Silence S04 Nanocar L7e: Emissionsfrei durch die Stadt

Nissan bietet Mikromobil an

Silence S04 Nanocar L7e: Emissionsfrei durch die Stadt
Nissan vertreibt jetzt über sein Händlernetz den Leichtbaustromer Silence S04 Nanocar. © Nissan

Nissan baut sein Portfolio für die urbane Mobilität aus. Dafür bieten die Japaner jetzt auch Fahrzeuge von Silence an. Dazu gehört das Nanocar S04.

Stromer der Start-up-Marke Silence sind ab sofort über das Händlernetz von Nissan erhältlich. Das Portfolio umfasst neben dem L7e-Leichtbau-Elektroauto S04 auch die E-Roller S01/S02. Neben Verkauf und Service will der japanische Autokonzern weitere Mobilitätsdienstleistungen wie Carsharing, Batteriewechselstationen und einiges mehr rund um den Elektrozwerg hochziehen.

L7e? Was es mit dieser Anfang der 2010er Jahre in der EU eingeführten Fahrzeugkategorie auf sich hat, dürfte noch nicht jeder verinnerlicht haben. Pionier dieser Gattung war der 2011 in Deutschland eingeführte Renault Twizy. Wichtigste Zulassungsparameter für die Autozwerge sind eine Leermasse von maximal 450 Kilogramm (ohne Batterie) sowie eine Begrenzung der Nutzleistung auf 20 PS. Das aktuelle Modellangebot in Deutschland ist mit Microlino 2.0, XEV Yoyo und Cenntro Avantier C überschaubar. Dies gilt auch für die Verbreitung. Aufgrund der Gewichtsbeschränkungen sind die L7-Stromer auf einfache Technik und mäßigen Komfort beschränkt. Sie können weder mit den Annehmlichkeiten noch der Sicherheit richtiger Pkw mithalten.

Preis startet bei 14.000 Euro

So auch beim Silence S04, der in der L7e-Version ab rund 14.000 Euro und damit zu einem für neue Elektroautos vergleichsweise günstigen Preis zu haben ist. Im Vergleich zum längst wieder eingestellten Twizy ist der S04 fast schon ein Luxusliner. Die geschlossene Fahrgastzelle mit zwei Einstiegstüren wirkt wie die eines Pkw. Trotz der 2,28 Meter kurzen und 1,27 Meter schmalen Karosserie bietet das Liliput-Mobil zwei nebeneinander angeordnete und verstellbare Sitze sowie einen 247 Liter fassenden Kofferraum.

Dazu kommen Fensterheber, Zentralverriegelung, Audiosystem, Digitalanzeige im Cockpit, Smartphone-Konnektivität, ein griffiges Multifunktionslenkrad und eine Klimaanlage, die auch bei beschlagener Frontscheibe schnell für klare Sicht sorgt. Die Blechhaut wirkt dank Charakterlinien schnittig, der Blick der LED-Tagfahrleuchten selbstbewusst. Am Heck erstreckt sich ein LED-Rücklicht über die gesamte Fahrzeugbreite. Seine Proportionen – das Auto wirkt eher hoch als lang – lassen es zugleich ein wenig niedlich erscheinen.

Antrieb in den Hinterrädern

Die Antriebsaggregate befinden sich in den Hinterrädern, so dass auf Getriebe und Antriebsstrang verzichtet werden kann. Die Batterien hingegen sind im Fahrzeugboden unter den Sitzen untergebracht. Die bis zu zwei Akkupakete lassen sich seitlich herausziehen. Eines hat eine Kapazität von 5,6 kWh. Soll der Akku geladen werden, wird er zunächst entriegelt und dann an einem Griff herausgezogen. Dabei klappen kleine Räder an der Unterseite aus.

Zusammen mit einem Teleskopgriff lässt sich der 41 Kilogramm schwere Stromspeicher dann wie ein Trolley bewegen. Der Vorteil dieser Lösung: Laternenparker können auf eine Garage oder Wallbox verzichten. Wer an einer Wallbox oder Wechselstrom-Ladesäule laden will, benötigt einen Adapter für den Typ-2-Stecker. Nach der Fahrt lässt sich der Akku bequem in die Etagenwohnung mitnehmen, sofern das Haus über einen Aufzug verfügt. Künftig sollen sich Nutzer in Deutschland den Ladevorgang sparen können, denn Nissan plant den Aufbau von Akkuwechselstationen, an denen Nanocar-Fahrer einen leeren gegen einen vollen Akku tauschen können. Mit dem Aufbau einer Infrastruktur von Akkutauschstationen könnten Kunden das Nanocar S04 auch ohne Akkus kaufen und würden dann nur für die Nutzung des Stromspeichers und den Fahrstrom zahlen.

30 PS Spitzenleistung

Die beiden Radnabenmotoren an der Hinterachse mit zusammen 20 PS Dauerleistung und 30 PS Spitzenleistung schieben ordentlich an. Inklusive Fahrer und zwei Batterien müssen sie nur rund 600 Kilogramm in Bewegung setzen. Wer das volle längsdynamische Potenzial ausschöpfen will, schaltet in den Sportmodus, der im Gegenzug Reichweite frisst. Dann soll der S04 in weniger als 7 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 50 beschleunigen. Im Stadtverkehr kann man damit locker mit den „Großen“ mithalten. Im Sportmodus erreicht der Spanier erstaunlich schnell seine Höchstgeschwindigkeit von abgeregelten 85 km/h. Und dieses Tempo kann der E-Zwerg auch halten. Der digitale Tacho zeigte über längere Distanzen fortwährend 90 km/h an.

Als Stadtflitzer und in der Vorstadt macht der S04 durchaus eine gute Figur, doch muss der Fahrer seinen von echten Autos geprägten Anspruch überdenken. Jedenfalls schien es um die Qualität des Straßenasphalts in der Region zwischen Köln und Bonn schlechter bestellt zu sein als bisher angenommen. Man merkt schnell, dass man auf allzu waghalsige Links-Rechts-Manöver verzichten sollte. Die Bremsen arbeiten ohne Bremskraftverstärker und ABS, die Lenkung kommt ohne Servounterstützung aus. Moderne Sicherheitstechniken wie ESP oder Airbags werden vom Gesetzgeber bei einem L7 nicht gefordert und sind im Fall des S04 auch nicht zu haben. Die Sitze sind eher weich, aber nicht bequem gepolstert, zudem ohne Seitenführung und die Kopfstützen zu niedrig. Im Stadtgewühl bereitet der kleine und sehr wendige Flitzer dennoch ein gewisses Fahrvergnügen.

Erstaunlich gute Sitzposition

Zudem ist das Platzangebot angesichts der Querparkkompetenz erstaunlich gut. Selbst größere Fahrer werden hier eine auskömmliche Sitzposition finden. Das Geräuschniveau geht für ein L7e-Fahrzeug, das aus Gewichtsgründen auf eine Dämmung verzichten muss, ebenfalls in Ordnung. Enttäuscht waren wir vom Frontlicht. Die vorderen LED-Lichtstreifen sind nur als Tagfahrlicht gedacht. Für die Fernsicht ist ein mittig in der Front positionierter Projektionsscheinwerfer zuständig, dessen Abblendlichtkegel allerdings nur den Nahbereich vor dem Fahrzeug einigermaßen gut ausleuchtet. Selbst bei Fahrrädern und Pedelecs bekommt man heutzutage meist besseres Licht geboten.

Bezüglich der Reichweite war unsere Testfahrt leider nicht sehr aussagekräftig, da sich ein Fehler in die Reichweitenanzeige eingeschlichen hatte, der durch ein Update, das am Testtag nicht verfügbar war, behoben werden soll. Nissan verspricht aber mit zwei Akkus und damit 11,2 kWh eine Reichweite von rund 150 Kilometern. Mit nur einer Batterie sind es 75 Kilometer. Damit verbraucht der S04 nur etwa halb so viel Strom wie ein sparsames Elektroauto.

L6e kostet 12.000 Euro

Der Silence S04 ist ideal für die Fahrt durch volle Städte, macht seine Sache aber auch über Land recht gut. Foto: Nissan

Für rund 12.000 Euro ist die 45 km/h schnelle Version L6e mit Batterie zu haben. Der schnellere L7e startet mit einer Batterie bei gut 14.000 Euro. Eine zweite Batterie kostet 2.700 Euro Aufpreis. Die bereits erwähnte Ausstattung mit Klimaanlage, Fensterhebern etc. ist immer an Bord. Für ein neues E-Auto mögen die Preise niedrig erscheinen, aber auf dem Gebrauchtwagenmarkt findet man zum Beispiel einen Fiat 500e zu ähnlichen Preisen, der wesentlich mehr Komfort, Leistung und Sicherheit bietet.

Dafür bietet die Marke Silence ein bislang einzigartiges Ökosystem. Die Batterie kann beispielsweise auch für die Elektroroller des spanischen Herstellers und mit einem entsprechenden Wechselrichter auch als mobiler 230-Volt-Stromerzeuger genutzt werden. Bei der Fahrpräsentation des S04 betrieb Nissan eine Popcornmaschine ausschließlich mit Strom aus der Batterie.

Unter anderem mit dieser Funktion will man eine junge und urbane Klientel ansprechen, die in Vorstädten und Speckgürteln lebt. Diese darf den S04 in der auf 45 km/h gedrosselten L6e-Version bereits mit 15 Jahren fahren, für den L7e muss man ein Jahr älter sein. Eine weitere Zielgruppe sind Flottenbetreiber wie Pizzalieferanten oder Pflegedienste.

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