Suzuki Jimny Ranger: Wenn der Förster zum Halali bläst

Sondermodell des kleinen Geländewagens

Suzuki Jimny Ranger: Wenn der Förster zum Halali bläst
Der Suzuki Jimny ist eines der letzten automobilen Abenteuer. © AG/Flehmer

Nach gut 20 Jahren fährt der Original Suzuki Jimny der Rente entgegen. Auch im Sondermodell Ranger beschert der kleine Geländewagen ganz charmant automobile Genüsse aus vergangenen Zeiten.

Was waren das noch für Zeiten. Früher konnten Kinder und Erwachsene ohne Helm Fahrrad fahren oder auf der Straße nicht nur Fußball spielen. Heute machen sich Erziehungsberechtigte schon fast strafbar, wenn sie ihre Schutzbefohlenen ohne Sicherheitskleidung auf das Zweirad lassen. Zumindest ziehen sie strafende Blicke der Nachbarn auf sich.

Auch bei Neuwagen verhält es sich ähnlich. Diese scheinen – sofern sie nicht schon automatisiert unterwegs sind – ohne Assistenzsysteme gar nicht mehr die Garagenabfahrt verlassen zu dürfen.

Suzuki Jimny vor der Ablösung

Ganz befreit von diesen Ansprüchen schickt Suzuki den Jimny seit gut 20 Jahren auf die Straße. Der gerade einmal 3,70 Meter kurze Geländewagen – im heutigen Sprachgebrauch ein Mini-SUV – avanciert in der Übergangszeit der automobilen Moderne in die automatisierte Zukunft zum letzten automobilen Abenteuer neben dem Lada Niva, dem die Modernisierung aber schon den kultigen Namen nahm. Diesen Namenswechsel brachte der Jimny mit der europäischen Einführung 1998 bereits hinter sich, als er den SJ ablöste.

Nun steht der Jimny selbst vor der Fahrt in die Rente und präsentiert sich fast immer noch so wie vor 20 Jahren. Ein Lenkrad, Instrumente, Radio mit – immerhin – Navi sowie Klimaanlage. Das war es auch schon. Kein Abstandstempomat, geschweige denn überhaupt ein Tempomat. Auch keine Knöpfe am Lenkrad und erste recht keine Einparkhilfe, die heute schon fast jedem Kleinwagen zuteil wird.

Unschlagbar im Gelände

Der Kofferraum des Suzuki Jimny. Foto: AG/Flehmer
Der Kofferraum des Suzuki Jimny kann für den Wildtransport ausgelegt werden. Foto: AG/Flehmer

Allerdings trumpft der Jimny mit seinem unschlagbaren Allradantrieb auf, der hinzugeschaltet wird. Angesichts der engen Maße eignet sich die Erweiterung vom Hinterradantrieb auf vier Räder schon auf feuchtem Untergrund. Und natürlich ist der Kleine dank seiner Maße von auch nur 1,60 Metern in der Breite und sehr kurzen Überhängen der geborene Begleiter für Förster, Jäger und Sammler. Vor allem als Sondermodell Ranger. Dann steht neben einem Trenngitter eine strapazierfähige Laderaumauskleidung zur Verfügung, auf der das erlegte Wild die 1,1 Tonnen Leergewicht erhöht. Auch eine abnehmbare Anhängerkupplung liegt stets bereit, allerdings wird sie nur selten zum Einsatz kommen.

Denn selbst für den kleinen und leichten Jimny sind die 68 PS und 110 Newtonmeter Drehmoment des 1.3 Allgrip nicht viel. Auch wenn die fünf Gänge schnell eingelegt werden können, dauert es 14,1 Sekunden, ehe Tempo 100 erreicht wird. Und 140 Stundenkilometer taugen auch nicht gerade für eine längere Strecke des Vierzylinders auf der Autobahn. Und diese sollte wirklich gemieden werden. Denn schon bei 50 km/h in der Stadt liegt der höchste Gang drin. Auf der Stadtautobahn bei 80 km/h wird es schon etwas lauter, den Rest können sich alle ausmalen. Wer dafür die urbanen Pfade oder Waldwege bevorzugt, wird den angegeben Verbrauch von 7,1 Litern Super nicht signifikant erhöhen.

Enge Rappelkiste

Das Heck des Suzuki Jimny. Foto: AG/Flehmer
Eng geht es im Suzuki Jimny zu. Foto: AG/Flehmer

Aber auch vom Fahrwerk her sollten längere Strecken gemieden werden. Denn der Jimny ist aufgrund seiner Maße und eines Radstandes von gerade einmal 2,25 Metern eine Rappelkiste. Und eine enge Rappelkiste. Fahrer und Beifahrer sollten sich gut verstehen, der Raum dahinter den Ergebnissen vorbehalten bleiben, von denen der Waidmann vor dem Blasen zum Halali geträumt hat. Bevor das Schwarz- oder Rotwild seine letzte Reise antritt, müssen für den Jimny Ranger mindestens 16.940 Euro investiert werden, in der höchsten Ausstattungslinie einen knappen Tausender mehr.

Doch nicht nur für Förster und Jäger eignet sich der Jimny. Auch nach 20 Jahren entwickelt er auch noch in diesen Zeiten einen betörenden Charme für das Vergangene, auch wenn viele auf den Jimny ebenso tadelnd schauen wie die Nachbarn auf die Eltern, die ihre Kinder ohne Helm Fahrrad fahren lassen. Aber wer würde heute nicht gerne noch einmal auf der Straße nicht nur Fußball spielen?

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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