Tesla Model S: Stromer in der Luxusklasse

Batterie mit 8000 Zellen

Tesla Model S: Stromer in der Luxusklasse
Der Tesla S stößt in den USA auf große Nachfrage. © Tesla

Der Tesla Modell S glänzt. Er bietet eine Reichweite von theoretisch 500 Kilometern und macht der Oberklasse Konkurrenz.

An elektrische Kleinwagen haben wir uns ja so langsam gewöhnt. Und dass es eine Handvoll exquisiter Sportwagen mit E-Motoren gibt, das hat sich ebenfalls herum gesprochen. Doch in der Business- und Luxusklasse, dort, wo die Sechs-, Acht- und Zwölfzylinder den Ton angeben, dort hat sich bislang noch kein Stromer versucht. Zu schwer die Autos, zu hoch der Komfortanspruch und vor allem zu groß die Distanzen, als dass man in diesem Segment bis dato ernsthaft über Alternativen nachgedacht hätte. Schon vom Hybridantrieb will da ja kaum jemand etwas wissen.

Konkurrenz für Premiumhersteller

Umso größer ist die Neugier, mit der man dem Tesla Model S begegnet. Denn mit ihm greift der amerikanische Strom-Star Elon Musk die etablierten Autohersteller genau dort an, wo sie sich am sichersten wähnten und macht ihnen tatsächlich das Oberhaus streitig: Bis zu 500 Kilometer Reichweite und Sprintwerte auf Porsche-Niveau - im besten Fall ist das Model S in nur 4,4 Sekunden auf Tempo 100 - bringen die schnörkellose Limousine tatsächlich in die engere Auswahl von Viel- und Firmenfahrern.

Dazu fährt der 2,1 Tonnen schwere Luxusliner auch noch sehr ordentlich, ist mit verstellbarer Luftfederung und programmierbarer Lenkung alles andere als eine lasche Amikutsche, sondern zumindest im sportlichsten Modus ein Auto, das seinen Fahrer tatsächlich ein wenig fordert und in den Kurven die Mundwinkel nach oben treibt. Und auch wenn das Model S nicht gerade futuristisch aussieht, sondern auch als Mischung aus Maserati und Aston Martin durchgehen würde, ist es zumindest eine angenehme Abwechslung im Einerlei von Audi A6, BMW Fünfer und Mercedes E-Klasse.

Batterie mit 8000 Zellen

Cockpit im Tesla Modell S
Das Cockpit des Model S von Tesla Tesla

Die immensen Fahrleistungen kommen allerdings nicht von ungefähr: Der E-Motor an der Hinterachse hat 306 kW/416 PS und geht ab der ersten Umdrehung mit 600 Nm zu Werke. Und die Batterie ist die mit Abstand größte und leistungsstärkste, die in automobilen Anwendungen zum Einsatz kommt. Als flaches Paket unter dem Wagenboden montiert, besteht sie aus über 8.000 Zellen, die im stärksten Modell auf eine Kapazität von 85 kWh kommen – immerhin drei Mal so viel wie bei der elektrischen B-Klasse.

Zwar reicht das im Normzyklus tatsächlich für 500 Kilometer Reichweite, im Alltag kann man sicher mit 300 Kilometern kalkulieren, und wenn man mal die erste Stunde durch den dichten Großstadtverkehr gefahren ist und dabei beobachtet hat, wie langsam die Reichweitenanzeige fällt, denkt man über das Ankommen irgendwann einfach nicht mehr nach. Und falls einem doch mal der Saft ausgeht, baut Herr Musk ja gerade auch in Europa ein Netz von so genannten Superchargern, an denen Tesla-Kunden ihr Modell S kostenlos tanken und binnen 30 Minuten zumindest halbvoll tanken können. Wo anders zu laden, hat auch kaum Sinn: An einer normalen Haushaltssteckdose zum Beispiel tankt der Tesla etwa 24 Stunden.

Für die hohe Energiedichte und das schnelle Laden geht Tesla allerdings ein hohes Risiko ein. Die Lithium-Ionen-Zellen sind aus dem Laptop und nicht aus der Automotive-Welt. Ohne sie wären solche Eckwerte nicht möglich, doch gelten sie als besonders empfindlich und aggressiv, und ihre schiere Anzahl verhindert die Montage an einem wirklich geschützten Platz im Fahrzeug. Nicht unter den Sitzen oder hinter der Rückbank, sondern frank und frei am Unterboden sind die Akkus eingebaut – und haben wurden deshalb prompt schon mindestens drei Mal so beschädigt, dass sie Feuer gefangen haben und der Wagen ausgebrannt ist. Es gab nie einen Personenschaden, Behörden wie das Kraftfahrtbundesamt haben bereits Entwarnung gegeben und bei bereits 20.000 ausgelieferten Autos sind drei solcher Vorfälle wahrscheinlich kein schlechter Schnitt. Doch ein Risiko bleibt und mit ihm das ungute Gefühl vom Versuchskaninchen, das Tesla sonst so wirkungsvoll bekämpft hat.

Schnörkelloses Design

Aber ein Auto besteht ja nicht nur aus Antrieb. Und das Model S hat noch andere Qualitäten. Denn so spektakulär wie die Fahrleistungen des elektrischen Revolutionärs ist sein Innenleben: Das Design schnörkellos und sehr zurückgenommen, die Platzverhältnisse sind abgesehen von der eingeschränkten Kopffreiheit im Fond so üppig, dass es auch vorn noch für einen Kofferraum reicht und im Heck zur Not für den Nachwuchs noch eine dritte Bank bestellt werden kann. Die Bewegungsfreiheit ohne Mitteltunnel ist grandios und die Bedienung revolutionär. Denn bis auf den Warnblinker und den Schalter für die elektrische Öffnung des Handschuhfachs finden man im Cockpit keinen einzigen Knopf mehr.

Tesla weitet den Verkauf aus.
Das Heck des Modell S Tesla

Nur direkt am Lenkrad und natürlich in den Türtafeln haben ein paar Schalter überlebt. Aber die eigentliche Kommando-Zentrale ist ein riesiger Touchscreen, der jedes iPad ziemlich alt aussehen lässt. Groß wie ein Zeichenblock, völlig frei konfigurierbar und immer online, kann man darauf alle Fahrzeugfunktionen programmieren, den Energiefluss beobachten, im Internet surfen und Webradio hören oder mit Google einfacher navigieren als mit jedem anderen Pfadfinder.

Der Einstand ist eindrucksvoll und quasi aus dem Stand kommt Tesla mit dem alternativen Model S auf Augenhöhe mit der etablierten Konkurrenz. Allerdings leider nur auf den ersten Blick. Wenn man etwas genauer hinschaut und die alten und das neue Konzept mit den gleichen Maßstäben misst, dann verblasst der Glanz des elektrischen Shooting-Stars ein wenig. Zumindest auf deutschen Autobahnen geht dem Model S mit seinen maximal 210 Sachen für die Klasse der 250 km/h-Bolzer einfach zu schnell die Puste aus.

Wenn man erst im dritten Untermenü auf dem Touchscreen das Schiebedach ein paar Zentimeter schließen kann, wünscht man sich einen ganz konventionellen Schalter zurück. In einem Auto für 68.000 Euro aufwärts mag man weder schräge Fugen noch klaffende Spalten oder wackelnde Sitze hinnehmen. Und wenn man das „modernste Auto der Welt“ bauen will, dann muss man schon auch ein bisschen in Assistenzsysteme investieren. Wo Mercedes, BMW & Audi automatisch einparken und bald schon autonom fahren werden, muss dem Tesla-Kunden ein ganz normaler Tempomat reichen. So ganz aufgeholt hat Herr Musk den Vorsprung von zum Teil 127 Jahren Automobilgeschichte mit seinem Modell S deshalb noch nicht. (SP-X)

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