Renault Twingo: Der smarte Freund

Kooperation mit Daimler-Tochter

Renault Twingo: Der smarte Freund
Der Renault Twingo ist das aktuellste Modell der Franzosen. © Renault

Renault schickt den Twingo in die dritte Generation. Seine Knuffigkeit blieb dem Kleinstwagen dabei erhalten – ansonsten ist fast alles neu.

Von Thomas Flehmer

Als "kleiner Freund" wurde der R5 tituliert, in dessen Nachfolge sich der Renault Twingo ab 1993 begab. Nun, 21 Jahre später, hat der Twingo seine dritte Generation erreicht und gibt sich dabei weiterhin sehr freundlich. Denn ohne den Twingo würde es keine Neuauflage des Smart geben, mit dessen Mutter Daimler Renault-Nissan seit 2010 Kooperationen betreibt. Denn als eigenständiges Modell wäre dem Unternehmen aus Stuttgart die Neuauflage des Kleinstwagens schlichtweg zu teuer gewesen. So aber konnten die Kosten halbiert werden und zwei neue Kleinwagen entstehen, auch wenn Renault-Modellreihen-Chef Ali Kassai sagt, dass "wir ein Auto entwickelt haben, nicht zwei." - Der Renault Twingo als smarter Freund.

Renault Twingo unterm Blech gleich mit Smart

Äußerlich unterscheiden sich die Zwillinge zwar weiterhin sehr stark, doch alles, was nicht sichtbar ist, fußt auf einer Basis. Und der Twingo übernahm das Heckmotor-Konzept des Smarts – und setzt somit zugleich auch die Tradition des R5 Turbo fort.

Die Vorteile des Konzepts sind dabei ein Platzgewinn im Innenraum sowie ein mit 8,60 Metern extrem kleiner Wendekreis, der nur noch vom Smart selbst übertroffen wird. In der Realität werden so die Kurven der engen Parkhäuser mit Bravour genommen. Die 180 Grad-Wende gelingt dank einem Radeinschlag von bis zu 45 Grad selbst in kleineren Straßen ohne großes rangieren.

13 Zentimeter mehr Radstand für Renault Twingo

Renault hat den Twingo völlig neu konzipiert.
Der Renault Twingo verfügt erstmals über fünf Türen AG/Flehmer

Im Innenraum kamen 13 Zentimeter mehr Radstand hinzu, sodass jetzt 2,49 Meter den Insassen zur Verfügung stehen, obwohl der Twingo insgesamt um zehn Zentimeter auf 3,59 Meter geschrumpft ist – und sich damit zwischen dem VW Up mit 3,54 Metern und den Kleinstwagen-Drillingen von Toyota, Citroen und Peugeot mit 3,64 Metern genau mittig einreiht.

Dank erstmals vier Türen an der Seite gelingt auch der Einstieg bequemer. Während Fahrer und Beifahrer sehr kommod sitzen, geht es hinten schon etwas enger zu und nicht nur groß gewachsene Personen kommen auf Tuchfühlung mit dem Dachhimmel, vor allem dann, wenn der Twingo mit dem elektrisch verstellbaren Faltdach ausgestattet wurde. Im Kofferraum lassen zwei Trolleys noch genügend Platz für weitere Dinge. Werden Rückbank und Beifahrersitz umgeklappt, können Gegenstände mit bis zu 2,30 Metern Länge transportiert werden.

Renault Twingo noch mit Euro 5 unterwegs

Für den Transport stehen zum Marktstart am 20. September zwei Motoren zur Verfügung, die beide noch unter die alte Gesetzgebung fallen und lediglich Euro 5 aufweisen. Wer auf Euro 6 setzt, muss sich beim Twingo noch ein paar Monate gedulden. Ihre Arbeit verrichten beide Aggregate aber auch mit Euro 5 gut, wobei der kleinere Energy SCe 70 eco2 Start&Stop mit 52 kW/71 PS den harmonischeren Eindruck hinterließ.

Sicher geht es mit 91 Newtonmetern Drehmoment bei 2850 Umdrehungen und einem Sprintvermögen von 14,5 Sekunden etwas behäbiger zu, doch als lahme Ente fühlt man sich mit dem Sauger nicht. Fünf Gänge reichen aus, das Fahrwerk wird zwar aufgrund der fehlenden sportlichen Gene nicht allzu sehr beansprucht, hält den Twingo aber souverän in der Spur.

Zwei Benziner für den Renault Twingo

Renault hat den Twingo völlig neu konzipiert.
Ähnlichkeiten mit dem Fiat 500 sind vorhanden AG/Flehmer

Bei einer Höchstgeschwindigkeit von 151 km/h sind die Einsätze in der Stadt vorprogrammiert, doch das ist ja auch das Hauptterrain des Twingo, der von der Seite dem Kultklassiker Fiat 500 aufgrund seiner Kugelform ähnelt. Und mit 4,2 Litern, die auf dem Rollenprüfstand des Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) erzielt wurden, präsentiert sich der Twingo noch recht sparsam für seine Größe.

0,1 Liter mehr benötigt der 66 kW/90 PS starke Turbo-Benziner, der in 10,8 Sekunden den Sprint erledigt und mit einem bei 2500 Umdrehungen anliegenden Drehmoment von 135 Newtonmetern sportlicher daherkommt – gemütlicher geht es aber mit der kleineren Motorisierung zu.

Renault Twingo mit stylischem Innenraum

Renault hat den Twingo völlig neu konzipiert.
Pfiffige Ideen im Innenraum des Renault Twingo Renault

Dann kann auch der liebevoll gestaltete Innenraum besser genossen werden, der mit einigen innovativen Gimmicks aufwartet, zu dem das nicht überzeugende Navigationssystem des neuen Multimediasystems R-Link Evolution nicht zählt. Hier sollte eher auf im Smartphone abgelegte Systeme zurückgegriffen werden, das mit dem R-Link verbunden werden kann.

Ovale Formen, die zum Teil farblich unterlegt sind, prägen das Cockpit. Farbige Ablagefächer wie ein in der Mittelkonsole integriertes und herausnehmbares Fach oder das herausnehmbare Handschuhfach, das auch als Tragetasche verwendet werden kann, werten den Twingo stark auf. Dagegen führt die Plastikhaube vorne, unter der sich die Flüssigkeiten befinden, aufgrund der unpraktischen Handhabung zur Abwertung.

Renault Twingo ab 9590 Euro

Unterm Strich überwiegen aber die freundlichen Gene des Twingos, von dem pro Jahr rund 250.000 Einheiten verkauft werden sollen. Ein Vorhaben, das im Wettkampf mit Bruder Smart gelingen kann. Denn der Kleinste der Daimler-Tochter kostet per se rund 2000 Euro mehr als das französische Pendant, das bei 9590 Euro anfängt, auch wenn zu diesem Preis kaum ein Twingo den Showroom verlassen wird.

Knapp 1300 Euro sollten schon investiert werden, um Klimaanlage und Radio mit an Bord zu haben. Die höchste Ausstattungsvariante "Luxe" beginnt bei 12.950 mit dem kleinen Aggregat, weitere 1000 Euro müssen für den Turbo abgegeben werden. Dann erweist sich der Twingo aber auch als gut ausgestatteter smarter Freund.

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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