Toyota Land Cruiser: Souverän, wo die Luft sonst dünn wird

Neuauflage des Offroaders

Toyota Land Cruiser: Souverän, wo die Luft sonst dünn wird
Der Toyota Land Cruiser bleibt ein kerniger Offroader und fährt auch dort, wo andere nicht mehr hinkommen. © Toyota

Wer über Geländewagen spricht, der landet schnell beim Toyota Land Cruiser. Er gehört wie die G-Klasse von Mercedes zu den wahren Offroader. Nun kommt die Neuauflage. Zunächst mit Diesel- später auch mit Mild-Hybrid.

Mehr als 70 Jahre und über ein Dutzend Modellgenerationen lang hat sich der Land Cruiser in einem Offroader-Dreigestirn mit Land Rover und Jeep behauptet. Diese Fabrikate, später noch unter Einschluss der G-Klasse von Mercedes, gelten in der Stock-und-Stein-Szene als „wahre“ Geländewagen, werden für ihre Fähigkeiten auf Geröll, in Wüstensand oder Schlamm sowie für ihre Robustheit innig geliebt.

Für den Land Cruiser blieb im deutschen Zulassungswettbewerb dieses Quartetts in den ersten neun Monaten dieses Jahres aber nur Rang drei, weshalb ihm künftig die Aufgabe zufällt, wieder Boden gut zu machen.

In wichtigen Bereichen deutlich verbessert

Mit neuem Gesicht, zusätzlichen Sicherheits-Features und zeitgemäßer Konnektivität, aber mit bewährten Offroad-Qualitäten soll der Erfolg gelingen. Wobei wohl der Hinweis sinnvoll erscheint, dass nur die wenigsten Land-Cruiser-Kunden ihren Fahrzeugen ernstere Hindernisse zumuten als zum Beispiel den Bordstein vor Kita oder Schule.

Sperrdifferenziale und Getriebe-Untersetzung, automatische Bergauf- und -abfahr-Programme sowie ausklinkbare Stabilisatoren für größere Federwege sind sicher „nice-to-have“, wirklich notwendig im Alltagsbetrieb sind sie eher nicht.

Es sei denn, der Land Cruiser ist im Einsatz bei Feuerwehr, Katastrophenschutz und Rettungsdiensten, der Bergwacht oder als Wartungs-Fahrzeug für schlecht zugängliche Infrastruktur-Einrichtungen. Dort hat er sich in der Vergangenheit bewährt und wird es dank 3,5 Tonnen möglicher Zuglast wohl auch in Zukunft tun. Mittel zum Zweck ist bis auf Weiteres ein 2,8 Liter großer Vierzylinder-Dieselmotor mit 205 PS. Im kommenden Jahr soll auch in Deutschland eine Mild-Hybrid-Variante nachgelegt werden, die in der gleichen Leistungsklasse antritt.

Gewicht von 2,3 Tonnen

Angesichts eines fast fünf Meter langen, 2,3 Tonnen schweren und für bis zu sieben Passagiere ausgelegten Vielzweck-Kombis erscheint die Leistung eher bescheiden. Wettbewerber sind in dem imageträchtigen SUV-Segment mit deutlich mehr Pferdestärken unterwegs. Der Grund für die Bescheidenheit bei Toyota ist technisch bedingt: Der betagte Basismotor wäre zwar leicht auf mehr Leistung zu bringen gewesen, hätte dann aber nur mit unvertretbar hohem Aufwand auch die europäischen Abgas-Grenzwerte einhalten können. So entschied man sich für ein Aggregat, das sich der Daten-Rivalitäten des Autos-Quartetts entzieht und mit 500 Newtonmetern Drehmoment dennoch für einen überzeugenden Antritt sorgen kann.

Der Land Cruiser ist ohne Zweifel eine globale Erfolgsstory. Mehr als zehn Millionen Exemplare wurden in über 170 Ländern verkauft. Da die aktuellste Version auch optisch Anschluss an traditionelle Merkmale suchen will, werden im Design gerade Linien, rechte Winkel, glatte Flächen und Schnörkellosigkeit betont. Ob die etwas unfertig anmutende Frontgestaltung als gelungen anzusehen ist, unterliegt dem persönlichen Geschmack. Auch sie setzt auf kantige Klarheit, horizontale und vertikale Akzente und trägt erstmals den Toyota-Schriftzug dort, wo bisher das verschlungene T-Logo prangte.

Zwei große Displays im Innenraum

Das Cockpit im Land Cruiser ist volldigital. Foto: Toyota

Auch auf dem Pralltopf des Lenkrades hat der Markenname das Logo ersetzt. Zwei 12,3 Zoll große Display sowie ein ausstattungsabhängiges Head-Up-Display geben über Fahrdaten, Neigungswinkel und andere Fahrzeug-Zustände Auskunft, steuern die Funktionen von Sicherheits- und Multimedia-Features. Die geräumige Kabine ist von kühler Sachlichkeit, ohne ungemütlich zu wirken, zusätzliche Polster schützen bei ruppiger Geländefahrt zusätzlich.

Funktionalität steht bei der Kabinen-Gestaltung im Vordergrund, weshalb weder einem Tastenvermeidungs-Fetisch noch der Überladung mit Bedienelementen gehuldigt wird. Die Verkleidungs-Oberflächen sind von angenehmer Haptik, gleichzeitig aber aus strapazierfähigem Material. In der fünfsitzigen Version bietet der Land Cruiser hinter der oben angeschlagenen elektrischen Heckklappe 1063 Liter Ladevolumen, bei umgelegter Rückbank (die im Verhältnis 40:60 teilbar ist) sogar 2000 Liter. Die Scheibe der Heckklappe ist separat zu öffnen.

Neue Achtgang-Automatik

Der knorrige Diesel neigt in Anfahr- und Beschleunigungs-Phasen zwar zu einem unnötig angestrengten Klang, ist in der Überlandfahrt aber ein genügsamer und unauffälliger Begleiter, der seine Kraft geschmeidig von der neuen Achtgang-Automatik portionieren lässt. Da er die sportliche Attitüde gern anderen überlässt, geben sich die Insassen gern mit 175 km/h Höchsttempo zufrieden. Schneller zu fahren bedeutet für sie im Zweifelsfalle auch, die komfortable Atmosphäre an Bord nebst Entertainment aus einer wohltönenden Soundanlage kürzere Zeit genießen zu können.

Den Land Cruiser jenseits der Straße in Verlegenheit bringen zu wollen, ist ein fast aussichtsloses Unterfangen. Um mit so gut wie jeder Offroad-Herausforderung klar zu kommen, hat Toyota den bewährten Allradantrieb weiter modifiziert. Im Standardbetrieb ist die Drehmoment-Verteilung zwischen Vorder- und Hinterachse 40:60 Prozent, während das neue Multi-Terrain-Select-System Lenkung, Antriebskraft und hydraulische Bremssteuerung an die Fahrsituation anpasst. Außerdem kann zwischen verschiedenen Fahrmodi je nach Untergrund von „Schotter“ bis „Tiefschnee“ ausgewählt werden. In felsigem Gelände oder bei steilen Abfahrten hält die „Craw Control“ automatisch eine niedrige und stabile Geschwindigkeit. Darüber hinaus kann der vordere Stabilisator per Tastendruck entkoppelt werden, was einen um 20 Prozent größeren Federweg der Räder ermöglicht.

Souverän, wo die Luft dünn wird

Bis zu 3,5 Tonnen darf der Toyota Land Cruiser an den Haken nehmen. Foto: Toyota

Warum das neue Modell auch gut „Mountain Cruiser“ hätte getauft werden können, wurde jüngst bei Fahrtests im marokkanischen Atlas-Gebirge unter Beweis gestellt. Steilhänge bis zu 42 Grad Neigung erklimmt der Wagen mit Bravour, ohne dass die dünne Luft in 2200 Metern Höhe zu einem spürbaren Leistungsabfall führt. Aus weichen Sanddünen wühlt er sich ebenso souverän heraus wie er Schräglagen von bis zu 44 Grad meistert.

In Mitteleuropa wird er sich dagegen wohl eher als bequemer Reisewagen für Familien auf der Langstrecke bewähren, und das bei einem WLTP-Durchschnittsverbrauch von 10,3 bis 10,7 Litern/100 km. Die Preise beginnen bei 69.990 Euro, die Top-Version schlägt mit 86.490 Euro zu Buche.

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