VW Polo 1,0l TSI: Gefährliche Nähe zum Klassiker

Kleinwagen auf dem Weg in die Kompaktklasse

VW Polo 1,0l TSI: Gefährliche Nähe zum Klassiker
Der VW Polo avanciert zum Golf-Jäger. © AG/Flehmer

VW hat die sechste Auflage des Polo sehr nah an der Kompaktklasse platziert. Ein wenig Spielraum ließen die Verantwortlichen aber noch zum Golf.

„Schön sieht ihr neuer Golf aus“, wurde der im trendigen Energetic Orange vor der Tür stehende Testwagen häufig positiv bedacht. Ganz falsch liegen die aufmerksamen Beobachter nicht. Denn niemals zuvor ähnelte ein Polo dem eine Klasse höher angesiedelten Bestseller aus Wolfsburg.

Mit 4,05 Metern liegt der neue Kleinwagen aus Wolfsburg zwar gute 20 Zentimeter hinter dem Kompaktklassen-Bestseller. Dafür aber schon fast auf Augenhöhe mit der dritten Auflage des Golfs, der zwischen 1991 und 1997 knapp fünf Millionen Eigentümer erfreute. Neben dem Zuwachs an Länge erweist sich die sechste Auflage des seit 1975 produzierten Polo dem Golf fast schon ebenbürtig.

Viel Platz im neuen Polo

Die Designsprache trägt gleich auf den ersten Blick dazu bei – siehe die viele Zusprüche zu Beginn des Textes. Die eigenständige Form musste der Polo abgeben, was aber keinen Makel bedeutet. Denn wer möchte nicht eine Klasse höher fahren und eher als Golf- denn als Polo-Chauffeur identifiziert werden?

Zumal auch der Innenraum weiter aufgewertet wurde. Sehr gut sitzen konnte man schon immer in einem Volkswagen – allerdings erschwert eine flachere Dachlinie und somit tiefer liegende Sitze für den älteren Verkehrsteilnehmer den Ein- und Ausstieg. Dafür sorgt der um 9,2 Meter gewachsene Radstand nun dafür, dass auch Passagiere mit mehr als 1,80 Metern hinten bequem sitzen können. Vielleicht nicht für die gesamte Strecke von Berlin nach Italien, aber innerhalb der Landesgrenzen sollte es keine Proteste geben.

Genügend Kraft für den Dreizylinder

Das Heck des VW Polo. Foto: AG/Flehmer
Auch das Kofferraumvolumen des neuen VW Polo wuchs an. Foto: AG/Flehmer

Die könnten lediglich aufkommen, wenn es um die Gepäckmitnahme geht. Zwar tastete sich der Polo auch hier von ehemals 281 auf 351 Liter heran, doch vier Personen müssten bei der Urlaubsreise Abstriche machen. Weniger Abstriche als vielleicht vorher gedacht, muss der Fahrer beim 1,0l TSI mit 70 kW/95 PS hinnehmen. Der mit 175 Newtonmetern Drehmoment ausgestattete Dreizylinder avanciert sicher nicht zum Sportler. Ein Sprintvermögen von 10,8 Sekunden und eine Höchstgeschwindigkeit über 187 km/h reichen aber vollkommen aus.

Sicherlich ist der Dreizylinder vor allem auch in höheren Geschwindigkeitsbereichen vernehmbar, doch das liegt noch im erträglichen Bereich. Auch die zwischen 6,5 und 7,5 Liter Verbrauch, die je nach Fahrweise erzielt wurden, unterstreichen die Schwäche der drei Töpfe. Denn ein Zylinder weniger heißt nicht unbedingt weniger Verbrauch.

Nervendes Stopp-Start-System

Das Cockpit des VW Polo. Foto: AG/Flehmer
Neue Assistenzsysteme zogen in den VW Polo ein. Foto: AG/Flehmer

Das Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe erhöht den Komfort, nervt aber in der Stadt mit dem schnell einsetzenden Stopp-Start-Systems. Hier kann man sich nur durch komplettes Abschalten des Systems dagegen wehren, dass der Benziner sich automatisch ausschaltet, auch wenn es nicht sinnvoll ist. Insgesamt aber erweist sich der kleine Turbo als gute Wahl sowohl für die Stadt als auch für Trip außerhalb des urbanen Raumes.

Das liegt auch daran, dass VW auch für den Polo den Griff in den Modularen Querbaukasten (MQB) nicht gescheut hat. Assistenzsysteme und Konnektivität sind nun beim Kleinwagen keine Fremdwörter mehr. Der gerade einmal 250 Euro teure Abstandstempomat muss – im Gegensatz zum Golf – auf den Spurhalte-Assistenten verzichten. Das ist schade, denn das Duo bietet besonders auf der Autobahn ein Plus an Sicherheit. Und die weiteren rund 250 Euro für den seitlichen Schutz sollten noch vor den Konnektivitätsdiensten gewählt werden können.

Keine Scheu beim Preis

Denn – und auch da schließt der Polo zum Golf auf – diese Aufpreise machen den Kohl auch nicht mehr fett. Die 19.575 Euro Basispreis für den 1,0l TSI 7-Gang DSG schnellen für die Variante Comfortline und weitere Annehmlichkeiten um gute 7500 Euro in die Höhe. Mit dem Lob „Schön sieht ihr neuer Golf aus“ liegen die Beobachter also gar nicht so falsch.

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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