Mit dem Amarok setzt sich VW die Krone im Pickup-Segment auf. Trotz burschikoser Ladefläche ist der Sechszylinder zwar prädestiniert für die Fahrt ins Gelände, doch wer möchte das schon?
Von Thomas Flehmer
Es ist sowohl eine kleine wie große Überraschung. Klein ist die Überraschung, dass sich Fahrzeuge wie der Fiat 500 und weitere kleine Knutschkugeln bis hin zum Mini ihren Status als Frauenlieblinge mit einem neuen Wettbewerber teilen müssen, groß ist die Überraschung an sich. Denn mit dem VW Amarok reiht sich ein über fünf Meter langer und 2,3 Tonnen schwerer Konkurrent in das Feld der weiblichen Favoriten ein, auch wenn VW selbst den Pickup als "Auto, das Männer versteht" anpreist.
Dass so ein Koloss die Weiblichkeit umschmeichelt, liegt natürlich nicht zuerst an seinem rustikalem Auftritt mit der 2,5 Meter großen Ladefläche, die eine Europalette aufladen kann. Auch die burschikos aussehenden Kotflügel über den mindestens 20 Zoll großen Pneus scheinen eher die Gunst der Machos zu begeistern, doch auch die Damenwelt zeigte sich erfreut.
VW Amarok mehr dem Lifestyle zugetan
Schließlich garantiert der Pickup der Nutzfahrzeugsparte aus Hannover ein gewaltiges Plus an Übersicht. Man beziehungsweise frau thronen über dem restlichen Verkehr und genießen den Respekt, den der 1,82 Meter hohe Koloss den anderen Verkehrsteilnehmern zukommen lässt. Und nicht nur der Respekt, sondern auch das Mehr an Sicherheit dank guter Übersicht tut gut.
Hinzu kommt der wertig eingerichtete Innenraum, der jegliche (Schweiß-)Gerüche ausschließt. Hier ist der Nutzfahrzeugcharakter dem Lifestyle-Gedanken mehr als gewichen. Die Ledersitze sind gut konturiert und können sogar elektrisch eingestellt werden. Instrumente und Schalter wurden aus dem Pkw-Bereich übernommen und bieten eine intuitive Bedienung. Und selbst die Personen in der zweiten Reihe der Doppelkabine verfügen über genügend Platz. Nichts, aber auch gar nichts erinnert hier daran, dass der Amarok für Fahrten in den Wald oder sonst unwegsames Gelände genutzt werden könnte.
2,52 Quadratmeter zum Bepacken
Das ändert sich beim Blick zurück auf die Ladefläche. Bis zu einer Tonne können auf den 2,52 Quadratmetern untergebracht werden. Wer in den Urlaub fährt, kann das Gepäck mit einer abschließbaren Jalousie vor allzu langen Fingern schützen oder vor Nässe. Wie es sich für einen Pickup gehört, kann der noble Lastesel zugleich noch bis zu 3,5 Tonnen an den Haken nehmen.
Doch für die Damenwelt - und nicht nur für die - ist es entscheidend, nicht, dass der Amarok zu solchen Leistungen fähig ist, sondern wie er es tut. Und da zeigt der Pickup seine weiche Seite, die umschmeichelt. Denn VW hat den Amarok mit einem drei Liter großen Sechszylinder mit 165 kW/225 PS sowie einem zwischen 1400 und 2750 Umdrehungen anliegenden Drehmoment von 550 Newtonmetern ausgestattet - einzigartig im hiesigen Segment.
VW Amarok in acht Sekunden auf Tempo 100
Beim Starten lässt der von Audi stammende Diesel kurz aufhorchen, um dann nach einiger Zeit kaum Geräusche in den Innenraum zu lassen und das Fahren äußerst angenehm gestaltet - egal, ob in der Stadt oder über Land. Und die Kraftentfaltung gelingt dank der sechs Töpfe besonders anschmiegsam. Knapp acht Sekunden vergehen für den Sprint, mit dem so mancher Kompaktwagen abgehängt werden kann.
Aber mit so einer Blöße muss sich der Amarok nicht abgeben - vor allem nicht die Insassen. Denn über allen anderen thronend können Könige der Landstraße es sehr komfortabel - besonders im Topmodell Aventura - angehen lassen. Die sanft vorgehende Achtstufen-Automatik (!) sorgt dabei ebenso für Komfort wie auch das gut austarierte Fahrwerk des 5,25 Meter langen Pickups.
VW Amarok Aventura mit dunklem Fleck auf der Weste
Die Autobahnausfahrt avanciert in den Nappa-Ledersitzen zur Erholungspause, selbst höhere Geschwindigkeiten - immerhin geht es bis 193 km/h - erzeugen keinen Stress, da der Amarok schon allein von der Statur Sicherheit ausstrahlt. Aktive Assistenzsysteme wie im gehobenen Pkw-Bereich sind deshalb gar nicht von Nöten, werden irgendwann aber sicher folgen, nicht allein, um Frauen zu umschmeicheln. Dafür gibt es schon eine Smartphone-Anbindung, die für die Fahrt über den Boulevard eher dazu gehört. Denn in das Gelände wird dieser Amarok ebenso selten finden wie die Ladefläche mit Gegenständen beladen werden muss.
Doch der Macho mit Abschleppgarantie geriert sich - leider - auch wie ein Gigolo für ältere Damen, vornehmlich die zahlungskräftigen. 46.530 Euro werden fällig, mit Mehrwertsteuer sind es gar 55.370 Euro. Da muss der Amarok Aventura schon ziemlich viel Beute abschleppen.