Seat setzt auf Emotionen. Und damit haben die Spanier Erfolg. Nun schickt die VW-Tochter den neuen Leon auf den Markt.
Seat hat einen Lauf: Jahrelang das Sorgenkind im VW-Konzern, haben sich die Spanier berappelt und melden seit Monaten nichts als gute Zahlen – und das Beste kommt erst noch. Denn in diesen Tagen erneuert die VW-Tochter ihr wichtigstes Modell und schickt im Windschatten des neuen Golf die vierte Generation des Leon ins Rennen. Er wird bei uns als Fünftürer rund 20.000 Euro kosten, der parallel anlaufende Kombi namens ST liegt etwa 1.000 Euro darüber.
Wo der Golf die konservative Konstante in der Kompaktklasse gibt, spielt Seat mal wieder den mediterranen Verführer: Nicht nur das Design ist deshalb leidenschaftlicher als bei VW, auch das Fahrverhalten des Leon wirkt lebendiger.
Aktivurlaub statt Pauschalreise
Ja, der Golf ist und bleibt der Souverän, macht es allen recht und erlaubt sich weder in der Stadt, noch auf dem Land oder der Autobahn den kleinsten Fehler. Doch ist er damit etwa so spannend wie die eine Kaffeefahrt nach Castrop-Rauxel. Der Leon dagegen hat den stärkeren und bei der Wahl des DCC-Fahrwerks auf Knopfdruck auch sportlicheren Charakter, schneidet bestimmter durch die Kurven, erfordert etwas mehr Kraft am Lenkrad, quittiert das mit der besseren Rückmeldung – und wird so zum Fahrerauto in der Familie: Aktivurlaub statt Pauschalreise, Barcelona statt Buxtehude.
Aber der Leon will natürlich nicht nur dem Fahrer gefallen. Seat hat zudem ein Herz für die Hinterbänkler bewiesen und dem König der Löwen ein größeres Reich gegeben. Der Radstand wächst um rund fünf Zentimeter auf 2,69 Meter und in der Länge legt der Leon um neun Zentimeter auf 4,37 Meter zu. Das Ergebnis spürt man vor allem im Fond, wie die Knie nun mehr Freiheiten haben und die Schultern etwas auf Distanz bleiben. Und wer nebst Kindern auch viel Kegel zu fahren hat, der bekommt natürlich auch wieder einen Kombi, bei dem der Raumgewinn noch größer ausfällt: Während der Fünftürer unveränderte 380 Liter fasst, passen hinter die große Klappe nun 620 statt 587 Liter.
Auch als Plug-in-Hybrid zu haben
Auch wenn sich Seat den stärkeren Charakter erlaubt, greifen die Spanier natürlich gerne und tief in die Wolfsburger Regale für die Errungenschaften des Modularen Querbaukastens (MQB). Das gilt vor allem für die Antriebspalette mit den Sauber-Dieseln und ihrem Twindosing-Katalysator, den Mild-Hybrid-Benzinern und den ersten Plug-in-Motoren.
So gibt es den Leon vom Start mit vier Benzinern vom 1,0-Liter-Dreizylinder mit 90 PS bis zum 2,0-Liter-Turbo mit 190 PS, einem 2,0-Liter-Diesel mit 115 oder 150 PS, einer CNG-Version mit 1,5 Litern Hubraum und 136 PS sowie mit zwei Hybrid-Versionen. Denn neben dem 150 PS starken Mild-Hybrid mit 48 Volt-Technik und elektrischem Starter-Generator bringen die Spanier erstmals auch einen Steckdosen-Stromer. Dafür kombinieren sie einen 1,4-Liter-TSI-Motor mit einer E-Maschine mit einer Systemleistung von 204 PS und einem Puffer-Akku von 13 kWh, der Strom für bis zu 60 Kilometer ohne Sprit liefert.
Wem das nicht genug ist, den tröstet ein Blick über den Tellerrand. Denn ungeduldig scharrt auch die sportliche Tochter Cupra bereits mit den Hufen: Sie hat einen Benziner mit 180 kW/245 PS und einen weiteren Plug-in mit bis zu 310 PS in der Pipeline. Wobei man die scharenden Hufen nicht wörtlich nehmen darf. Denn Seat profitiert einmal mehr vom MQB und bietet die stärkeren Varianten auch mit Allrad an.
Vielzahl von Assistenzsystemen an Bord
Neben den Antrieben kennt man auch Assistenten wie die intelligente Abstandskontrolle mit aktiver Spurführung oder die Ausstiegswarnung vom Golf und auch das Ambiente. Denn auch der Leon bekommt ein komplett und entsprechend aufgeräumtes Cockpit mit virtuellen Instrumenten, einem großen Touchscreen und den Sensorfeldern drum herum, die so viele Taster ersetzen. Und natürlich ist de Leon „always on“, verbindet sich nahtlos mit dem Smartphone, navigiert online und lässt sich mit allerlei Apps anreichern.
Zwar spricht vieles dafür, dass der neue Leon tatsächlich zu einem Erfolgsmodell wird. Doch der Druck ist gewaltig. Denn nachdem die Spanier über eine Milliarde Euro in Entwicklung und Produktion ihres Bestsellers gesteckt haben, können sie sich einen Flop gar nicht leisten. Sonst wird aus dem Strahlemann gleich wieder ein Sorgenkind. Und das ist eine Rolle, die sie in Barcelona leid sind. (SP-X)