Mit dem Aygo X bringt Toyota einen emotionalen Kleinstwagen. Für einen echten Giftzwerg fehlt ihm aber ein wenig der Schub.
X-beliebige Autos hat Toyota lange genug gebaut. Viele Modelle von zuverlässiger Qualität, emotional aber oft reichlich unterkühlt. Damit ist Schluss. Schon seit längerem hat sich die Nummer 1 der Autowelt von seiner Graue-Maus-Politik verabschiedet. Ob der heiße Supra, die Knallbüchse Yaris GR oder der provokante Crossover C-HR – Toyotas aktuelle Rasselbande duckt sich optisch nicht mehr weg.
Mit diesem neuen Selbstbewusstsein startet nun auch der im tschechischen Kolín gebaute Aygo X. Während andere Hersteller Stück für Stück den wenig rentablen Kleinstwagen-Sektor verlassen, legt Toyota nach. Und wie! Mit 3,70 Meter Länge reiht sich der stylische Crossover zwischen Aygo (3,46 Meter) und Yaris (3,94 Meter) ein, auf dessen verkürzter Plattform er steht.
Dicke Backen und ein Hauch mehr Bodenfreiheit
Sein in Europa entworfenes Design wirkt frisch und trifft den Zeitgeist. Der Aygo X ist ein knuspriger Crossie der auffällt. Mit seinem X-Faktor – knackige Proportionen, stämmiger Body, kurze Überhänge, große Räder – sammelt er Sympathiepunkte, bevor er auch nur einen Meter gefahren ist. Für die unausweichliche SUV-Note sorgen die erhöhte Bodenfreiheit (+1,1 Zentimeter zum Aygo) sowie robuste Kunststoff-Beplankung rund um die Radhäuser, die beim ersten Drive noch mit Tarnfolie beklebt waren.
Auf so einen charismatischen Zwergen-Toyota mussten wir lange warten. Schon die Farbnamen des Spicy-Colour-Concepts in lässiger Bi-Tone-Lackierung (ab Pulse für 290 Euro extra) deuten die moderne Zubereitung an: Grün heißt hier Cardamom, das kräftige Rot Chili und Ginger steht für Beige. Vier Varianten im Zweifarben-Stil stehen in der kurzen Aufpreisliste. Insgesamt gibt es fünf Ausstattungslinien von 15.390 bis 21.550 Euro sowie zwei Air-Modell mit extra-großem Stoff-Faltdach, das jeweils 1.000 Euro Aufpreis kostet.
In zweiter Reihe ist man als Kind im Vorteil
Beim Platzangebot können die Japaner zwar nicht zaubern, doch 231 Liter Kofferraum mit leider recht hoher Ladekante sind immerhin 63 Liter mehr als beim Normalo-Aygo. Hinten hocken Erwachsene mit den Ohren zwischen den Knien. Das ist wirklich nur was für Kurzstrecken oder für Kinder. Und ja, es gibt auch hier reichlich nackte Kunststoffflächen. Irgendwo muss der Preis ja herkommen. Aber wir schauen auch auf ein cooles Cockpit, das viel pfiffiger ausschaut als beim „kleinen” Aygo: großer Tacho, in der Mitte, oval und mit Plastik in Wagenfarbe umrahmt, der bis zu neun Zoll große Touchscreen.
Die Multimedia-Zentrale beherrscht – natürlich – Befehle per Sprache, Android Auto und Apple Carplay, kann sich Over-the-Air updaten und Verkehrsinfos per Echtzeit übermitteln. Gegen Aufpreis im Paket oder ab „Explore” serienmäßig gibt es eine Handyschale für induktives Laden und für 500 Euro extra (Limited serienmäßig) eine discotaugliche 300-Watt-JBL-Soundanlage mit Subwoofer im Kofferraum. Ein Rückfahrkamera ist Standard und alle Aygo X kommen mit dem Assistenzpaket Safety Sense, das neben Spurhalte-System und Abstandstempomat auch einen Kollisionswarner beinhaltet, der auf Radfahrer (nur bei Tag) oder Fußgänger (Tag und Nacht) reagiert.
Einzige Motorisierung: ein Dreizylinder mit 72 PS
Wie kräftig so ein City-Micro-SUV sein muss, beantwortet Toyota eindeutig: 72 PS. Nicht mehr, nicht weniger. Den Aygo X gibt es nur mit einem Ein-Liter-Dreizylinder, der mit einem WLTP-Verbrauch von 4,7 Litern zu den sparsamsten seiner Zunft gehören soll. Der Hybridantrieb aus dem Yaris mit 116 PS-Systemleistung würde technisch zwar passen, nicht aber vom Preis. Und weil der Aygo-X ja nur 940 Kilo auf den Rippen hat, reicht’s für die Stadt dicke. Mit etwas Fantasie, hört sich das heisere Schnarren des Motörchens sogar irgendwie sportlich an.
Überhaupt ist man mit dem kleinen Hüpfer schon nach wenigen Meter per Du. Das liegt an seiner Beweglichkeit im Stadtgewusel, seinem Mini-Wendekreis und sicher auch an der erhöhten Sitzposition. Toyota hat die Sessel um 5,5 Zentimeter höher montiert als im Aygo, so hat man vieles gut im Blick. Gemessen am kurzen Radstand und den üppigen 18 Zoll-Rädern des Testwagens (17 Zoll-Serie), federt der Japaner so gut es eben geht und zieht in den Kurven verlässlich und stabil seine Spur. Die Lenkung peilt zielgenau, die sechs Gänge fallen fast wie von selbst rein. Schaltfaule bestellen sich für 1100 Euro extra die stufenlose Automatik S-CVT. Das kompakte Getriebe soll 21 Kilo leichter sein als im Yaris.
Besonders schwer dürfte es der Aygo-X bei uns ohnehin nicht haben. So einer passt in jede City. Rund 15.000 Stück will Toyota per anno in Deutschland verkaufen. Das sollte klappen. (SP-X)