fachkräfte, die den Markt kennen: Geschäftsführer in Deutschland ist Markus Schrick, der auch schon bei Toyota und Hyundai in dieser Position war.
Bis Jahresende 40 Händler
Bis Jahresende soll ein Netz von 40 Vertretungen aufgebaut sein. „Wir wollen“, sagt Schrick, „von der Qualität und der Erfahrung unserer Partner profitieren“. Online-Verkauf ist nicht vorgesehen. Gefertigt wird der G6 in China, Einfallstore in den europäischen Markt waren Norwegen und die Niederlande, wo bekanntermaßen die Akzeptanz von Elektro-Pkw längst viel größer ist als zwischen Flensburg und Garmisch.
An das Potenzial von XPeng glaubt man auch in Wolfsburg. Der VW-Konzern hat sich mit fünf Prozent an dem chinesischen Newcomer beteiligt. Erst 2014 wurde XPeng gegründet, hat bisher ein großes SUV (G9) und eine Limousine (P7) auf den Markt gebracht. Nahziel ist, in etwa zwei Jahren auch in unteren Pkw-Klassen präsent zu sein. In kleiner Runde ist zu erfahren, dass es sich um ein B-Segment-SUV und ein Crossover-Modell handeln werde.
G6 in drei Varianten
Den Boden dafür soll ab August das Modell G6 bereiten. Der elegant gezeichnete Fünftürer mit den rahmenlosen Seitenscheiben ist zunächst in drei Varianten mit zwei unterschiedlichen Batteriepaketen erhältlich. Sie verfügen über eine Kapazität von 66 und 87,5 kWh. Zwei Versionen werden über die Hinterräder angetrieben, das mit dem Namenszusatz „Performance“ versehene Modell hat Allradantrieb.
Je nach Ausführung sind laut Hersteller zwischen 470 und 570 Kilometer Reichweite mit einer Ladung möglich. Dieses Auffüllen des Akkus, darauf verweist XPeng nicht ohne Stolz, soll quasi im Handumdrehen passieren. Da eine Ladeleistung bis zu 280 kW verarbeitet werden kann, sei ein Zyklus von 10 auf 80 Prozent in weniger als 20 Minuten erledigt, heißt es.
Performance mit Allrad und 476 PS
Das 4,75 Meter lange und 1,65 Meter hohe Coupé steht serienmäßig auf 20-Zoll-Rädern. Man sieht ihm seine Windschlüpfigkeit förmlich an und sie drückt sich in einem cw-Wert von weniger als 0,25 aus. Das Einstiegsmodell mit Heckantrieb hat eine Leistung von 190 kW (258 PS) und schiebt mit 440 Newtonmeter an, wer sich für „Performance“ entscheidet, bekommt 350 kW (476 PS) und 660 Nm. Das reicht laut Datenblatt für einen Spurt aus dem Stand auf 100 km/h in 4,1 Sekunden. In der Spitze kann von allen drei Versionen die 200-km/h-Marke erreicht werden.
Es überrascht nicht, dass ein G6 bis unters serienmäßige Panorama-Glasdach mit High-End-Elektronik gefüllt ist. Zwölf Kameras, dazu 29 Radar-, Ultraschall- und andere Sensoren münden in Warn- und Assistenz-Systeme, die nicht nur das Fahren und Parken unterstützen, sondern auch die Insassen im Auge behalten und periodisch upgedatet werden. Zwar liegt noch kein Euro-NCAP-Test für den G6 vor, jedoch geht man bei XPeng davon aus, dass fünf Sterne erreicht werden.
1,5 Tonnen Anhängelast
Durchaus nicht selbstverständlich für elektrische SUV-Coupés ist eine Anhängelast von 1500 kg, die bei G6 mit einem Kofferraum-Volumen von 571 bis 1374 Litern einhergeht. Schließlich zählen auch Familien zur Zielgruppe für das Fahrzeug.
Telefonbuchdicke Optionslisten sind für diese Kunden kein Thema. Der Hersteller verfolgt eine All-Inklusive-Strategie, und das auch gar nicht so uneigennützig. „Das hilft uns in der Produktion sehr“, verrät Markus Schrick. Elektrische Heckklappe, Sitzheizung und -belüftung, 15-Zoll-Touchscreen, 960-Watt-Sound-System, Einpark-Automatik per Smartphone, beheizbares Lenkrad, Wärmepumpe, USB-Anschlüsse und Garantie-Versprechen über sieben Jahre – alles an Bord.
Reduzierte Cockpit-Gestaltung
So reichhaltig die Ausstattung ist, so mager an Knöpfen oder Schaltern präsentiert sich das Cockpit. Die Material-Anmutung entspricht gehobenem Komfort, der aus Recycling-Material bestehende Leder-Ersatz der Polster ist anschmiegsam und gemütlich. Das Heckfenster ist sehr stark geneigt, weshalb im Rückspiegel nur ein schmaler Schlitz zu sehen ist. Da wäre es eine gute Idee gewesen, den hinteren Kopfstützen eine Klappvorrichtung mitzugeben. Wer hinter einem G6 auf der Straße unterwegs ist, wundert sich vielleicht über die sehr tief angebrachten Bremslichter, die dritte Leuchte am Dachspoiler ist aber nicht zu übersehen.
Das Fahrwerk, das unter Mitwirkung eines deutschen Sportwagenherstellers entwickelt wurde, ist straff genug, um sportlichen Ambitionen zu genügen. Gleichzeitig wird der Komfort nicht vernachlässigt, so dass ein insgesamt unauffälliges Fahrverhalten die Passagiere entspannt aussteigen lässt. Lediglich die Luftstromverteilung der Klimaanlage erwies sich unterwegs als schlecht regelbar.
Effiziente Verbrauchswerte im Test
Bei den ersten Testfahrten unterbot der Wagen den herstellerseitig angegebenen Verbrauch von 17,5 kWh sogar. Allerdings dürften die errechneten 14,3 kWh der Tatsache geschuldet sein, dass das Durchschnittstempo weniger als 50 km/h betrug.
Auch bei XPeng kennt man natürlich die Diskussion auf EU-Ebene, dass mutmaßliche staatliche Subventionen die Preise chinesischer Pkw in Europa drücken. Bis es zu den zu erwartenden Strafzölle durch die EU für chienesische E-Autos kommt, gilt für den G6 bis auf weiteres ein Einstiegspreis von 43.600 Euro. Das Performance-Modell mit Allradantrieb kommt für 51.600 Euro in den Handel.