Volvo nimmt peu à peu Abschied von den fünf und sechs Zylindern. Beim Vierzylinder-V60 sorgen stolze 181 PS für Zuckungen am Lenkrad.
Der vor vier Jahren vorgestellte V60 gehört neben dem SUV XC60 zu den erfolgreichsten Volvo-Modellen. Damit das so bleibt, hat der Kombi vor einigen Monaten ein umfangreiches Facelift erhalten. Und nicht nur das: Zum Jahreswechsel 2014 spendierten die Schweden ihrem Mittelklasse-Kombi neue Vierzylinder-Motoren. Die sollen sich unter anderem durch besondere Sparsamkeit auszeichnen. Wir baten den 2,0-Liter-Diesel mit 130 kW/181 PS zum Alltagstest.
Schönheit besiegt Alltagsnutzen
Der Schweden-Kombi gehört eindeutig zu den Hübschen im Lande. Die ehemals typischen kantigen Volvo-Formen sind ja bekanntlich schön länger Teil der automobilen Design-Geschichte, die aktuelle elegante Formensprache setzt mehr auf den schönen Schein denn offensichtlichen Nutzwert. Prägnanter Ausdruck dieser Einstellung ist die Dachlinie, die ganz modern nach hinten abfällt.
Die nicht so ganz praktische Auswirkung für die hinteren Insassen: Sie sollten keine Sitzriesen sein, sonst wird es knapp mit der Kopffreiheit. Zudem gilt es beim Verstauen des Gepäcks mit Bedacht vorzugehen. Der Kofferraum fasst nur 430 Liter, das ist für einen 4,64 langen Kombi kein überragender Wert. In der Liga der schicken Lastenträger stören diese Einschränkungen aber nicht wirklich. Hier zählen auffällige Leuchten, schöne Lichtgrafiken, chromblitzendes Zierrat und ordentlich Dampf unter der wohl akzentuierten Motorhaube. Mit diesen Zutaten kann auch der V60 dienen.
Volvo V60 D4 in 7,6 Sekunden auf 100 km/h
Der 2,0-Liter-Diesel leistet 130 kW/181 PS und mobilisiert 400 Nm. Der Vierzylinder gehört zu einer neuen Motorenfamilie, die mittelfristig die Volvo-typischen Fünfzylinder, aber auch die Sechszylinder-Aggregate ersetzen wird. Statt der bislang acht verschiedenen Triebwerksvarianten gibt es zukünftig nur zwei Motoren, einen 2,0-Liter-Benziner und einen gleich großen Diesel, jeweils in verschiedenen Leistungsstufen.
Mit den 181 Pferden unter der Haube ist man mehr als gut motorisiert. Der durchzugsstarke Selbstzünder hat keine Probleme, das mindestens 1,7 Tonnen schwere Fahrzeug rasant zu beschleunigen. Eilige Geschäftsleute freuen sich über das Spurtvermögen, in 7,6 Sekunden ist man auf Tempo 100. Die Höchstgeschwindigkeit von 225 km/h ermöglicht auf freien Autobahnetappen schnelles Vorwärtskommen.
Automatik die bessere Wahl für Volvo V60 D4
Probleme gibt es eher, die viele Kraft solide auf die Straße zu bekommen. Wie ein nervöses Rennpferd tänzelt der Schwede bei Beschleunigungsvorgängen hin und her, die Antriebskräfte zerren an der Vorderachse, eine zupackende Hand - besser zwei Hände - am Lenkrad sind hilfreich, den V60 in der Spur zu halten. Gut, dass die Ledersportsitze (Aufpreis: 1700 Euro) guten Seitenhalt geben. Die alternativ angebotene Achtgang-Automatik (Aufpreis: 2250 Euro) ist vermutlich die bessere Wahl, will man nicht immer mit Adrenalinschüben kämpfen und sich ständig fragen, ob das Fahrzeug wohl einen Dopingtest bestehen würde.
Unser Testwagen hatte ein adaptives Fahrwerk an Bord (Aufpreis: 1250 Euro). Wir verzichteten gerne auf die sehr straff abgestimmten Modi Sport und Advanced und begnügten uns mit der nicht unbedingt weich justierten Komforteinstellung. Obwohl wir vergleichsweise entspannt unterwegs fahren – wenn auch mit vielen Kurzstreckenfahrten - verfehlten wir den von Volvo angegebenen Wert von 3,9 Liter (CO2-Austoß: 103 g/km) sehr deutlich. Durchschnittlich flossen 6,5 Liter durch die Leitungen.
Nettes Zubehör an Bord des Volvo v60
Zum Thema Aufpreis gibt es noch mehr zu berichten. Der Grundpreis unseres Testwagens in der gehobenen Momentum-Ausstattung beträgt 39.350 Euro und liegt damit 4000 Euro über der D4-Basisvariante. Unter anderem ergänzen 17-Zoll-Leichtmetallfelgen, eine hochwertige Audioanlage, eine hintere Einparkhilfe, ein Dreispeichen-Lenkrad sowie allerlei Chromzierrat die schon umfangreich ausgestatteten Basis-Versionen.
Volvo muss einen Ruf als Sicherheitsexperte zu verteidigen. So hatte das Testfahrzeug unter anderem für 2150 Euro ein Fahrerassistenz-Paket an Bord. Es umfasst alle gängigen Features, darunter den Notbremsassistenten, der auch Fußgänger sowie Fahrradfahrer erkennt. Zum Glück wurde sein Reaktionsvermögen während unserer Fahrten nicht gebraucht.
Insgesamt hatte unser Testwagen Extras von über 14.000 Euro an Bord, darunter auch nettes Zubehör wie die Option, den digitalen Tacho (390 Euro) je nach Gusto auf unterschiedliche Anzeige-Varianten umzustellen. Die Lenkradheizung (250 Euro) ist im Winter bestimmt praktisch, die Rückfahrkamera (480 Euro) liefert stechend scharfe Bilder. Immer serienmäßig: die freischwebende Mittelkonsole. Die sieht ebenfalls immer noch gut aus. (SP-X)