Mitte der neunziger Jahre war der Subaru WRX STI fast allein auf weiter Flur. Die vierte Generation des Impreza STI-Nachkommen muss sich schon mehrerer Konkurrenten erwehren, was auch Folgen nach sich zieht.
Sein Auftritt beschwört die lang zurückliegende Zeit, als die europäischen Boliden der Rallye-WM durch scharfe Samurai-Schwerter bezwungen wurden. Tatsächlich versteht sich der im Juni bei den deutschen Subaru-Händlern eintreffende WRX STI auch in vierter Generation als direkter Nachkomme jener Impreza STI, die ab Mitte der 1990er Jahre auf Weltmeister-Titel geradezu abonniert waren. Wichtigster Rivale der meist leuchtend blau lackierten Allradler war stets der Mitsubishi Evo, der sich jetzt jedoch in den Ruhestand verabschiedet.
Eine Alleinstellung auf dem Feld der familientauglichen, handlichen Hochleistungssportler besitzt der neue Subaru WRX STI dennoch nicht: Längst haben auch kompakte Europäer den Kick der 300-PS-Liga entdeckt. Von Audi S3 Quattro über BMW M 135i xDrive bis zum VW Golf R 4Motion hat eine ganze Schwadron starker 4x4-Sportler Startaufstellung genommen. Für Subaru Anlass, die Preise für den WRX STI gegenüber dem Vorgänger drastisch zu reduzieren und den zum Markenzeichen gewordenen wilden Heckflügel nur noch optional zu offerieren.
Subaru WRX STI ab 41.900 Euro
So kostet der WRX STI mit 221 kW/300 PS starkem 2,5-Liter-Vierzylinder-Boxer-Benziner nun ab 41.900 Euro und damit 7500 Euro weniger als der Vorgänger. Ein echtes Schnäppchen ist die viertürige Stufenhecklimousine trotzdem nicht, gibt es die deutschen Konkurrenten doch zu teils deutlich niedrigeren Einstiegspreisen. Gar nicht zu reden von geringfügig schwächeren europäischen Rivalen wie dem Seat Leon Cupra 280, der fast 10.000 Euro weniger kostet, dafür aber auch keinen 4x4-Antrieb bietet. Gegen die junge Konkurrenz kontert Subaru mit dem Faszinationspotenzial eines traditionsbeladenen Rallyefighters. Allerdings erhält den richtigen Renndress nur, wer den WRX STI mit dem Ausstattungspaket "Sport" bestellt, das mindestens 45.200 Euro kostet und alle STI-typischen Attribute wie den gewaltigen Heckspoiler umfasst.
Dennoch können heute auch Rennmaschinen nicht gänzlich auf Alltagstauglichkeit verzichten. Deshalb bietet die wieder vom kompakten Subaru Impreza abgeleitete Stufenhecklimousine ein Interieur mit ausreichend Platz für vier, notfalls auch fünf Passagiere. Gedacht wurde auch an ein gut geschnittenes Kofferraumabteil mit respektablen 460 Litern Kapazität und großer Durchladeöffnung bei umgelegten Rücksitzlehnen und bei der Fahrwerksabstimmung an noch erträglichen Komfort bei schlechten Straßen.
Subaru WRX STI komfortabler gestaltet
Tatsächlich stand die Langstreckeneignung explizit im Lastenheft des von der hauseigenen Motorsportdivision Subaru Tecnica International (= STI) konzipierten Racers. So verfügt die Limousine nun über Komfortfeatures wie besonders weit öffnende Türen für bequemen Einstieg, ausreichenden Fußraum im Fond dank längeren Radstands und endlich etwas hochwertiger wirkende Interieurmaterialien.
Positiv überraschend ist die großzügig dimensionierte Verglasung und die dadurch gute Rundumsicht im WRX STI. In Zeiten modischer schießschartenartig schmaler Seitenfenster leider längst nicht mehr selbstverständlich, beim Subaru aber besonders hilfreich. Fördert der Wendekreis von fast zwölf Metern doch nicht gerade die Handlichkeit in engen Gassen oder Garagen.
Subaru WRX STI als Wild Boy vergangener Zeiten
Aber den Subaru fahren ohnehin nur Menschen mit Selbstbewusstsein. Dafür sorgt schon die dramatische, spoilerbewehrte Optik. Aber mehr noch die Technik, die große Gefühle aufkommen lässt. Spätestens, wenn der charakteristisch kernige Sound des Boxer-Benziners Vollgas-Festspiele verheißt. Vernunft war gestern, denkt der STI-Pilot und legt den ersten Gang ein.
Doppelkupplung gibt es nicht einmal als Option, dafür aber ein Sechsgang-Getriebe mit knackig-kurzen Wegen, das die Schaltarbeit Lust statt Last sein lässt. Zum Glück, denn nur fleißiges Schalten hält die Drehmomentkurve auf maximale Kampflinie. Satte 407 Nm stellt der STI bereit - allerdings erst bei 4000 Touren. Wie ein Wild Boy aus den ungestümen 1990er Jahren, als Effizienz und CO2-Werte für Racer noch keine Rolle spielten.
Subaru WRX STI bleibt enthemmtes Rallyetier
Zum Vergleich: Der Golf R hält 380 Nm bereit, dies aber über ein breites Band von 1800 bis 5500 Touren. Thema Tanken: Laut Norm begnügt sich ein Golf R mit 7,1 Liter Super Plus, beim Subaru sind es 10,4 Liter. Im Alltag dann 12 bis 14 Liter und bei der Jagd nach Bestzeiten mit schwerem Gasfuß nochmals mehr. Der CO2-Wert von 242 g/km übertrifft die Emissionen eines 560-PS-Porsche 911 Turbo S. Freuen wir uns dennoch, dass Subaru den WRX STI in Neuauflage nach Deutschland bringt!
Warum? Weil der Japaner ein enthemmtes Rallyetier ist, ein konkurrenzloser moderner Klassiker mit eingebautem Kultstatus, der Subaru nicht Stückzahlen (in diesem Jahr sollen es nur 120 Einheiten in Deutschland sein), sondern Image beschert. Und für solche raren Liebhaberautos sollte auch in Zeiten der Energiewende eine Nische offen bleiben. Schließlich erzeugt der Subaru süchtig machende Glücksgefühle, wenn er so präzise und leichtfüßig um die Kehren von Rundkursen dribbelt oder driftet (das ESP ist in drei Stufen abschaltbar) wie kaum ein anderer Viertürer. Dazu verzögert die Bremsanlage bissfest und gut dosierbar.
Souveräner Ritt des Subaru WRX STI über Schotterpisten
Extreme Lastwechsel beeindrucken den STI ebenso wenig wie der Tanz über Staub oder Schotterpisten. Dafür sorgt schon das Allradantriebssystem mit variabler oder gesperrter Kraftverteilung (50:50) auf Vorder- und Hinterachse.
Hinzu kommen eine mechanische und eine elektronische Differenzialbremse. Die Verteilung der Antriebsmomente kann der Fahrer in drei automatischen Modi und einem manuellen Modus beeinflussen. Vielleicht sind es diese überall und ständig präsenten Renngene, die den Subaru eindrucksvoll von pragmatischeren Wettbewerbern differenzieren. (SP-X)