Toyota Camry: Als Taxi zum Erfolg

Toyota Camry: Als Taxi zum Erfolg
Mit der breiten Lamellen-Front fällt der neue Toyota Camry überall auf. © Toyota

In Deutschland bekam Toyota mit seinem Mittelklassemodell Camry bislang kein Rad auf dem Boden. Mit neuem Hybridantrieb soll die achte Generation nun vor allem Taxi-und Flottenfahrer locken.

Mit mehr als 19 Millionen Millionen Verkäufen seit 1982 gehört der Toyota Camry fast überall in der Welt zu den Bestsellern. Nur in Europa und speziell gegen die deutsche Phalanx aus Audi A6, BMW 5er und Mercedes E-Klasse, oder auch VW Passat oderSkoda Superb konnte sich die Mittelklasse-Limousine nie durchsetzen.

Allein mit V6-Benziner und ohne Kombi-Variante blieb Toyotas Topmodell auf der Strecke und verschwand 2004 sang- und klanglos vom europäischen Markt. Jetzt ist es wieder da. Nach 15 Jahren rollt der Camry der achten Generation am 26. April wieder zu den hiesigen Händlern.

Neuer Vollhybridantrieb

Die Japaner glauben, die Zeiten haben sich geändert. Die Dieselkrise sowie die zunehmende Akzeptanz und Durchdringung von Hybridantrieben könnten nun auch ihrem verkannten Weltbestseller endlich zum Durchbruch verhelfen. Dafür haben sie der 4,89 Meter langen Limousine einen neuen Vollhybridantrieb spendiert. Der Benzin-Elektro-Zwitter besteht aus einem 2,5-Liter-Vierzylinder mit 177 PS und einer E-Maschine mit 120 PS. Macht nach Toyota-Technik zusammen 218 PS Systemleistung, mit der der Viertürer in 8,3 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 sprintet. Die Höchstgeschwindigkeit wird bei 180 km/h elektronisch abgeregelt.

Cockpit und Instrumente sind eindeutig zum Fahrer orientiert. Foto: Toyota

Große oder gar sportliche Sprünge lassen sich damit natürlich nicht erzielen. Dafür demonstrierte der neue Camry auf unseren Testfahrten über Land und auf schnellen Autobahnetappen seinen ebenso kultivierten Lauf wie hohen Langstreckenkomfort. Selbst das von den Japanern unbeirrt eingesetzte stufenlose Automatikgetriebe schaltet aufgrund des größeren Benziners erkennbar harmonischer und gelassener als beim Markenbruder Prius.

Dessen berüchtigter Gummiband-Effekt lässt sich mit einem Gaspedal-Kickdown oder verschärften Beschleunigung am Berg zwar auch im Camry immer noch hervorlocken. Doch so unwillig, wie er dabei klingt, so unpassend ist auch sein Einsatz unter diesen Bedingungen.

Traumhafte Realverbräuche

Seine wahre Stärken nämlich spielt der Camry, analog zum Prius, im Stop-and-Go des städtischen Gewusels und im Kurzstreckenverkehr aus. Zwar fährt der sogenannte leistungsverzweigte Hybrid selten rein elektrisch, doch durch den automatisierten Einsatz des E-Motors bei niedrigen Geschwindigkeiten ergeben sich traumhafte Realverbräuche.

Auch der Camry weiß hier zu punkten – solange er sich in urbanen Ballungsräumen bewegt und nicht auf der Autobahn gescheucht wird. Nach rund 200 Kilometern forcierter Fahrt über Land und viel Stop-and-go in der Stadt zeigte unser Bordcomputer 5,3 Liter im Schnitt an, was zwar genau einen Liter mehr als der angegebene Normververbrauch bedeutete, aber exakt mit dem neuen, realistischerem WLTP-Normwert übereinstimmte. Ein stolzer Wert für eine ausgewachsene Fast-Fünf-Meter-Limousine.

„Neuer Stern am Taxi-Himmel“

Und damit sind wir bei den Kunden, die Toyota dafür besonders ins Auge gefasst hat: die Taxifahrer. In Berlin etwa, so verkündet Toyota stolz, sitzt schon jetzt jeder vierte Droschkenbesitzer hinter einem Hybrid-Lenkrad, vorzugsweise im Prius und Prius Plus. Aber auch in Hamburg, München oder dem Ruhrgebiet machen die Japaner mit ihrem Hybridantrieb dem klassischen Droschken-Diesel zunehmend Konkurrenz.

Einziges Manko: die Fahrgäste sitzen in den Modellen mit Stern auf der Haube besser als im Toyota. Hier soll der Camry gleichziehen und „der neue Stern am Taxi-Himmel“ werden, wie es der Geschäftskunden-Leiter des deutschen Importeurs, Mario Köhler, selbstbewusst formuliert. Genügend Platz und Geräumigkeit bringt er dafür mit. Auf den Rücksitzen finden die Passagiere sehr viel Bein- und Kniefreiheit. Und die Lederpolster hinterlassen einen ebenso bequemen wie gediegenen Eindruck. Und der großzügig geschnittene Kofferraum schleppt mit seinen anständigen 524 Litern auch noch das Familiengepäck zum Flughafen.

Üppige Ausstattungen

Das Heck des Toyota Camry. Foto: Toyota

Doch auch der Taxi-Chauffeur wird sich angesichts seines elegant gestalteten Arbeitsplatzes und der üppigen Ausstattung wohlfühlen. Bereits in der Basisversion „Business“ für 39.990 Euro sind unter anderem Klimaautomatik, 17-Zoll-Alufelgen, elektrisch verstell- und beheizbare Ledersitze, Infotainment-System mit 7-Zoll-Touchscreen inklusive Rückfahrkamera und USB-Schnittstelle sowie Toyotas Safety Sense-Paket mit Kollisionswarner, Fußgänger- und Verkehrsschilderkennung, Abstandstempomat, Fernlicht- und Spurhalteassistent zu haben.

Für 2400 Euro mehr gibt´s in der „Executive“-Ausgabe auch noch LED-Scheinwerfer, ein 8-Zoll-Monitor inklusive Navigationssystem, Rückfahr- und Spurthalteassistent mit Lenkeingriff sowie die 18-Zoll-Alus dazu. In diesen Versionen sehen die Japaner eher Firmen- und Flottenfahrer, wenn auch nicht gerade den kilometerfressenden Handelsreisenden.

Trotz der neuen Strategie und gezielter Kundenzuspitzung, die Japaner rechnen auch bei dieser Camry-Generation nicht mit allzu großen Stückzahlen. Gerade mal 12.000 Fahrzeuge hat Toyota für das erste Jahr eingeplant – für ganz Europa. Im Rest der Welt verkaufen sie 700.000 Camrys pro Jahr.

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Frank Wald
Nach einem abgeschlossenen Studium der Kulturwissenschaften in Göttingen, Frankfurt und Hamburg volontierte er bei der Hamburger Morgenpost. Danach folgten freiberufliche Engagements u.a. bei Spiegel-Online, Welt am Sonntag, und TV Spielfilm. Seit 1996 berichtet er als freier Journalist über automobile Neuerscheinungen.

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