Renault gehört zu den Vorreitern bei der Elektromobilität. Im kommenden Jahr bringen die Franzosen mit dem Megane E-Tech Electric ein Konkurrenzmodell zum VW ID.3 auf den Markt.
Dass es durchaus Vorteile, wenn man am Beginn einer neuen, automobilen Zeitrechnung bereits auf mehr als ein Jahrzehnt an Erfahrung zurückblicken kann, zeigt dann auch der Megane. Sehr früh war man mit dem Renault Zoe am Start. Mittlerweile stromern von diesem elektrischen Kleinwagen über 400.000 Exemplare durch die Gegend. Zusammen haben sie rund zehn Milliarden Kilometer zurückgelegt.
Dieses Know-how nutzt Renault nun für den zweiten Aufschlag. Der Mégane soll – zwei Klassen darüber – zu einer Art Volks-Stromer im wichtigen C-Segment werden. „Wir wollen die Menschen im großen Stil zum Umsteigen bewegen“, sagt Renault-Chef Luca de Meo. Bewusst entschieden sich die Franzosen dabei nicht für ein SUV, sondern für ein sogenanntes Hatchback-Modell. In dieser Lieblings-Liga der Europäer tummeln sich bereits der Nissan Leaf, der VW ID.3 und jüngst der Cupra Born.
Megane E-Tech auf neuer Plattform
Den Mégane E-Tech Electric hat Renault auf eine komplett neu entwickelte und nur für elektrische Antriebe ausgerichtete Plattform gestellt, die CMF-EV. Sie gibt den Designern und Konstrukteuren neue Freiheiten. Die Räder können weiter in die Ecken rücken, die Überhänge werden kürzer, der Radstand größer, die Insassen bekommen mehr Platz und zu guter Letzt steht das Auto besser proportioniert da. Besonders Letzteres ist den Renault-Designern sehr gut gelungen. Der elektrische Mégane misst nur 4,21 Meter, ist dabei mit 1,50 Meter aber etwas höher als andere Hatchback-Autos, was ihn ein bisschen wie ein Crossover-Fahrzeug wirken lässt.
Hinter dem Lenkrad fühlt man sich sofort wohl. Das recht hochwertig Cockpit ist eine gelungene Mischung aus Digitalisierung sowie Touch- und konventioneller Hard-Key-Bedienung. Weil Renault das Bordsystem zusammen mit Google entwickelt hat, kommt der Mégane-Fahrer in den Genuss aller Vorzüge hinsichtlich Kartendarstellung und Sprachbedienung. Ein „Hey, Google, stell bitte die Sitzheizung ein“ oder „Zeig mir die Ladestationen entlang der Route“ klappt bestens. Ebenso die Assistenzfunktionen. Der Mégane kann Autonomie Level 2, übernimmt Tempolimits, beachtet Kreisverkehre, hält Spur und Abstand zum Vordermann. Was manchem fehlen dürfte, ist ein Head-up-Display, wie es vermehrt auch in die Kompaktklasse einzieht. Renault meint, die Anzeigen auf den beiden Bildschirmen würden mehr als ausreichen.
Sportlich, aber dennoch komfortabel
Schon die ersten Kilometer zeigen, in welche Richtung die Franzosen den elektrischen Mégane ausgelegt haben: sportlich, ohne aber dabei den Komfort zu vernachlässigen. Der Schwerpunkt liegt, bedingt durch die große Batterie im Boden, neun Zentimeter tiefer als beim Verbrenner-Mégane. Die Lenkung wurde sehr direkt übersetzt, das Gewicht dürfte mit 1.624 Kilogramm einen Klassen-Bestwert aufweisen (ein ID.3 wiegt rund 150 Kilo mehr). Kurven nimmt der Wagen präzise und hält sauber die Spur. Er macht Spaß. „Unser Konzept bestand darin, einen GTI unter den Elektroautos zu schaffen“, sagt Chef-Ingenieur Oliver Brosse.
Die E-Maschine im Topmodell leistet 218 PS und liefert 300 Newtonmeter an Drehmoment. Damit ist der E-Mégane gut unterwegs, zieht kräftig und geschmeidig los, wie wir es von elektrischen Antrieben im Allgemeinen kennen. Wer es darauf anlegt, schafft den 0-100-km/h-Sprint in 7,4 Sekunden, ein Wert, der vor kurzem noch in der Sportwagen-Liga zu finden war.
Basisvariante hat 40 kWh
Wenn im nächsten Frühjahr der Mégane E-Tech Electric in den Markt geht, wird es neben der 160-kW-Version noch eine Basis-Variante geben. Sie hat 130 PS und eine um 30 Prozent kleinere Batterie. Während im Topmodell 60 kWh an Energie steckt und hiermit nach WLTP-Zyklus bis zu 470 Kilometer zurückgelegt werden können, hat der Akku im Basismodell eine Kapazität von 40 kWh – mit entsprechend geringerer Reichweite. Renault gibt 300 Kilometer an. Verbunden mit den unterschiedlichen Batterien verfügt der Mégane allerdings auch über ein unterschiedliches Lademanagement. Die Einstiegsversion hat serienmäßig ein einphasiges AC-Ladegerät, das Topmodell ein dreiphasiges, was die Ladezeit an der heimischen 11-kW-Wallbox auf ein Drittel senkt.
Deutlich ist der Unterschied auch beim Gleichstromladen, wichtig, wenn man längere Touren zurücklegen möchte. An einem DC-Quick-Charger kann die große Batterie mit bis zu 130 kW Leistung gefüllt werden, in die kleine Batterie fließen maximal 85 kW. Preise für den Mégane E-Tech Electric wird Renault nicht vor Mitte Dezember bekanntgeben. Man kann davon ausgehen, dass sie leicht unter jenen des wichtigsten Wettbewerbers, dem ID.3, liegen werden. Der VW startet bei knapp 32.000 Euro. (SP-X)