Renault will mit neu interpretierten Traditionsmodellen auch bei der E-Mobilität erfolgreich sein. So kehrt der R 5 nach 28 Jahren als E-Modell auf den Markt zurück. Kann das funktionieren?
Der Renault 5 kam 1972 auf den Markt. Damals überzeugte der Kleine die Kundinnen und Kunden mit mit seinen kompakten Abmessungen und seinen guten Fahreigenschaften. Zudem bot er für ein Auto dieser Klasse erstaunlich viel Platz. Mit diesen Tugenden entwickelte sich der Renault 5 zu einem Bestseller für die Franzosen.
Nun, 28 Jahre nachdem das Modell eingestellt wurde, kehrt es zurück: Nicht mehr als Verbrenner, sondern nur noch als reines E-Auto. Als Renault 5 E-Tech Electric will der gerade einmal 3,92 Meter lange Kleinwagen an die Erfolge von damals anknüpfen. Doch kann man mit einem Modell wie dem R 5 auch bei Kundinnen und Kunden landen, die keinen Bezug zu diesem Modell haben, vom ihm im Idealfall vielleicht von ihren Eltern gehört haben? Diese Frage hat man sich auch bei Renault gestellt – und sie schnell beantwortet. Man kann, natürlich.
Design orientiert sich am Ur-R5
Deshalb belassen es die Franzosen auch nicht beim R 5, sondern reanimieren ab dem kommenden Jahr auch weitere Retro-Modelle wie den R 4 und ein Jahr später den Twingo. Renault setzt darauf, dass etwas, was damals funktioniert hat, es auch heutzutage tut. Dafür hat man dem Renault 5 E-Tech nicht nur mit einem batterie-elektrischen Antrieb ausgestattet, sondern ihm auch ein Design verpasst, was stark an das Ur-Modell angelehnt ist, aber gekonnt in unsere Zeit transferiert wurde.
So, wie der Kleine vor einem steht, macht er einen charmanten Eindruck; er kann zu einem Everybody’s Darling avancieren. Während Hersteller wie VW für ihre ID-Familie eine neue Designsprache entwickelt haben und sich damit ein Stück weit von ihrer Tradition verabschiedet haben, hat man bei Renault bei R 5, R 4 und Twingo auf große Experimente verzichtet – orientiert sich an der Vergangenheit. Zu der kehrt man übrigens auch bei VW mit Blick auf kommende E-Modelle wie den ID.2 zurück, der sich beim Design ein wenig an Polo und Golf orientiert.
Unterwegs mit Topvariante mit 150 PS
Der R 5 jedenfalls ist für die Franzosen ein enorm wichtiges Modell. Es sind Auto wie er, die bisher im B-Segment fehlen. Von ihm verspricht sich Renault-Markenchef Fabrice Cambolive eine hohe Nachfrage. Leider wird es ihn zum Start noch nicht für den in Aussicht gestellten Preis von 25.000 Euro geben. Das Basismodell mit 90 PS und kleiner Batterie soll im Frühjahr kommenden Jahres folgen.
Los gehen wird es mit der auch von uns während des Tannistests in Dänemark gefahrenen Topvariante des Renault 5 E-Tech. Sie hat eine 52 kWh starke Batterie und eine Leistung von 150 PS. Damit soll eine Reichweite von 400 Kilometern möglich sein. Für diese Variante, die wie alle Modelle über Frontantrieb verfügt, werden indes mindestens 32.900 Euro fällig. Im Wettbewerbsumfeld ist dies eine selbstbewusste Preisansage. Der ab dem Frühjahr auf den Markt kommende Skoda Elroq (170 PS/52 kWh Akku/Reichweite 370 km) kostet in der Basis 33.900 Euro – und weist damit eine Preisparität zum Karoq mit Verbrenner auf. Zudem lädt er mit 125 kW. Man wird sehen, ob die Franzosen mit ihrem Preis für den Renault 5 richtig liegen und die Kunden es sich das emotionalisierende Retro-Design etwas mehr kosten lassen.
Auffällige Lackierung im Angebot
Abseits des Preises bringt der R 5 aber alles mit, um bei den potenziellen Kundinnen und Kunden Begehrlichkeiten zu wecken. Seine Länge von gerade einmal 3,92 Meter ist ideal für die immer voller werdenden Städte (und damit die Parkplatzsuche) und mit seinen kurzen Überhängen wirkt der Kleine kompakt, sogar sportlich. Die Dimensionen werden durch die großen 18 Zoll großen Räder unterstrichen. Und wer mit ihm auffallen will, der entscheidet sich für die Lackierung im knalligen Gelb oder Grün.
So wie außen, setzt es sich auch im Innenraum mit Stilelementen aus dem Ur-R5 erinnern sollen wie am Armaturenbrett oder dem Kombiinstrument. Der Multimedia-Bildschirm setzt, wie man es bereits vom Megane E-Tech oder Scenic E-Tech kennt, auf Google. Die Navi funktioniert mit Google-Maps, die Sprachsteuerung (Hey Google) ebenfalls mit dem Android-System der US-Amerikaner.
In acht Sekunden auf Tempo 100
Doch wie schaut es abseits des Retro-Designs mit den Fahrleistungen aus? Gut, zumindest wenn man nicht allzu viel Sportlichkeit erwartet. Der 1,45 Tonnen schwere R 5 sprintet in acht Sekunden auf Tempo 100, die Spitzengeschwindigkeit endet bei 150 km/h. Das reicht ebenso, wie das maximale Drehmoment von 245 Nm. Damit lässt es sich ausreichend kraftvoll beschleunigen.
Je nach Fahrmodus spricht die Lenkung ausreichend direkt an, so zumindest im Sport-Modus. Das Fahrwerk des R 5 – der Radstand liegt bei 2,54 Meter – ist straff, aber nicht unkomfortabel abgestimmt. So unterwegs, lässt es sich recht dynamisch auch durch enge Kurven fahren. Der Wendekreis lieg bei überschaubaren 10,3 Metern, sodass man in der Stadt – hier ist der der Franzose in seinem Element – sehr wendig manövrieren kann.. Kommen wir noch kurz zum Platzangebot. Fahrer und Beifahrer brauchen sich hier nicht beklagen. Anders sieht es auf der Rückbank aus. Für zwei Erwachsene wird es hier eng – und mehr als eine Kurzstrecke mag man hier nicht zurücklegen. Der Kofferraum bietet Platz für 326 Liter.
Gute Verbrauchswerte
Und wie schaut es mit dem Verbrauch aus? Der wird je nach Ausstattung für unser Modell mit 14,9 kWh bis 15,4 kWh angegeben. Bei unserer Testfahrt in Nord-Dänemark zeigte der Bordcomputer 16,4 kWh an. Ein guter Wert. Ist die Batterie leer, lässt sie sich bei der großen Batterie mit nis zu 100 kW wieder aufladen, bei der kleineren sind es nur 80 kW. Das bedeutet, dass man an einem Schnelllader von 15-80 Prozent 30 Minuten benötigt, an der Wallbox lässt es sich mit 11 kW laden: hier braucht man beim gleichen State-of-Charge (SoC) 3:13 Std. Diese 100 kW sind nun nicht das Maß der Dinge, die 80 kW schon recht nicht, doch Renault hält das für das Einsatzgebiet des R 5 für ausreichend.
Sieht man einmal von der Ladeleistung ab, bringt der Renault 5 alles mit, was man von einem elektrischen Kleinwagen erwartet. Vor allem weckt er im Wettbewerbsumfeld mit Blick auf Modelle wie den Fiat 500 oder Opel Corsa Electric Begehrlichkeiten – und genau das ist es, was es braucht, um die E-Mobilität in die Breite zu bringen.