Plug-in-Hybride stehen in der Kritik. Gefördert werden sie seit diesem Jahr auch nicht mehr. Doch für einige Kunden bleiben sie interessant. Wir sind den Volvo XC60 T8 Recharge gefahren.
Wer mit einem Plug-in-Hybrid aus der Premium-Liga die Umwelt entlasten und sein Öko-Gewissen beruhigen will, wird erst einmal kräftig zur Kasse gebeten. Das ist bei Volvo nicht anders.
Der XC60 PHEV kostet aktuell mindestens fast 69.000 € ohne optionale Sonderausstattungen, als T8 sogar knapp 73.000 Euro. Förderung vom Staat gibt’s nicht mehr. Nun werden zwar die wenigsten dieser Autos tatsächlich als Eigentum erworben, aber auch die monatliche Leasingrate muss man erst einmal aufbringen können. Da wundert es nicht, dass der Anteil der gewerblichen Neuzulassungen für das Modell XC60 im ersten Halbjahr 2023 bei mehr als drei Vierteln lag.
Sportwagenähnlicher Spurter
Abweichend von der üblichen Praxis addiert Volvo die Leistungen des Zweiliter-Turbobenziners (310 PS) und des Elektromotors (107 kW) einfach zusammen, und kommt so auf eine Systemleistung von 455 PS oder 335 Kilowatt. Das reicht für einen Spurt aus dem Stand auf 100 km/h in unter fünf Sekunden, denn das addierte Drehmoment liegt bei 709 Newtonmetern. Die Testwagen-Masse von 2190 Kilo fiel deshalb wortwörtlich nicht „ins Gewicht“. Wohl damit die Nutzer angesichts dieser Daten den XC 60 nicht für einen Sportwagen halten, ist die Höchstgeschwindigkeit auf 180 km/h begrenzt.
Überhaupt sieht der hochgelegte Fünftürer eher gediegen und harmlos aus, sieht man einmal von den mächtigen 21-Zoll-Felgen und den goldfarben lackierten Bremssätteln des Testwagens ab. Sie künden von der Besonderheit, die bei Volvo „Polestar Engineered“ genannt wird und die zum Beispiel das Fahrwerk mit besonderen Stoßdämpfern und Querstabilisatoren versieht, zusätzliche Assistenzsysteme, ein Glas-Schiebe-Hebedach sowie ausgezeichnet konturierte Sportsitze bietet. Diese und weitere Extras pushen den „Polestar“-Preis auf 87.000 Euro.
Umfangreiche Sicherheits-Features
Die selbstbewusste Preisgestaltung ist den Schweden in chinesischem Besitz also ebenso erhalten geblieben, wie das hohe Sicherheitsniveau, das den soliden Ruf der Volvo-Pkw seit Jahrzehnten begründet. Fußgänger- und Radfahrer-Erkennung, Kreuzungs-Bremsassistent, Schleudertrauma- und Durchtauchschutz, Aufmerksamkeits- und Spurhalte-Assistent, Heckaufprall-Abschwächung und integrierte Kindersitze – alles mit an Bord. Dazu Head-Up-Display, Google-Maps-Navigation, elektrische Heckklappe und vieles mehr.
Wer den zum Fahren nutzbaren Stromvorrat von 14,7 kWh ausschließlich nutzen will, muss den Fahrmodusschalter auf „Pure“ stellen. Die maximal mögliche Reichweite im elektrischen Betrieb gibt Volvo mit 95 Kilometern an. Nach einem ausgiebigen Aufenthalt an der Ladesäule bot der Bordrechner des Testwagens 75 Kilometer an, die auch nahezu erreicht wurden (73,5 km). Nur darf man es für solch ein Ergebnis nicht allzu eilig haben. Das Durchschnittstempo dieser Protokollfahrt betrug 35 km/h. In der Spitze sind elektrisch 140 km/h möglich.
Zur Umwandlung von kinetischer in elektrische Energie packt die Rekuperation des XC60 spürbar kräftiger zu als bei Vergleichsmodellen. Die Verzögerung beträgt stolze 2,7 m/sec², was unweigerlich die Aktivierung der Bremsleuchten nach sich zieht. An der Steckdose erweist sich der 3,7-kW-Bordlader jedoch als Flaschenhals, was bei 2-phasigem Anschluss und sechs Ampere Strom schon mal sieben Stunden Auftankzeit bedeuten kann. Der Kraftstoffbehälter fasst für ein PHEV ungewöhnliche 71 Liter, so dass die Distanzen zwischen den Ladesäulen ruhig auch einmal größer ausfallen können. Rund 500 Kilometer Hybrid-Testbetrieb ergaben einen Spritverbrauch von 6,3 Litern.
Servicefreundliche Fronthaube
Was die Beförderungs-Qualität für die Passagiere angeht, wird Volvo seinem Premium-Anspruch gerecht. Hochwertige Materialien und ansprechendes Design finden zueinander. Vorn haben die Insassen eine Kabinenbreite von 1,48 Metern zur Verfügung, hinten sind es nur drei Zentimeter weniger. Die Ladekante ist mit 68 Zentimetern für ein SUV erfreulich niedrig.
Das Volumen des Gepäckraumes reicht von 468 bis 1395 Liter. Zum Schließen der Heckklappe reicht ein Druck aufs Knöpfen, beim Motordeckel ist es nicht so einfach. Die mittels Gasdruckfedern steil aufstellende Haube sorgt zwar lobenswerte Service-Freundlichkeit, ist aber von einem vor dem Fahrzeug stehenden Nutzer nicht mehr zu greifen.
Dass die mit einem 40er-Querschnitt versehenen „Polestar“-Pneus nicht so komfortabel abrollen, wie die serienmäßigen 55er-Reifen, ist nachvollzieh- und verschmerzbar. Insgesamt bietet das Fahrwerk einen ordentlichen Kompromiss aus Komfort und Sportlichkeit. Dank Allradantrieb herrscht auch bei ungünstigen Fahrbahnverhältnissen immer genügend Grip. Die Lenkung arbeitet präzise und verbindlich. Dank 20 Zentimeter Bodenfreiheit müssen Fahrer oder Fahrerin auch vor grobem Geläuf nicht zurückschrecken.