«R-Lebnis» von Mercedes

Mercedes setzt seine Modelloffensive fort – und kommt mit der R-Klasse. Auf die in jeder Hinsicht beeindruckende Kombiversion im Luxussegment müssen die deutschen Kunden aber noch bis Anfang nächsten Jahres warten.

Stefan Grundhoff

Mercedes hat mal wieder ein neues Fahrzeugsegment entdeckt. 26 Buchstaben hat das Alphabet und die Schwaben sind auf dem besten Weg, die Buchstabensuppe komplett auszulöffeln. Neuestes Kind ist die Mercedes R-Klasse, eine imposante Luxuslimousine der besonderen Art - als Kombi.

Kombi ein Tabu-Wort

Die Bezeichnung „Kombi“ hört man bei den Stuttgartern nicht besonders gern. Die einfallsreiche Marketingabteilung hat bereits bei der neuen B-Klasse die viel sagende Bezeichnung GST - Grand Sports Tourer ins Leben gerufen. Anfang nächsten Jahres kommt deren großer Bruder, die neue R-Klasse, zu uns. Lange Jahre hatten sich die Premiumhersteller um eine Kombiversion im Luxussegment herumgedrückt. Doch genau das sind R 500 und R 350, die ab Herbst bereits in den USA zu bekommen sein wird. In Amerika hat die R-Klasse auch ihre Wurzeln. Produziert wird sie im Werk Tuscaloosa - hier entsteht auch die erfolgreich gestartete Mercedes M-Klasse. Mit der teilt sich die R-Klasse unter anderem das Antriebskonzept. Auch der R kommt serienmäßig mit Siebengang-Automatik und Allradantrieb.

Es ist durchaus eine Überraschung, dass Mercedes als erster deutscher Hersteller einen Edelkombi im Luxussegment platziert. Auch BMW und besonders Audi haben bereits mehrere Studien gezeigt. Doch während die Konkurrenz noch vor sich hintüftelt, hat DaimlerChrysler sein neues US-Flaggschiff bereits fertig. So ganz neu ist die Idee nicht. In den USA ist seit einigen Jahren bereits der Chrysler Pacifica unterwegs. Ebenfalls ein sportlicher Crossover mit viel Platz, Leistung satt und Allradantrieb. Auftritt und Dimensionen der neuen R-Klasse sind imposant. Die US-Version verfügt über eine Gesamtlänge von 5,16 Meter. Bis zu sechs Personen haben in dem verschwenderisch großzügigen Innenraum Platz. Für den europäischen Markt gibt es Benzin- und Dieselaggregate, sowie eine verkürzte Version, die knapp fünf Meter lang ist.

Probleme mit Wertigkeit

Das Hinterteil der R-Klasse Foto: Press-Inform

Ein großer Wurf ist jedoch die Langversion, die auch in Europa gegen Aufpreis erhältlich sein wird. Fahrer und Beifahrer fühlen sich in gewohntem Mercedes-Ambiente überaus wohl. Übersichtliche Instrumente, tadellose Sitze und ein mächtiger Mitteltunnel mit zahlreichen Ablagen und den in de USA so wichtigen Becher- und Flaschenhaltern. Sogar an einen Flaschenöffner wurde gedacht. Allein die Wertigkeit der Oberflächen am Armaturenbrett kann nicht überzeugen. Passt zu einer A- oder B-Klasse; aber in einem „R“, der in Deutschland bei rund 50.000 Euro beginnen dürfte, wünscht sich der geneigte Oberklassenkunde mehr.

Immerhin tröstet die gute Verarbeitung. Die beste Figur macht jedoch die zweite Reihe. Gemütliche Sessel lassen sich vielfältig verstellen und die Fahrt zum abendlichen Restaurantbesuch dürfte gerne ein bisschen länger werden. Schließlich gibt es für den Fond optional eine getrennte Klimaregelung, Sitzheizung und DVD-Bildschirme in den Kopfstützen.

Sechs Sitze

Der Innnenraum der Mercedes R-Klasse. Foto: Press-Inform

In Europa wenig bedeutend, in Nordamerika jedoch wichtiger denn je sind die sechs Sitze. Im Normalbetrieb ist die Mercedes R-Klasse mit einer üppig dimensionierten 2+2-Bestuhlung unterwegs. Mit wenigen Handgriffen klappen sich aus dem Kofferraum zwei weitere Sitzmöglichkeiten aus. Dann reduziert sich der mächtige Kofferraum auf 314 Liter. Sonst sind es zwischen 600 und 2385 Liter Ladevolumen. Die Sitze in der dritten Reihe sind ebenfalls sehr bequem. Personen über 1,80 Meter freuen sich zwar über die großzügige Beinfreiheit, zerstören jedoch die Hochfrisur. Die leicht abfallende Dachlinie des R geht am Innenraum nicht spurlos vorbei. Der Einstieg in den mächtigsten Mercedes-Benz-Fond geschieht über mächtige Türen, bei denen wir eine Zuziehhilfe vermissen. Der Radstand: mit 3,21 Meter ebenfalls gigantisch.

In Sachen Komfort und Sicherheit wurde beim R 500 an nahezu alles gedacht. Ablagen, Armlehnen oder das 1,2 Quadratmeter große Panoramadach lassen einen zauberhaft reisen. Der Fahrer merkt spätestens nach der zweiten engen Kurve, wie mächtig das Vehikel ist. Hier ist gutes Augenmaß und Vertrauen auf die eigenen Fahrkünste gefragt. Der Wendekreis liegt im besten Fall bei 12,4 Meter. Angesichts von Image und Nachfrage in den USA hat sich Mercedes entschlossen, die R-Reihe nur mit Allradantrieb zu verkaufen.

Kein Offroad-Feeling

Keine Spur von Offroad-Feeling; aber bei 2,3 Tonnen Leergewicht und kräftigen Motoren ein sinnvoller Schritt. Der Allradantrieb macht sich nicht nur bei schlechtem Wetter positiv bemerkbar. Im Grenzbereich zeigt sich der mächtige Mercedes lammfromm und selbst die komfortbetonte USA-Version kann so etwas wie Fahrspaß vermitteln. Der Dämpferkomfort ist durch die Luftfederung vorbildlich. Die Lenkung könnte direkter sein. Doch warten wir auf die deutschen Modelle. Für den Antrieb sind in den USA der betagte 500er-Motor und der neue 350er-Benziner geplant. In Europa werden die Volumina durch den Dreiliter-Diesel (225 PS) und später den neuen R 420 CDI (ca. 315 PS) gemacht. Wer sich für einen Benziner entscheidet, kommt um den 500er zunächst nicht herum. Mit seinen acht Zylindern, 306 PS und 460 Nm tut er sich mit der mächtigen R-Masse deutlich leichter als der 350er; ist mit 13,3 Litern Durchschnittsverbrauch auf 100 km jedoch durstig. Der geplante Hybridantrieb lässt noch eine Weile auf sich warten. Mit ihm ist frühestens im Jahre 2007 zu rechnen.

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