Renault setzt beim Kadjar-Nachfolger Austral auf klassische Hybrid-Technik. Plug-in-Modelle und Diesel sind nicht im Angebot.
Am Ziel gibt es keinen Zweifel. Renault will das C-Segment zurückerobern. Nach Arkana und Megane E-Tech Electric schicken die Franzosen mit dem Austral einen weiteren hochbeinigen Mitstreiter ins Rennen. Der soll bei den umkämpften Kompakt-SUV den übermächtigen VW Tiguan herausfordern. Dem Vorgänger Kadjar war da eher wenig Erfolg beschieden.
Dieses Mal versucht man es in Paris mit einer anderen Strategie. Während andere Hersteller in Sachen Elektrifizierung auf Plug-in-Modelle gesetzt haben, schwört Renault nunmehr auf klassische Hybrid-Technik ohne Stecker. In den Mild-Versionen (140 und 160 PS) verhilft ein Startergenerator samt 12-Volt-Akku dem Vierzylinder-Turbo zu Schwung, auf die unter die Kolben, bei der Vollversion schließen sich ein 130 PS starker 1,2-Liter-Dreizylinder und zwei E-Motoren zu 200 PS Systemleistung zusammen. Die Kooperation soll den Verbrauch auf Diesel-Niveau senken. Selbstzünder sind beim neuen Modell nämlich nicht im Angebot.
Dennoch reckt der viereinhalb Meter lange Austral seine Rhombus-Nase stolz in die Höhe, beeindruckt mit hohen Schultern, kurzen Überhängen und bis zu 20 Zoll großen Rädern. Das Cockpit wird von zwei Bildschirmen dominiert – der flache über dem Lenkrad und das stehende Multi-Media-Display in der Mitte verschmelzen zu einem spiegelverkehrt liegenden „L“ mit – je nach Ausstattung – bis zu 774 Quadratzentimetern. Lediglich die Basisausstattung begnügt sich mit einem querformatigen 9-Zoll-Monitor. Assoziationen zum fünften Kontinent kann man sich übrigens schenken. Austral findet sich im Französischen als ehemalige Bezeichnung dessen, was „südlich“ liegt. Genügend Raum also für eigene Gedanken.
Viel Liebe zum Detail
Daran zum Beispiel, was Renault unter Anspruch versteht: nicht zuvörderst Leistung, Allradantrieb und Sportlichkeit, sondern gepflegte Fahrt mit viel Liebe zum Detail und einem Hauch französischer Finesse. Doppelt gesteppte Ziernähte, sauber verarbeitete Materialien und eine Armauflage, die an den Schubregler eines Flugzeugs erinnert. Und per Google kann man mit dem Austral sogar sprechen.
Allerdings geht rund um den Kommandostand Design leider auch mal vor Funktion. Eine Mittelkonsole in Mauerstärke sieht zwar imposant aus, blockiert aber den Ellbogen beim schnellen Lenkeinschlag. Und eine traditionelle Zeiger-Variante für Tempo und Drehzahl hätten die Renault-Ingenieure durchaus ins digitale Cockpit programmieren dürfen.
Auch in zweiter Reihe hat’s dank 2,67 Metern Radstand üppig Platz vor 430 Litern Kofferraum. Wer die Beinfreiheit hinten nicht braucht, kann die Lehne 16 Zentimeter nach vorne verschieben und das Gepäckabteil auf 550 Liter vergrößern – mit geklapptem Gestühl fasst der Austral sogar 1,45 Kubikmeter. Die Mild-Hybride kommen auf 575 und 1525 Liter. Die Batterie bunkert zwar nur 1,7 kWh, ein bisschen Volumen beansprucht sie aber eben doch.
Rekuperation in vier Stufen
Dass der Austral zügig vorankommt, liegt eher nicht am automatisierten Multi-Mode-Getriebe, sondern am vergleichsweise moderaten Gewicht von rund 1,5 Tonnen. Allerdings ist die allzu flotte Fahrt ohnehin nicht die Kernkompetenz eines Hybriden, sondern eher der Stadtverkehr. Für die Rekuperation stehen je nach persönlicher Vorliebe vier Stufen zur Verfügung. Apropos City: Gut investiert sind 1500 Euro für eine Allrad-Lenkung, die bei moderatem Tempo den Wendekreis auf Clio-Niveau reduziert. Dafür nimmt man sogar das etwas sehr unrund geratene Volant in Kauf.
Abgestimmt ist der Wagen durchaus komfortabel, aber dennoch nicht sänftig. Auch der Drang Richtung Tangente hält sich bei zügiger Bogenfahrt in stets beherrschbaren Grenzen. Insgesamt ein guter Mix für die gepflegte Tour und den kleinen Kurvenhunger zwischendurch. Ansonsten gilt wie bei jedem Auto: Wer sich zügelt, kommt am Ende weiter. Auch deshalb wird der Austral bei Tempo 174 elektronisch eingebremst
Assistenz gibt es reichlich. Je nach Ausstattung wahrt Renaults Jüngster Tempo und Abstand, beachtet Kreisverkehre, leuchtet per LED-Matrix tief in die Nacht, späht in Querverkehr und tote Winkel – und wirft im Notfall den Anker. Die Türen zu den Mild-Hybriden öffnen sich ab 29.900 Euro, für den Voll-Hybriden beginnt der Einstieg bei 40.400 Euro. Das ist nicht wenig Geld, allerdings bietet der Austral im Gegenzug auch jede Menge Auto.