Toyota C-HR: Auffallend zum Eroberungsfeldzug

Mercedes A-Klasse als Vorbild

Toyota C-HR: Auffallend zum Eroberungsfeldzug
Der Toyota C-HR polarisiert vor allem über das Design © Toyota

Toyota gilt nicht gerade als Designmarke in der automobilen Welt. Bei dem C-HR rückt dagegen die neue technische Plattform des noch weltgrößten Autobauers in den Hinter-, eine jüngere Käuferschar in den Vordergrund.

Von Thomas Flehmer

Als langweilig und bieder gelten die Fahrzeuge – bis auf die kleine Ausnahme GT86 – von Toyota, die zumeist von einem gesetzteren Kundenkreis geordert werden, der auf fast lückenlose Zuverlässigkeit und dem Thema Hybrid steht.

Doch nun verlässt der noch weltgrößte diesen Weg ganz radikal. Denn mit dem C-HR wollen die Japaner „nicht jedem gefallen, sondern polarisieren“, wie Pressechef Thomas Schalberger von Toyota Deutschland vor dem Verkaufsstart des Coupé-High Riders (C-HR) am kommenden Wochenende sagte.

Heck des Toyota C-HR als optische Augenweide

In der Tat ist der 4,36 Meter lange Crossover nicht zu übersehen. Die Motorhaube gleicht einer Berg-und-Tal-Bahn, der Kühlergrill im Zusammenspiel mit dem Lufteinlass und den Nebelscheinwerfern eher einer zerklüfteten Felsspalte.

Die Seitenlinie des Coupé-High Riders weist gewisse Ähnlichkeiten mit dem Nissan Juke hin, der seit 2010 mit einem ebenfalls polarisierenden Design recht erfolgreich unterwegs ist. Auf dem Höhepunkt der optischen Augenweide platziert sich das Heck, das auch als eines der Raumschiffe bei Star Wars eine gute Figur abgeben würde. Auch wenn der erste Entwurf des C-HR aus dem europäischen Designzentrum in Nizza stammt, das Heck basiert ganz eindeutig auf japanischen Wurzeln und diente den dortigen Zeichnern als Spielwiese.

C-HR soll polarisieren

Der Toyota C-HR polarisiert über sein Design
Besonders das Heck des C-HR fällt auf Toyota

Aber der C-HR soll ja auch nicht jedem gefallen, sondern polarisieren. Und vor allem junge Kunden zur Marke führen, wie es vor ein paar Jahren die völlig neu konzipierte A-Klasse von Mercedes getan hatte und den Altersdurchschnitt des kompakten Premiumfahrzeugs um ganze sechs Jahres senken konnte.

Somit muss auch der Innenraum den verjüngten Ansprüchen genügen. Je nach Ausstattung erleuchten die Instrumente mit blauem Hintergrund. Auch Soft-Touch-Applikationen auf dem Armaturenbrett und in den Türverkleidungen bringen jugendlichen Elan in das Cockpit. Ein JBL-Soundsystem mit 576 Watt und neun Lautsprechern für faire 790 Euro wurde bei der Entwicklung gleich mit integriert.

Ganz klar, dass Konnektivität auch ein Thema darstellt und der Anschluss an das Internet auch in dem Mix aus Coupé und SUV über den acht Zoll großen Monitor abgerufen werden kann, der auch Navi und Medienbedienung steuert sowie als Bordcomputer fungiert. Gut, dass aber die Knöpfe der Klimaanlage unter dem Touchscreen angebracht wurden.

Fehlende Übersicht im Toyota C-HR

Der Toyota C-HR polarisiert über sein Design
Das Cockpit ist sehr liebevoll gestaltet Toyota

Fahrer und Beifahrer können sich also recht juvenil fühlen. Neben dem schicken Ambiente ist genügend Platz vorhanden, auch wenn die Sitzplatzflächen typisch asiatisch kurz ausfallen und die Sitze etwas zu weich. Gedrungener geht es auf den hinteren Plätzen zu. Doch zwei jeweils knapp 1,80 Meter große Personen dürften hintereinander keine großen Probleme miteinander haben. Auch Kopffreiheit ist zur Genüge vorhanden, auch wenn die Dachlinie zum Heck hin abfällt.

Allerdings berauben die hinten sitzenden Personen dem Fahrer die Übersicht, die nicht überraschend von Beginn an schon spärlich vorhanden ist. Eine kleine Heckscheibe engt das Sichtfeld ebenso ein wie der so genannte Radfahrer-Blick durch B- und C-Säule sowie die Kopfstütze des Beifahrers sehr minimal ausfällt. Gestochen scharf fällt das Bild der Rückfahrkamera aus, die den 377 Liter fassenden Kofferraum vor unliebsamen Beschädigungen schützt.

C-HR auf neuer Toyota-Plattform

Toyota notierte einen rückläufigen Gewinn
Elf Sekunden benötigt der Toyota C-HR für den Spurt Toyota

Während die Designer viel Mut für den C-HR aufbrachten, zogen die Motorenbauer nicht mit. Neben einem zu vernachlässigenden 1.2 Benziner mit 85 kW/116 PS steht noch der 1,8 Liter große Hybride mit 90 kW/122 PS, auf den mindestens 70 Prozent der Interessenten zurückgreifen werden, zur Verfügung. Sind beide mit CVT-Getriebe ausgestattet, zieht sich der Spurt in genau elf Sekunden wie Kaugummi – untermalt von einem anstrengend klingenden Aggregat. Erst in den Geschwindigkeitsbereichen ab 100 km/h spielt das Getriebe seine Effizienz aus, die sich mit einem Verbrauch von 3,8 Litern mehr als sehen lassen kann. Dann ist auch Laufruhe eingekehrt.

Aufgrund der weniger sportlichen Anstrengungen, muss auch das Fahrwerk sich nicht immer strecken, sodass die Insassen ganz komfortabel durch die Gegend kutschiert werden. Dank der neuen Plattform Toyota New Global Architecture (TNGA), auf der als erstes der neue Prius basierte, konnte zudem der Schwerpunkt niedriger verlegt werden. Dafür wurde der Motor schräg eingesetzt und könnte wohl auch noch mehr Leistung auf das Fahrwerk übertragen, ohne dass die Stabilität abhanden käme. So meistern die Dämpfer und Federn die Spurts bis zur Höchstgeschwindigkeit von 170 km/h bravourös.

Begeisterung auf dem Heimatmarkt

Doch die fehlende Sportlichkeit wird den C-HR nicht um den Erfolg bringen, da das Design Kaufgrund Nummer eins bei einem Neuwagen ist. Und der Vorverkauf scheint dieses zu bestätigen. Bereits vor dem Marktstart am 28. Januar hat Toyota bereits 4000 Einheiten verkauft, insgesamt 14.000 Verkäufe werden in diesem Jahr angepeilt. Die Hälfte davon sollen Neukunden für Toyota sein, weshalb der C-HR von Toyota den Titel "Eroberungsfahrzeug" erhält.

Bei Preisen ab 21.990 Euro für die Basisvariante keine schlechte Voraussetzung für den Lifestyle-Bomber. Doch Toyota rechnet halt mit 70 Prozent Hybriden, deren Preis bei 27.390 Euro in der zweiten Ausstattungsvariante beginnt und zwei Stufen höher bei 30.980 Euro endet.

Da klingen 14.000 Einheiten für den deutschen Markt sehr ambitioniert. Aber selbst wenn dem deutschen Importeur der ein oder andere Tausender fehlt, feiert der Neuling schon Erfolge – allein auf dem Heimatmarkt wurde der in der Türkei produzierte C-HR mit Begeisterung aufgenommen. Innerhalb einer Woche haben 50.000 Bestellungen die Langeweile der bisherigen Modellpalette vertrieben.

Vorheriger ArtikelNeuer Skoda Octavia als Sondermodell Drive
Nächster ArtikelInfiniti Q60: Coupé alter Schule
Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

Keine Beiträge vorhanden