Seat startet in die Elektromobilität. Im Februar kommt mit dem Mii electric das erste rein elektrische Modell der Spanier auf den Markt. Es sieht ganz danach aus, dass es zu einem Erfolg werden kann.
Das ist er also, der Seat Mii electric. Um zu erkennen, dass es sich bei den Kleinstwagen um das erste rein elektrische Modell des mittlerweile in neuem Glanz erstrahlenden spanischen Autobauers handelt, muss man aber zweimal hinschauen. Die Unterschiede zu dem bis vor Kurzen noch verkauften Mii mit Verbrennungsmotor sind kaum sichtbar. An den Seiten und am Heck weist nur der kleine Schriftzug electric darauf hin, dass es sich hier um einen Stromer handelt.
Vielleicht ist das auch der Grund dafür, weshalb sich bei den Testfahrten in Madrid kaum jemand nach dem Seat Mii electric umschaute. Dafür fährt der Stromer zu unauffällig vor. Einen Seat Mii kennt man, gerade in Madrid, der spanischen Metropole, die wie andere Großstädte unter der Verkehrsbelastung zu leiden hat. Deshalb hat man einige Straßen auch für Autos mit Verbrenner gesperrt. Doch so etwas wie Zufahrtsbeschränkungen kennt der Mii electric nicht. Er ist gemacht für die Großstadt – und das nicht nur deswegen, weil er lokal emissionsfrei unterwegs ist.
Mii electric mit Wendekreis unter 10 Meter
Mit seinen Abmessungen ist er ideal für die immer voller werdenden Städte. Dank seiner Länge von gerade einmal 3,56 Meter und einer Breite von 1,65 Meter lässt er sich enorm wendig durch die engen Straßen der Hauptstadt lenken. Ein Wendekreis von 9,80 Meter erfreut den Fahrer zudem. Doch diese Vorteile sind ja nicht neu. Neu ist indes der Elektroantrieb im Mii. Dort sorgt ein 83 PS starker Elektromotor für den Antrieb. Die 32,3 kWh starke Lithium-Ionen-Batterie sorgt für eine Reichweite von 260 Kilometer. Wer nur im Stadtverkehr unterwegs ist, der soll sogar 358 Kilometer erreichen können, versprechen die Seat-Ingenieure.
Doch was ist von diesen Versprechungen zu halten? Auf welche Reichweite kommt der Mii electric nun? Es hängt wie immer von verschiedenen Faktoren ab: den Wetterbedingungen, dem Fahrprofil und nicht zuletzt vom Fahrer. Doch bei den Testfahrten zeigte der Mii, dass er durchaus in der Lage ist, die in Aussicht gestellten Werte zu erreichen. Dabei muss sich der Fahrer mit Blick auf die Reichweitenanzeige im Display auf ein Auf und Ab einstellen. Wer mit voller Batterie startet und dann gleich auf die Autobahn auffährt, der wird sich verwundert ob der rapide abnehmenden Reichweite die Haare raufen: Man ist 15 Kilometer bei Tempo 110 gefahren, doch im Cockpit wird gerade nur noch eine Restreichweite von 225 Kilometer angezeigt.
Reichweitensprünge sorgen für Nervosität
Wer noch nie ein E-Auto gefahren ist, muss sich darauf erst einmal einstellen, dass der Bordcomputer derartige Sprünge hinlegt. E-Auto-Neulingen kann das schon nervös werden. Doch nur die Ruhe: der Bordcomputer legt für die Reichweitenbemessung immer den derzeitigen und vorhergehenden Fahrstil zu Grunde. Fährt man jedoch von der Autobahn auf die Landstraße, dann sieht man, dass der Mii auch anders kann.
Die Reichweite hält sich hier je nach eingelegtem Fahrmodus (Normal, Eco, Eco+) im Rahmen dessen, was man an Strecke zurücklegt – und weniger. Denn bei Bergabfahrten und beim Bremsen gewinnt der Mii Energie zurück. Das kann dann dazu führen, dass schnell einmal vier bis 5 Kilometer Reichweite hinzugewonnen werden. Den Grad der Rekuperation können Fahrer oder Fahrerin selbst wählen. Insgesamt bietet der Mii vier Stufen an. Level 4 liegt übrigens dann an, wenn der Schalthebel in Position B gestellt ist. In dieser Stufe merkt man dann auch ein deutliches Abbremsen des Fahrzeuges.
Laden mit 40 Kilowatt
Beim Blick aufs Display kann man sehen, wie die Nadel in den grün unterlegten Charging-Bereich wandert, also die Batterie aufgeladen wird. Dass sich zum Aufladen der Batterie gerade die Stadt mit ihren vielen Stop-and-Go-Situationen eignet liegt auf der Hand, hier fühlt sich der Mii unter Effizienzgesichtspunkten besonders wohl. Die in Aussicht gestellte Reichweite im Stadtverkehr von 358 Kilometer scheint aber nicht unrealistisch zu sein. Als wir den Mii nach einer Fahrtstrecke von 141 Kilometer abstellten, zeigte der Bordcomputer unter Einbeziehung der zurückgelegten Fahrstrecke noch 90 Kilometer an.
Bei den Fahrten über die Autobahn, Landstraße und Stadt hinterlässt der Mii einen guten Eindruck. Der Kleine liegt gut auf der Straße, ist straff, aber nicht unkomfortabel abgefedert. Die Lenkung vermittelt eine direkte Rückmeldung – und auch bei der Fahrdynamik hinterlässt der Kleine einen guten Eindruck. In 12,3 Sekunden beschleunigt er auf Tempo 100, das Drehmoment liegt bei 212 Nm, was bei einem 1,2 Tonnen schweren Auto für einen kraftvollen Antritt sorgt.
Klar, mit seinen Abmessungen ist der Mii kein Raumwunder, doch Fahrer und Beifahrer haben ausreichend Platz. Im Fond geht es indes eng zu, hier können zwei Personen mittlerer Größe aber noch mehr oder minder bequem sitzen. Doch einen Mii kauft man sich auch nicht als Familienauto.
E-Auto für unter 15.000 Euro
Wenn die Batterie einmal leer ist, dann vergehen an einer 40 kW-DC-Schnellladestation eine Stunde, bis der Mii wieder zu 80 Prozent aufgeladen ist. Die Schnelladeoption lässt sich Seat leider mit einem Aufpreis von 600 Euro bezahlen.
Womit wir beim Preis wären: Der liegt zwar immer noch deutlich höher als beim Mii mit Verbrennungsmotor, aber der Mii electric stößt mittlerweile in Dimensionen vor, die auch einer breiten Käuferschicht den Erwerb eines E-Autos ermöglichen. Denn unter dem baugleichen Kleinstwagen-Trio VW e-Up (21.975 Euro), Skoda Citigo (20.950) ist der Seat Mii electric mit einem Einstiegspreis von 20.650 Euro der günstigste. Und da das Bundeskabinett gerade beschlossen hat, die Kaufprämie für E-Autos mit einem Netto-Listenpreis von unter 40.000 Euro um 50 Prozent zu erhöhen, können sich Mii-Kunden über einen Zuschuss von 6000 Euro freuen.
Damit ist der Mii electric für 14.650 Euro zu haben. Für die Kunden jedenfalls scheint das ein attraktives Angebot zu sein. Bereits vor dem offiziellen Marktstart und der beschlossenen Erhöhung der Kaufprämie liegen dem Autobauer in Deutschland 1200 Bestellungen vor. Es sieht ganz danach aus, dass der Start für den spanischen Autobauer in die E-Mobilität zu einem Erfolg wird.