VW Caddy TGI: Reichweitenkönig im Gasbereich

Erdgas-Transporter mit DSG

VW Caddy TGI: Reichweitenkönig im Gasbereich
Der VW Caddy TGI schafft bis zu 860 Kilometer bis zum nächsten Tankstopp © VW

Volkswagen belebt den Erdgasantrieb neu. Mit dem Caddy widerlegt die Nutzfahrzeugsparte der Wolfsburger eines der Vorurteile, die dem alternativen Antrieb bisher dem Durchbruch verwehrten.

Von Thomas Flehmer

Der - allerdings zweifelhafte - Dank gebührt dem Diesel. Ohne die Schummelaffäre in den USA, die eine Diskussion in hiesigen Breitengeraden hinter sich zog, würde der Caddy TGI weiter sein Stiefkind-Image pflegen. Denn die vierte Generation des praktischen Nutzfahrzeugs war selbst mit der dritten Generation des Erdgas-Antriebs noch vor dem so genannten Dieselgate auf dem Markt erschienen - ohne dabei irgendwelche Glanzpunkte zu setzen, die der Öffentlichkeit hätte auffallen können.

Doch die Diskussion um den Selbstzünder verbunden mit der schwachen Resonanz beim Kauf von Elektroautos, spült den Erdgas-Transporter an die Oberfläche der Anfang Mai beschlossenen neuen Erdgas-Strategie des Volkswagen-Konzerns.

Im Vergleich zum Vorgängermodell Caddy Eco Fuel wurde nicht nur der Namen geändert, sondern der an sich schon praktische Transporter stark aufgewertet. So kann der Caddy erstmals als Erdgasfahrzeug mit einem Sechsgang-DSG ausgestattet werden, das das Fortkommen noch komfortabler gestaltet.

VW Caddy mit vier oder fünf Erdgas-Tanks

Viel wichtiger sind aber die Änderungen unter der Motorhaube. Hier legte der Hubraum um 0,2 Liter auf 1,4 Liter zu und der Motor kommt nun auf 81 kW/110 PS. Kombiniert mit 200 Newtonmetern Drehmoment, die zwischen 1500 und 3500 Umdrehungen anliegen, wird aus dem Erdgas-Caddy kein Sprinter, aber der 1,463 Tonnen schwere Fünf- oder Siebensitzer kann gut mithalten. Bei 174 Stundenkilometern endet der Fahrspaß mit einem manuellen Sechsgang-Getriebe, mit dem DSG sind es zwei km/h weniger.

Vier Stahltanks beim Caddy mit Platz für 25 bis 26 Kilogramm Erdgas bringen den Caddy bis zu 610 Kilometer weit. Der knapp 50 Zentimeter längere Caddy Maxi beherbergt sogar fünf Tanks unterflurig, mit denen sogar bis zu 760 Kilometer bis zum nächsten Tankstopp absolviert werden können. Sollte der Weg bis zur nächsten Erdgastanke - immerhin rund 900 Zapfsäulen stehen in Deutschland flächendeckend bereit - verfügt der Caddy noch über einen 13 Liter großen Benzintank, der ansonsten lediglich für die Startphase benötigt wird. “Der Caddy ist Reichweitenkönig im Gasbereich”, sagt Jens Arik Almkermann, Entwicklungsleiter bei den Alternativen Antrieben von Volkswagen.

Erdgas fahren heißt leise fahren

Der VW Caddy TGI schafft bis zu 860 Kilometer bis zum nächsten Tankstopp
Sehr leise ist der VW Caddy TGI unterwegs VW

Auf der anderen Seite hat Volkswagen den Caddy weiterhin zum Sparmeister ausgebaut, der bis zu 28 Prozent weniger verbraucht als das Vorgängermodell und dabei mit 109 Gramm CO2 weniger ausstößt als ein 2.0 TDI und noch viel weniger als ein Benziner. Zwischen 4,1 und 4,3 Kilogramm Erdgas sollen auf 100 Kilometern ausreichen, im realen Alltag werden es um die fünf Liter sein - je nach Fahrweise.

Denn der Caddy kann auch hochgedreht werden. Dann klingt das Aggregat zwar sehr bemüht und auch der Antritt beim Überholen auf der Autobahn kommt etwas verzögert, doch hat sich das leichte Nutzfahrzeug schnell eingefangen. Wenn dann der Drehzahlmesser wieder zur Ruhe kommt, ist auch vom Motor kaum noch etwas zu hören - Erdgas fahren heißt leise fahren. So ist der Caddy dann auch eher der leise Cruiser als der laute Raser.

VW Caddy greift beim Baukastensystem zu

Dank Fahrassistenten aus dem Baukastensystem des Volkswagenkonzerns machen der adaptive Abstandstempomat ACC oder der Front Assist sowie die Multikollisionsbremse die Fahrt sicherer, das gute Fahrwerk sorgt für den nötigen Fahrkomfort, der auch in der Kabine genossen werden kann.

Denn auch der Innenraum wurde wertiger gestaltet ohne dabei seine praktischen Vorzüge wie die Galerie über den Vordersitzen oder das beeindruckende Kofferraumvolumen zwischen 190 und 320 Litern und beim Maxi sogar zwischen 530 bis 4130 Litern zu verlieren.

Keine Reichweitenängste mit dem VW Caddy TGI

Der VW Caddy TGI schafft bis zu 860 Kilometer bis zum nächsten Tankstopp
Das Benzin wird manchmal für Startvorgänge benötigt VW

Beeindruckend wirkt auch zunächst der Einstiegspreis von 22.408 Euro, für den der Eco-Profi als Kastenwagen bereitsteht und der gerade mit kleinere Unternehmen eine sparsame Variante bedeuten kann. Denn der Reichweitenkönig kostet weniger Steuern als ein Benziner oder Diesel und auch die reinen Kraftstoffkosten machen pro 100 Kilometer bis zu drei Euro Differenz gegenüber einem Benziner aus.

Abschreckend wirkt dagegen zunächst der Preis von 34.564 Euro für die komfortable ausgestattete Personenwagen-Variante des Caddy Maxi Highline. Doch auch hier amortisieren sich die hohen Anfangskosten im Verlauf der Jahre. Da auch die Zahl der Erdgastankstellen in den kommenden Jahren auf rund 2000 ausgebaut werden sollen, wird sich auch die Suche nach der nächsten Zapfsäule einstellen.

Wobei dieses Problem schon aktuell den Reichweiten-König der Gasfahrzeuge in keinster Weise belastet - im Gegensatz zum Segment der Elektroautos, die dank Bundeskanzlerin Angela Merkels mittlerweile zurückgenommener Forderung von einer Million Elektroautos auf deutschen Straßen bis 2020 auch den Durchbruch des Erdgas-Antriebs verhinderte - bis die Schummelaffäre aufflog. Dem Diesel sei Dank.

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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