Renault Austral: Frischer, aber nicht teurer

Renault Austral: Frischer, aber nicht teurer
Auch beim gelifteten Austral schwört Renault auf Hybrid-Technik ohne Stecker. © Plank

Nach nur drei Jahren hübscht Renault den Austral auf. Im Vordergrund steht der Komfort, auf Wunsch gibt es nach wie vor eine Allradlenkung.

Am selbstgesteckten Ziel gibt es noch immer keinen Zweifel. Renault will das C-Segment zurückerobern – auch und gerade bei den Kompakt-SUV. Mit dem Austral schicken die Franzosen ihren hochbeinigen Mitstreiter deshalb nur drei Jahre nach Markteinführung technisch und optisch aufgefrischt ins nach wie vor selbe Rennen gegen den in dieser Klasse übermächtigen VW Tiguan. Die Strategie dieses Mal: Neues Auto zum alten Preis.

Weiterhin schwört Renault auf Hybrid-Technik ohne Stecker. In der beim Modell-Mix mit nur 20 Prozent Anteil veranschlagten Mildhybrid-Version (160 PS) verhilft ein Startergenerator samt 12-Volt-Akku dem Vierzylinder-Turbo zu Schwung, die Vollhybrid-Variante kombiniert einen 130 PS starken 1,2-Liter-Dreizylinder und zwei E-Motoren (58 und 28 kW) zu 200 PS Systemleistung an der Vorderachse. Dabei dient die stärkere der gewickelten Maschinen dem Antrieb, die schwächere sorgt als Starter-Generator für den Wechsel der Fahrstufen. Inklusive Leerlauf sortieren sich damit vollautomatisch 15 Antriebskombinationen, die den Verbrauch auf Diesel-Niveau senken sollen. Echte Selbstzünder sind selbstredend nicht mehr im Angebot, Allradantrieb bleibt dem Rafale vorbehalten.

Front wie bei Rafale und Espace

Das Display über dem Lenkrad und das in der Mitte verschmelzen zu einem spiegelverkehrt liegenden „L“. Foto: Renault

Auch wenn Grill und Scheinwerfer nun eher den Schwestermodellen ähneln, reckt der viereinhalb Meter lange Austral seine Rhombus-Nase stolz in die Höhe, beeindruckt mit hohen Schultern, kurzen Überhängen und bis zu 20 Zoll großen Rädern. Das Cockpit wird von zwei 12-Zoll-Bildschirmen dominiert – der flache über dem Lenkrad und das stehende Multi-Media-Display in der Mitte verschmelzen zu einem spiegelverkehrt liegenden „L“ – unterbrochen nur von traditionellen Lüftungsdüsen. Lediglich die Basisausstattung begnügt sich mit einem 9-Zoll-Monitor. Assoziationen zum fünften Kontinent kann man sich übrigens schenken. Austral findet sich im Französischen als ehemalige Bezeichnung dessen, was „südlich“ liegt. Was auch immer damit gemeint sein mag.

Womöglich das, was Renault unter Anspruch versteht: nicht zuvörderst Leistung, Allradantrieb und Sportlichkeit, sondern gepflegte Fahrt mit Liebe zum Detail und französischem Flair. Geht los mit doppelt gesteppten Ziernähten, sauber verarbeiteten Materialien und einer Armauflage, die an den Schubregler eines Flugzeugs erinnert. Per Google kann man mit dem Austral sogar sprechen und über eine Kamera in der A-Säule stellt der Wagen auf Wunsch automatisch Sitzposition, Spiegel, Musik und die bevorzugte Klimatisierung ein. Trotzdem: Die Chance auf ein gewärmtes Gesäß würde man sich serienmäßig auch für die Basisversion wünschen.

Viel Aufwand für Dämmung

Abgestimmt ist der Wagen durchaus komfortabel, aber dennoch nicht sänftig. Foto: Renault

Rund um den Kommandostand geht Design leider auch mal vor Funktion. Eine Mittelkonsole in Kellerwandstärke sieht zwar imposant aus, blockiert aber den Ellbogen beim schnellen Lenkeinschlag. Und eine traditionelle Zeiger-Variante für Tempo und Drehzahl hätten die Renault-Ingenieure durchaus ins digitale Cockpit programmieren dürfen. Dafür lässt der Austral dank reichlich Dämmung bis in die Scheiben selbst bei höherem Tempo erfreulich wenig von sich hören.

Auch in zweiter Reihe hat’s mit 2,67 Metern Radstand reichlich Platz vor 430 Litern Kofferraum. Wer die Beinfreiheit hinten nicht braucht, kann die Lehne 16 Zentimeter nach vorne verschieben und das Gepäckabteil auf 527 Liter vergrößern – mit geklapptem Gestühl fasst der Austral sogar 1,73 Kubikmeter. Der 400-Volt-Akku bunkert zwar nur 1,7 kWh, ein bisschen Volumen beansprucht er aber eben doch, weshalb die Mild-Hybride auf 555 und 1760 Liter kommen. Wem das nicht reicht: Beim Vollhybriden dürfen 1,5 Tonnen achtern an den Haken, beim Mildhybriden sogar 1,8 Tonnen.

Wendekreis auf Clio-Niveau

Dass der Austral zügig vorankommt und aus dem Stand in 8,4 Sekunden die dritte Stelle der Tachoanzeige erleuchtet, liegt eher nicht an der Neuprogrammierung der Getriebesoftware, sondern am vergleichsweise moderaten Gewicht von rund 1,6 Tonnen. Allerdings ist nicht allzu flotte Fahrt Kernkompetenz eines Vollhybriden, sondern eher Stadtverkehr mit beständiger Chance zur Rekuperation. Apropos City: Gut investiert sind 1500 Euro für eine in diesem Segment kein bisschen selbstverständliche Allradlenkung (nicht für die Einstiegsvariante), die bei moderatem Tempo den Wendekreis auf Clio-Niveau reduziert. Dafür nimmt man sogar das etwas sehr unrund geratene Volant in Kauf.

Abgestimmt ist der Wagen durchaus komfortabel, aber dennoch nicht sänftig. Auch der Drang Richtung Tangente hält sich bei zügiger Bogenfahrt in beherrschbaren Grenzen. Insgesamt ein guter Mix für die gepflegte Tour und den kleinen Kurvenhunger zwischendurch. Ansonsten gilt wie bei jedem Auto: Wer sich zügelt, kommt am Ende weiter. Auch deshalb wird der Austral bei Tempo 180 elektronisch eingebremst. Offiziell verspricht Renault für den Vollhybriden einen Verbrauch von 4,7 Litern und bei 55 Litern Tankinhalt eine theoretische Reichweite von 1100 Kilometern. Im Stadtverkehr, heißt es, ließen sich bis zu 80 Prozent aller Wege rein elektrisch zurücklegen.

Assistenz gibt es reichlich. Je nach Ausstattung wahrt Renaults Jüngster Tempo und Abstand, beachtet Kreisverkehre, leuchtet per LED-Matrix tief in die Nacht, späht in Querverkehr und tote Winkel – und wirft im Notfall den Anker. Die Türen zu den Mild-Hybriden öffnen sich ab 34.700 Euro, für den Voll-Hybriden beginnt der Einstieg bei 39.250 Euro, bei „Austral mit allem“ bringt man ganz knapp auch eine Fünf nach vorne. Das ist nicht wenig Geld, allerdings gibt’s im Gegenzug auch jede Menge Auto.

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