Das neue Flaggschiff CX-80 kommt als Doppelherz-Version und als 3,3-Liter-Diesel. Damit fährt Mazda mal wieder gegen den Trend.
Im Grunde war es schon vorher klar: Mazda würde es auch dieses Mal wieder ein klein wenig anders machen. Sonderwege mit technischer Finesse kennzeichnen seit je die Philosophie der Marke. Das ist beim neuen CX-80 nicht anders. Der fünf Meter lange Dreireiher ist das zweite Modell auf der großen Mazda-Plattform und aktuell das größte und geräumigste Fahrzeug in der europäischen Produktpalette. Im Vergleich zum Mazda CX-60 ist das neue SUV-Modell 25 Zentimeter länger, bietet mit 3,12 Metern auch 25 Zentimeter mehr Radstand – und eben bis zu sieben Sitzplätze.
Mit ungewöhnlich langer Haube, kräftigem Heck und bis zu 20 Zoll großen Rädern hebt sich das neue Flaggschiff wohltuend vom optischen Einerlei der üblichen Wuchtbrummer ab. Während bei anderen das Licht hektisch tobt zwischen Kniffen und Kanten, Falzen und Furchen, spielen beim CX-80 Reflexionen mit sanft gewölbten Flanken. Und so kommt er eben einen Schimmer eleganter daher als viele seiner Konkurrenten. „Anmutige Robustheit“ nennen sie das bei Mazda.
Sechszylinder-Diesel mit 48-Volt-Unterstützung
In Sachen Vortrieb kultivieren sie in Fuchu einmal mehr ihre Eigenwilligkeit. Da hadert die halbe Auto-Welt mit dem Öl-Einspritzer, streitet um seine Abgase und wie man sie am besten entgiftet – doch bei Mazda hat der Diesel nicht bloß ein Nischenplätzchen. Im Gegenteil: Während die Konkurrenz in Scharen zum E-Antrieb überläuft, ertüftelt Mazda extra einen nagelneuen, mit 48 Volt unterstützten Reihen-Sechszylinder. Längs eingebaut und mit einem antiquiert anmutenden Hubraum von 3,3 Litern. Das klingt erst einmal so gar nicht nach Aufbruch.
Soll es aber sein: Bei Mazda glauben sie nämlich ganz fest daran, dass im guten alten Verbrenner noch gewaltiges Potenzial steckt. Auch abseits von Downsizing und immer größeren Ladern. Und Akku hin, Wasserstoff her – es wird dauern, bis wir alle mal mit Strom unterwegs sind. Wenn überhaupt. Und mindestens bis dahin wird es wohl noch Verbrenner geben. Mitglied in der E-Fuel-Alliance ist man schließlich nicht ohne Grund. Für diese Philosophie haben sie bei Mazda den Begriff „Multi Solution“ erdacht. Soll heißen: Gerüstet für alle Fälle.
Extrem niedrige Verdichtung
Spannend für Freunde innerer Werte: Kaskaden im Kolbenboden teilen den Düsenstrahl, so dass sich die fünf Einspritzungen pro Takt nicht mehr überlagern. Zudem verdichtet das neue Triebwerk mit phänomenal niedrigen 15,2:1 und damit nahe an der Grenze, wo der in die heiße Luft injizierte Diesel überhaupt noch aufflammt. Dafür verbrennt er kühler und setzt spürbar weniger Stickoxide frei. SCR-Kat dahinter – fertig ist nach Herstellerangaben „eines der saubersten Dieseltriebwerke der Welt“. Mit mehr als 40 Prozent Wirkungsgrad – und kaum schwerer als der viertöpfige Vorgänger.
Okay, beim Kaltstart lässt sich nicht ganz verbergen, dass hier ein kerzenloser Verbrenner am Werk ist, sonst aber haben die Ingenieure viel getan, um Nageln und andere Störgeräusche zu minimieren. Nur unter Volllast lässt der Selbstzünder – trotz 17 Strom-PS aus dem 0,33-kWh-Akku – ordentlich von sich hören. Ansonsten jedoch leistet das 254 PS starke Triebwerk souverän Vorschub. Bei Bedarf geht’s in 8,4 Sekunden zur dreistelligen Tachoanzeige und weiter bis 219. Durchaus überraschend: Auf durchaus zügiger Testfahrt in bayerischen Gefilden genehmigte sich das Triebwerk mit gerade mal 6,3 Litern nur eine halbe Maß über dem offiziellen Wert.
Acht-Stufen-Automatik und Allradantrieb
Alternativ lässt sich der CX-80 von einem Plug-in-Hybriden treiben. Ein 2,5-Liter-Vierzylinder (192 PS) kooperiert mit einem 129 kW (175 PS) starken E-Motor für geballte Kraft von 327 PS und 500 Nm. Damit ist der CX-80 zusammen mit der identisch motorisierten Top-Version des CX-60 das stärkste Mazda-Serienmodell. Den Sprint auf Tempo 100 erledigt das Doppelherz in 6,8 Sekunden, bei Tempo 195 wird abgeregelt. Rein elektrisch sind nicht gerade üppige 61 Kilometer und maximal 140 Sachen möglich. Ist der Saft alle, bringen anderthalb Stunden an der Wallbox wieder 80 Prozent Ladung in den 17,8-kWh-Akku im Unterboden.
Beide Motorisierungen sind ab Werk an eine Acht-Stufen-Automatik gekoppelt, die allerdings nicht mit einem Wandler arbeitet, sondern per Mehrscheiben-Kupplung. Ebenfalls serienmäßig ist ein eher hecklastiger Allradantrieb, der je nach Situation und Fahrprogramm Kraft an die Vorderräder reicht. Dass die Kraft der zwei Achsen nicht bloß der Stabilität dient, zeigt ein spezielles Offroad-Programm.
Fast zwei Kubikmeter Ladevolumen
Raum hat’s vorne wie in zweiter Reihe reichlich, ganz hinten allerdings sind unter 1,70 Meter Lange klar im Vorteil. Und zwar sowohl beim Einstieg wie während der Fahrt. Ein Platz auf dem Heckgestühl ist immer noch besser als laufen – sehr viel mehr aber auch nicht. Immerhin: Überall finden sich USB-C-Anschlüsse. Wer lieber Lasten transportiert als Leute. Hinter voller Bestuhlung warten 258 Liter Laderaum, bei umgeklappter dritter Reihe sind es 687 Liter, und maximal packt der CX-80 fast zwei Kubikmeter weg. Wem selbst dieser Platz nicht reicht: Achtern dürfen 2,5 Tonnen an den Haken.
Freunde gepflegter Bogenfahrt waren bei Mazda dank straffer Dämpfung und exakter Lenkung seit jeher gut aufgehoben. Gezielte Bremseingriffe am kurveninneren Hinterrad erlauben trotz 2,2 Tonnen Leergewicht und mehr leicht untersteuernde Flottfahrt bis weit in den Grenzbereich. Echte Kurvenhatz ist allerdings nicht die Kernkompetenz des CX-80 – auch weil sich das Fahrwerk im Vergleich zum CX-60 deutlich komfortabler gibt. Das Gefühl der Sänfte indes haben die Ingenieure zum Glück vermieden. Nimmt man noch die schön geformten Sitze dazu, stellt sich tatsächlich ein, was sie bei Mazda „Jinba Ittai“ nennen – das Gefühl der Einheit von Ross und Reiter.
Fernöstliche Handwerkskunst
Sanftes Gleiten passt am besten zum geräuschgedämmten Innenraum und auch zum Charakter der Automatik, die im Sport-Modus gelegentlich etwas nervös sortiert. Derart entspannt und behütet von einer Armada an elektronischen Fahrhilfen kann der Blick schweifen über die feinen Materialien im Innenraum und die hochwertige Verarbeitung, mit denen Mazda ganz offensiv in den Premium-Bereich drängt. Gerade auf fernöstliche Handwerkskunst legen sie in Japan schließlich besonderen Wert.
So wartet etwa die Topausstattung „Takumi“ stets mit weißem Nappaleder und Ahornholz auf, Anhänger schwarzer Bespannung hingegen sollten zum eher sportlichen Modell „Homura“ greifen. Besonders erfreulich: Mazda stemmt sich auch im CX-80 gegen den ausufernden Touch-Trend und setzt auf klassische Tasten, Knöpfe und Drehregler. Im Zweifel hilft Alexa.
Preise starten bei 55.350 Euro
Hübsches Gimmick: Das optionale „Driver Personalisation System“ speichert per Gesichtserkennung automatisch die optimale Position für bis zu sechs Fahrer. Die anhand der Körpergröße empfohlene Sitzeinstellung erweist sich jedenfalls nahe am Optimum. Etwas Gewöhnung erfordert das extrem flach über der Mittelkonsole thronende 12,3-Zoll-Display, das der Navi-Anzeige in Fahrtrichtung wenig Raum lässt.
Die wuchtigen Türen zum CX-80 PHEV öffnen sich ab 55.350 Euro, für den Diesel werden ab 59.050 Euro fällig. In der Top-Ausstattung kommt man der Sieben an erster Stelle dann schon gefährlich nahe. Das ist viel Geld, allerdings auch jede Menge Auto – und die etablierte Konkurrenz ruft für Vergleichbares deutlich mehr auf.